Macabros 012: Molochs Totenkarussell
stürzte in eine unwirkliche Tiefe. Aus den Nebeln und
Schatten formten sich schreckliche Gesichter und Hände, die
gierig nach ihm griffen.
Der Druck auf seinem Schädel wurde so stark, daß seine
Sinne ihren Dienst versagten.
*
Janine Thompson stand triumphierend am Rand der Schlundes, in dem
Hellmarks Körper zu einem winzigen Punkt wurde.
Ein teuflisches Lächeln spielte um ihre Lippen, die seltsam
gelöst und viel sinnlicher wirkten als je zuvor.
Die Krankenschwester wartete, bis der Schlund in das
höllische Jenseits sich geschlossen hatte.
Dann erst kleidete sie sich an.
Dazu brauchte sie kein Licht.
Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen verließ sie den
Keller.
Die Nacht war mild und sternenklar.
Dafür hatte sie keine Augen. Obwohl sie sich sehr vital und
federnd bewegte, hatte man den Eindruck, als schritte sie unter dem
Bann einer fremden Macht auf ihr Auto zu.
Ihre Augen waren auf einen fernen Punkt gerichtet.
Sie bemerkte die beiden abgestellten Fahrzeuge am Wegrand. Sie
mußten unbedingt verschwinden.
Sie fuhr eine wenig befahrene Straße und erreichte nach
einer halben Stunde ihre Wohnung.
Sie lag im obersten Stockwerk eines dreistöckigen
Mietshauses.
Alle Leute im Haus schliefen schon.
Nirgends brannte Licht.
Wie im Rausch stellte sie den Wagen in die Garage und ging dann
durch den dunklen Hausflur. Sie liebte das Dunkel, sie machte nie
Licht.
Niemand registrierte ihre späte Rückkehr.
In ihrer Wohnung hängte sie ihre Handtasche an einen
Garderobehaken und ging in das Zimmer, das der Küchentür
gegenüberlag.
Die Wohnung war klein. Das Wohnzimmer war gleichzeitig ihr
Schlafzimmer.
Ihr Einkommen erlaubte ihr keine größere Wohnung. Aber
das würde sich bald ändern.
Als junges Mädchen hatte sich sich immer gewünscht,
einmal einen reichen Mann zu heiraten. Das war ihr nicht gelungen.
Sie hatte geglaubt, sich einen durch Hexerei zu angeln. Auch das
hatte nicht geklappt. Irgend etwas mußte sie immer falsch
gemacht haben.
Doch ihren Hang zu Reichtum und zur Hexerei hatte sie nicht mehr
verlassen.
Eines Tages war sie auf Schriften gestoßen, die jemand
verloren haben mußte. Sie fand eine Tasche mit alten
Büchern und Abschriften bestimmter Seiten aus der
berüchtigten »Chronik der Totenpriester«. Hier endlich
fand sie die Hinweise, die sie immer gesucht hatte.
Nun konnte es ernst werden mit der Anbetung des Teufels und seiner
Helfer.
Der Kontakt zu einer der vielen Höllen, die existierten und
vor denen sich ein Normalsterblicher keine Vorstellung machen konnte,
ließ sie erkennen, daß sie auf dem richtigen Weg war.
Sie wurde auf eine Stelle aufmerksam gemacht, wo sie die Anbetung
besonders intensiv betreiben konnte und die nicht zu weit von ihrer
Arbeitsstelle lag. Sie suchte den Keller des alten und verlassenen
Hauses auf dem Hügel auf, und dort erfolgten die Reisen in das
Jenseits.
Sie wußte, daß in den nächsten Tagen etwas
Großes passieren würde.
Sie würde eine Erbschaft machen.
Und zwar würden ihr Haus und Vermögen der Hunters
zufallen.
Die Familie würde bald nicht mehr existieren.
Es war vorgesehen, daß Nancy Hunter den Verstand verlor. Das
war kein Problem.
Mrs. Hunter würde bei einem simplen Verkehrsunfall ums Leben
kommen. Und Phil Hunter würde in der Hölle schmoren. Einmal
noch konnte man ihn in den nächsten Tagen in der
Öffentlichkeit sehen. Er würde seinen Anwalt aufsuchen, um
ein Testament zu hinterlegen. Zugunsten von Janine Thompson. Hunter
glaubte, sich damit von den Ängsten und dem Grauen freikaufen zu
können, die ihn und seine Familie getroffen hatten.
Aber er wurde hintergangen. Mit der Ablieferung des Testaments
erfüllte sich sein Schicksal. Er wurde noch einmal in die
Hölle geholt, zum letzten Mal.
Pawlowitcz wartete auf ihn und die ewigen Foltern, die ihm durch
den Schwarzen Priester Molochos bestimmt waren.
Mit Phil Hunter hatte Pawlowitcz etwas ganz Besonderes vor.
Sie, Janine Thompson, die zu allem bereit war, spielte die
Mittlerrolle. Ihrer Vorarbeit und ihrer grenzenlosen Liebe zu allem
Bösen war der Untergang einer ganzen Familie zu verdanken. Die
Menschen aber würden davon nie etwas erfahren.
»Phil Hunter hat ihr alles vermacht, weil sie ihn gesund
gepflegt hat!« würden die Leute sagen. »Seine Familie
hat er ja verloren. Dem armen Mann hat das Schicksal böse
mitgespielt.«
Das Schicksal aber war – sie.
In dem geräumigen und gemütlichen Wohnzimmer stand eine
alte Kommode.
Darauf brannten
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