Macabros 023: Gefangen im Totenmaar
habe. Er hat etwas oder jemand
verfolgt. Wir wollen Herrn Czernin helfen. Das können wir nur,
wenn wir die volle Wahrheit wissen. Ich spreche deshalb so offen zu
Ihnen, weil ich glaube, daß Herr Czernin Sie in manches
eingeweiht hat. Sie sind seine engste Vertraute. Was ist gestern
nacht noch passiert? Bitte, haben Sie Vertrauen zu uns! Sprechen Sie
ganz offen! Ist Herr Czernin wieder zu sich gekommen, hat er den
Anfall überstanden? Was wissen Sie darüber?«
Karla Teffler schluckte. »Bitte, treten Sie doch
näher«, sagte sie leise, Hellmark und Mahay in die Wohnung
führend.
Björn kannte sich hier schon aus.
Karla Teffler berichtete: »Er muß noch mal einen Anfall
gehabt haben…«
»Er hatte einen! Herr Burghardt und ich wurden Zeuge. Er
wollte uns etwas erklären über seine Forschungen im
Raum-Zeit-Gefüge und daß ausgerechnet ihm es gelang, aus
dem Totenmaar zu entkommen, in dem so viele unschuldige Menschen ohne
Hoffnung auf Wiederkehr festgehalten werden.«
Diese Worte mußten überzeugen und zeigen, daß er
kein falsches Spiel trieb, daß er es ernst meinte. Czernin
hatte ihn eingeweiht. Ein Außenstehender konnte unmöglich
soviel wissen.
Karla Teffler atmete tief durch. »Ich kam erst heute morgen
zurück. Was in der letzten Nacht geschah, entzieht sich meiner
Kenntnis. Ich blieb bei einer Bekannten, deren Mann schwerkrank
geworden war. Er liegt im Sterben, und sie hatte Angst, die Nacht
allein im Haus zu verbringen. Zur Zeit, als Czernin seinen gedeckten
Kaffeetisch erwartete, war ich wieder hier. Sie können sich
vorstellen, wie groß mein Erstaunen war, als ich sein Bett leer
fand. Sein Pyjama und sein Morgenmantel lagen über dem Bett. Im
Kleiderschrank fehlte ein dunkler Anzug. Czernin hat das Haus
verlassen, daran gibt es keinen Zweifel, aber er hat keine Nachricht
hinterlassen, wohin er gegangen ist.«
Björn ließ sich das Schlafzimmer zeigen. Auch Pyjama
und Morgenmantel, den Czernin getragen hatte, waren während des
Zeitpunktes der atomaren Auflösung seines Körpers
verschwunden gewesen. Er faßte sie an und betrachtete sie sich,
als könne er daraus eine Botschaft entnehmen.
»Er hat das Haus verlassen. Warum?«
Karla Teffler zuckte die Achseln.
»Burghardt muß ihn gesehen haben«, fuhr Björn
unbeirrt fort. »Von seinem Zimmer aus konnte er das Haus
beobachten. Er ist ihm ins Wasser nachgegangen. So könnte es
sein.«
»Was wollte – Czernin im Wasser?« fragte die blasse
Haushälterin.
»Er spürte die Nähe einer Gefahr. Seltsamerweise
floh er nicht vor ihr, er stellte sich ihr. Es ist irgend etwas im
Wasser, das sie beide anzog.«
Er stellte seine eigenen Kombinationen wie immer an.
Die Mosaiksteinchen paßten auch irgendwie zusammen.
»Vielleicht lauert im Wasser der Wassermann«, knurrte
der Inder, als sie wieder im Freien waren und sich der kleinen
Hotelpension näherten, in der sich ihre Zimmer befanden.
»Mit einer langen Gabel und so…«
»Dir wär’ wahrscheinlich eine Nixe lieber, wie ich
dich kenne.«
Der Mann aus Bhutan grinste und fuhr sich mit einer leichten
Bewegung über seine prachtvolle Glatze. »Die Frauen fliegen
auf mich, ich weiß. Männer mit Glatzen sind up to date,
mein Lieber. In einer Wochenzeitschrift habe ich gerade kürzlich
gelesen, daß mein Typ gefragt ist. Die neue männliche
Sexbombe ist im Anmarsch.« Mahay reckte die Brust. Das wäre
gar nicht nötig gewesen bei diesem Umfang. Der Zweizentnermann
hatte seine Pfunde gut verteilt, und es gab kein Gramm Fett an diesem
durchtrainierten, muskulösen Körper.
Björn lachte leise. »Dann ist es am besten, wir bleiben
noch eine Zeitlang zusammen. Ich hatte an sich vor, dich hier in
Velden zu lassen, während ich eine kleine Bootsfahrt auf dem
Wörther See unternehmen wollte. Solange du in meiner Obhut bist,
kann nicht viel passieren. Hier aber machst du nur die Frauen
verrückt und kriegst noch Krach mit eifersüchtigen
Ehemännern. Ich weiß da etwas Besseres, wie du deine
überschüssigen Kräfte einsetzen kannst.«
»Soll ich vielleicht die Fische im See
hypnotisieren?«
»Das wäre zu einfach. Ich glaube kaum, daß es
Fische waren, die Czernin und Burghardt ins Wasser lockten.
Vorausgesetzt, daß meine Theorie überhaupt richtig ist.
Alles sind nur Vermutungen. Hier!« Mit diesen Worten
drückte er Rani Mahay die graubraune Maske in die Hand, die an
einen Damenstrumpf erinnerte. Die Dämonenmaske, mit der
Björn schon so viele Angriffe seiner unheimlichen Gegner
zurückschlagen
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