Macabros 023: Gefangen im Totenmaar
jener Frau, die
er seit vielen Jahren kannte, die ein Teil dieses Hauses geworden war
und ohne die er sich sein Leben nicht vorstellen konnte, weder mit
Erstaunen noch mit Mißtrauen. Diese Art paßte gar nicht
zu ihr, und doch respektierte er es.
Czernin war im Bann einer anderen Macht.
Unsichtbare Kräfte, die alle Vorgänge aufmerksam
beobachtet hatten, griffen jetzt sichtbar ein.
Karla Teffler war nicht jene Karla Teffler, die hier aus und ein
ging, die hier ihre eigene kleine Wohnung hatte.
Diese Karla Teffler war in Wirklichkeit ein schreckliches,
dämonenfratziges Wesen, ein Diener des furchtbaren Molochos, der
Hellmark den Tod geschworen hatte.
Diesmal ging er anders vor, um ihm keine Chance zu lassen. Die
Klugheit und Intelligenz, der Mut und die Fähigkeit, sich sofort
jeder Situation anpassen zu können, hatten Björn Hellmark,
den Dämonenjäger, zu einem beinahe unberechenbaren Gegner
werden lassen.
Er verlangte von Molochos und seinen Schergen ein ständiges
Umdenken.
Aber trotz aller Stärke hatte Hellmark auch aus der Sicht der
höllischen Geister eine schwache Stelle. Er war neugierig und
hilfsbereit. Sobald er erkannte, daß irgend etwas in der Welt
vorging, was vom Herkömmlichen abwich, tauchte er auf. Er wollte
Unschuldige vor dem Zugriff der Unmenschlichen schützen.
Darin sah Molochos seine Chance, seinen hartnäckigen Gegner
doch noch ins Verderben zu ziehen und seine gespenstischen Helfer in
allen wichtigen Stellen einzuschleusen, damit auch die Menschheit der
Gegenwart in seinen Herrschaftsbereich geriet. Brückenköpfe
waren errichtet, sie mußten jetzt nur noch ausgebaut
werden.
Czernin zog sich warm an. Das dauerte eine Weile. Der letzte
Anfall hatte ihn doch mehr geschwächt, als er sich selbst
eingestehen wollte.
Karla Teffler wartete geduldig draußen im Flur. Zwanzig
Minuten später verließen sie das Haus und gingen hinunter
zum See. Dort lag ein kleines Ruderboot vertäut. Sie stiegen
ein.
Das alles ließ Czernin willenlos wie eine Marionette mit
sich geschehen.
Er reagierte auf jedes Wort, ohne Mißtrauen zu zeigen. Das
Gespräch zwischen Karla Teffler und ihm verlief scheinbar ganz
normal. Und doch war alles ganz anders.
Sein Wahrnehmungsvermögen war getrübt. Er wurde vom Rand
des Sees weggerudert, aber nicht durch Karla Teffler. Da war noch
jemand im Boot, ein dunkelhaariger und dunkelgekleideter Mann, der
bisher noch kein Wort gesprochen hatte. Ein Mann mit einem
Alltagsgesicht, das man einmal sah – und wieder
vergaß.
Die Ruder tauchten ins Wasser, gurgelnd hoben sie sich daraus
empor, und die Ruderblätter drückten das Wasserfahrzeug
über die spiegelglatte Oberfläche des Wörther
Sees.
Sie tauchten in der Dunkelheit unter.
Da wurde es hinter dem Schilf und dichtem Gebüsch zehn Meter
weiter links lebendig.
Eine Gestalt schob sich aus dem Versteck, stieg in ein flaches
Boot, paddelte sich sofort frei und erreichte schnell das freie
Wasser außerhalb der schützenden Grünzone.
In dem Boot saß niemand anders als Rolf Burghardt.
Von seinem Zimmer aus war er Zeuge des rätselhaften Vorgangs
geworden.
Czernin tauchte wieder im Diesseits auf – und machte mit
seiner Haushälterin und einem Fremden eine nächtliche
Bootsfahrt auf dem Wörther See. Daraus mochte klug werden, wer
wollte.
Was ging hier vor?
Er wollte es genau wissen.
Vorsichtig tauchte er die Paddel ein, starrte in die Dunkelheit
vor sich und hielt immer so viel Abstand, daß er das der
Seemitte zustrebende Ruderboot gerade noch schemenhaft wahrnehmen
konnte.
Aber dann sah er doch nichts mehr und paddelte schneller, den
vermeintlichen Rückstand aufholend.
Das Ruderboot war verschwunden! Seine Blicke gingen gehetzt hin
und her.
Aber das war unmöglich, und…
Da fuhr er zusammen.
Das Boot mit dem Fremden, mit Czernin und dessen Haushälterin
tauchte plötzlich wie ein Fels neben ihm auf.
Ehe er es verhindern konnte, stieß der Dunkelgekleidete mit
dem Ruder nach ihm. Das Ruderblatt ratschte über das leichte
Holz. Das flache Boot, das Burghardt sich – der Not gehorchend
– einfach ’ausgeliehen’ hatte, kippte.
Der Reporter verlagerte sofort das Gewicht und wollte dem Angriff
begegnen. So weit kam es nicht mehr.
Karla Teffler wurde aktiv.
Sie beugte sich nach vorn, und mit einer Kraft, die man ihr nicht
zugetraut hätte, stemmte sie sich gegen das leichte Boot.
Es kenterte.
Burghardt wurde förmlich rausgeworfen und ließ
instinktiv die Paddel los. Das kalte Wasser schlug
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