Macabros 012: Molochs Totenkarussell
Menschen hier vor, die auf dieses Karussell
geflochten wurden?
Pawlowitcz und die sieben teuflischen Richter, die ihn beim
erstenmal verurteilten, hatten ihm zu erkennen gegeben, daß das
Totenkarussell schlimmer sei als der Tod.
Es gab einen Ruck.
Das Karussell setzte sich in Bewegung.
Es ging ganz langsam.
Hunter atmete schnell und flüchtig. Er spannte seine Muskeln
an, stemmte sich gegen die Gurte und hoffte, sich dadurch Luft zu
verschaffen.
Er dachte an Flucht und wußte nicht, wie er das
bewerkstelligen wollte.
Aber er hatte noch nie in seinem Leben vorzeitig aufgegeben, nie
vorzeitig die Flinte ins Korn geworfen.
Doch dies war anders als im gewöhnlichen Leben. Hier war er
anderen Gesetzen unterworfen.
Der Flügel über ihm senkte sich jetzt in die Tiefe und
der makabre Windmühlenflügel, an dem Hunter hing, glitt
gemächlich in die senkrechte Stellung. Eine halbe Runde hatte er
hinter sich. Auf dem Gesicht der nackten Frau gegenüber
spiegelten sich plötzlich Entsetzen und Wahnsinn in einem
Maß, wie Hunter das noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
Das Gesicht begann zu zucken, die Augen rollten wild. Furchtbare
Schreie brachen aus.
»Nein… schon wieder… nicht diese Bilder…
nein!«
Sie riß an ihren Fesseln. Die Muskeln an ihren Schenkeln
spannten sich und erschlafften wieder.
Sie wimmerte, warf den Kopf hin und her und ihre ausgebleichten
Haare flogen um ihr Gesicht.
Unaufhaltsam und unbarmherzig glitt der makabre
Windmühlenflügel nach unten und tauchte in die
rötlich-grüne Nebelschleier ein.
Hunter sah immer nur die Frau vor sich.
Was sah sie jetzt? Was erlebte sie jetzt? Was war daran so
furchtbar?
Unbekannte Angst bemächtigte sich seiner, als der
Knochenflügel, an dem er klebte, in den unteren Bezirk
glitt.
Nebel hüllten ihn ein, und im gleichen Augenblick
überfielen ihn schreckliche Visionen. Er begriff die Ängste
und die Panik der anderen, die sich vor jeder neuen Umdrehung der
Knochenflügel fürchteten.
Phil Hunter vergaß, daß er auf das Totenkarussell
gebunden worden war.
Er fühlte und befand sich wieder an einem anderen Ort und in
einer Zeit, die er am liebsten für alle Ewigkeit aus seinem
Gedächtnis gestrichen hätte. Mit jeder Faser seines Herzens
erlebte er erneut die schrecklichste Episode seines Lebens.
*
Eine Wohnung.
Dunkel. Alle Vorhänge waren geschlossen.
Es war die Wohnung von Serge Pawlowitcz. Und er, Phil Hunter, mit
höchst gefährlichem Auftrag, erwartete den Agenten.
Hunter war unbemerkt eingedrungen. Niemand wußte etwas
davon.
Pawlowitcz hatte mit einer feindlichen Macht zusammengearbeitet.
Hunter hatte im Alleingang Pawlowitcz entlarvt und mußte nun im
Alleingang die Sache zu Ende bringen.
Draußen im Flur vernahm er Geräusche.
Dann kam Pawlowitcz. Er lachte und scherzte. Er war nicht
allein.
Jemand war mitgekommen. Das konnte Hunters Pläne über
den Haufen werfen.
Die Sicherheitskette wurde von innen vorgelegt. Serge Pawlowitcz
war ein vorsichtiger Mensch.
Pawlowitcz kam in das luxuriös ausgestattete Zimmer.
Wie eine Silhouette hob sich sein Körper und der seiner
Begleiterin gegen den hellen Hintergrund des Flurs ab.
Hunter hob die präparierte Waffe.
Es mußte kurz und schmerzlos gehen.
Hunter drückte ab. Der Spezialschalldämpfer ließ
nicht einmal ein leises »Plopp« zu.
Als die Kugel durch den Lauf jagte, hörte es sich an, als ob
jemand leise ausatme.
Ein zweiter Schuß, noch ehe der Getroffene zu Boden
stürzte.
Phil Hunter sah die großen, ungläubig aufgerissenen
Augen der jungen Frau im Abendkleid vor sich.
Er mußte auch sie töten, um den ersten Mord
abzusichern. Er durfte kein Risiko eingehen.
Dieser Mord diente dem Staat, den er schützen
mußte.
Das Risiko war gegeben, wenn es einen Zeugen gab.
Das große, schöne Gesicht kam ganz dicht auf ihn zu wie
damals, als er die Begleiterin Pawlowitcz zusammenbrechen sah. Bis
zuletzt waren ihre großen Augen auf ihn gerichtet.
Eiskalt, wie man es von ihm erwartete, erledigte er sein
Vorhaben.
Er schleifte einen Körper nach dem anderen in das Badezimmer.
Als er den leichten Körper der Toten fühlte, mußte er
schlucken.
Jetzt war keine Zeit für Gewissensbisse. Die Zeit
drängte. Er mußte innerhalb einer Viertelstunde die Sache
unter Dach und Fach haben.
Er warf die beiden Leichen in die Badewanne und
überschüttete sie mit einer Säure und schloß die
Badetür. Dann beseitigte er mit einem Sprühmittel alle
Blutspuren in der Wohnung
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