Macabros 017: Dwylup - Stadt der Monster
schluckte. Diesem besonnenen Mann konnte man nichts
vormachen.
»Was Sie verschweigen, kommt dem anderen, dem Mörder,
zugute. Ich habe guten Grund zu der Annahme, daß Enio Merkel
sich mit gefährlichen magischen Experimenten befaßte. Der
Spiegel, den man gefunden hat, besitzt dabei eine besondere
Bedeutung.«
»Es stimmt alles«, sagte sie plötzlich,
»alles, was Sie sagen, Herr Hellmark.«
Sie erzählte von dem Buch, das Andreas Hoffner gefunden
hatte, von den Umständen, die dazu führten, daß er
sich vor der Polizei verbergen mußte. »Ich wollte nicht
darüber sprechen. Aus Angst, unseren guten Ruf aufs Spiel zu
setzen.«
»Es geht um Mord, Frau Hoffner! Vielleicht um
mehr…«
»Ich weiß.«
Sie seufzte und stand am Fenster, das weit geöffnet war.
Draußen wurde es dämmrig. Vom Fenster aus konnte man auf
den Parkplatz vor dem Haus hinuntersehen. Lucy Hoffner drehte
Hellmark den Rücken zu und blickte gedankenverloren nach unten,
während sie leise die Fragen beantwortete, die Hellmark an sie
richtete und die ihm wichtig erschienen.
Unten fuhr ein Fiat vor. Ein Sportwagen. Das Verdeck war
zurückgeklappt. Ein Mann saß hinter dem Steuer. Er hatte
dunkles, volles Haar, ein kantiges Gesicht, eine kräftige Nase
und buschige Augenbrauen.
Luigi Maronne…
Lucy Hoffner nahm nur beiläufig die Gestalt wahr, die sich
langsam umdrehte und zum Fenster hoch blickte. Schwarz wie ein
Scherenschnitt zeichnete sich der Oberkörper der Frau im
erleuchteten Fensterkreuz ab.
»Hat Ihr Mann Ihnen irgend etwas über das Buch
gesagt?« tönte Hellmarks Stimme hinter ihr.
»Ja. Enio Merkel hat den ganzen Vorgang beschrieben, was er
unternommen hatte, um nach Dwylup oder so ähnlich zu
kommen…«
Die Stadt der Monster! Wieder fiel dieser Name. An einem ganz
anderen Ort. Die Dinge gehörten zusammen.
Lucy Hoffner griff sich plötzlich an die Stirn.
»Schweig!« vernahm sie die hypnotische Stimme in ihrem
Bewußtsein. »Sieh hinab aus dem Fenster!«
Sie tat es. Der Mann hinter dem Steuer veränderte sich.
Ein furchtbares Monster hockte da.
Lucy Hoffner schrie gellend auf, daß es Björn durch
Mark und Bein fuhr.
Lucy Hoffner überstand den Anblick nicht. In ihrem Innern
fing es an zu rieseln, als ob ihre Organe plötzlich
austrockneten. Ihr Gesicht wurde klein und die Haare auf ihrem Kopf
schrumpften zusammen, als würde eine Hitzewelle unvorstellbarer
Stärke über sie hinwegbrausen.
Innerhalb fünf Sekunden war alles zu Ende.
Staub rieselte aus den Ärmeln des Kleides, das Lucy Hoffner
getragen hatte, und Hellmark, der beim Aufschrei der entsetzten Frau
sofort einen schnellen Schritt vorwärts gemacht hatte, fing sie
auf – nur noch ein Skelett, das, von einem schwarzen Kleid
umhüllt, klappernd in seine Arme fiel.
*
Er hatte schon viel erlebt, aber dieser Vorgang ereignete sich so
plötzlich, so unerwartet, daß er schockiert war.
Sein Blick ging aus dem Fenster, hinunter zu dem Sportwagen, der
nur zwei Parkplätze weiter links von seinem orangefarbenen
Lamborghini entfernt stand.
Am Steuer saß kein Mensch. Das furchtbare Wesen mit dem
kahlen, verformten Schädel sah so böse, so grausam aus,
daß ein Mensch in Panik versetzt wurde, der diesen Anblick
hatte.
Schreie aus dem Gasthaus – Auf der Straße neben dem
Haus krachte es… Zwei Autos waren zusammengestoßen.
Björn überlegte nicht lange, als er sah, daß das
furchteinflößende und Tod verbreitende Ungeheuer in dem
offenen Sportwagen Gas gab und das Fahrzeug herumriß, um aus
der Parklücke zu kommen.
Hellmark sah nur einen Weg, dem Unheimlichen den Rückweg
abzuschneiden.
Er verdoppelte sich!
Sein Ebenbild stand im gleichen Moment neben dem Fiat.
Aber Hellmark hatte seinen Zweitkörper direkt in den Wagen
neben das Ungetüm setzen wollen. Das war mißlungen. Daran
erkannte er, daß die Kraft seiner Konzentration
beeinträchtigt war.
Der Doppelkörper, bestehend aus feinstofflichen Substanzen,
wirkte wie ein Hauch, als wäre er nicht imstande, sich voll zu
entfalten. Die Autos, die Sträucher und die Wand hinter Macabros
schimmerten durch seinen Körper.
Macabros warf sich einen Schritt nach vorn. Riesige, glühende
Augen starrten ihn an, als er mit schwacher Hand versuchte, die
rechte Wagentür aufzureißen.
Hellmark fühlte den Schauer der ihn erfaßte.
Der Schock war derart stark, daß er sich abwenden
mußte. Seine Nackenhaare standen zu Berge und er merkte, wie
sein Herzschlag sich beschleunigte und ihm der kalte
Weitere Kostenlose Bücher