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Macabros 023: Gefangen im Totenmaar

Macabros 023: Gefangen im Totenmaar

Titel: Macabros 023: Gefangen im Totenmaar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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hinterher, der Ballon mit den bunten Verzierungen und
dem einsamen Passagier mit dem Fernrohr am Auge strebte
aufwärts, dem langsam sich schließenden violetten Spalt im
Himmel entgegen.
    Das kleine Segelboot mit dem rotweiß gestreiften Segel, der
Sportwagen mit dem Liebespaar, das Motorboot, mit dem Björn
Hellmark und Rani Mahay in die Zeitfalle gelockt worden waren –
das alles verschwand. Die Gegenstände und Menschen wurden zu
winzigen Punkten, die von dem gleißenden Licht aufgenommen
wurden.
    Nur zwei Menschen blieben zurück.
    Björn Hellmark und Rani Mahay. Der Deutsche und der Mann mit
der Totenkopfmaske wurden wie von einer unsichtbaren Hand in genau
entgegengesetzter Richtung davon geschleudert.
    Sie landeten im orangefarbenen Sand vor dem Aschehäuflein,
das von Yron, dem Schwarzen Priester, der zu hoch gereizt und
verloren hatte, übriggeblieben war.
    Die an ein UFO erinnernde leuchtende Kugel landete genau an der
Stelle, wo sich bis vor wenigen Sekunden noch das Netz befand, das
nun verschwunden war, als hätte es nie dort gehangen.
     
    *
     
    In einem anderen Raum, in einer anderen Zeit waren sie gefangen
gewesen. Dort hatte die Zeit – durch die Manipulation finsterer
Dämonen – einen Stillstand erfahren.
    Im Diesseits der 3. Dimension aber war sie fortgeschritten. Der
Ablauf der Zeit war dort endgültig.
    Für den Ballonfahrer, der 1893 aufgestiegen war, waren rund
achtzig Jahre vergangen. Sein Luftfahrzeug schwebte über den
Bergen, über den Cervennen, von wo aus er in die Falle der
Dämonen geraten war.
    Der Mann zerfiel unter der Einwirkung des Sauerstoffs, sein
Fahrzeug schrumpfte zusammen, löste sich in seine Einzelteile
auf, und vermoderte Fetzen von Holz und der Hülle landeten
irgendwo zwischen den Bergen. Die bunten Farben der Fähnchen und
Verzierungen verblaßten und käme ein Wanderer später
in diese abgelegene Gegend, er hätte nichts mehr mit den Resten,
die in allen Himmelsrichtungen davon segelten, anzufangen
gewußt.
    Ähnlich erging es den Wikingern mit ihrem Schiff.
    In ihrer Bucht vor der Küste Islands forderte die Zeit ihren
Tribut.
    Für Bruchteile von Sekunden noch glitt das Schiff über
das Wasser, wie eine Erscheinung aus einer anderen Zeit. Mehrere
Spaziergänger darunter, eine ganze Schulklasse, konnten
später bezeugen, dieses Wikingerschiff, das sich in
Sekundenschnelle auflöste und zu Staub wurde, gesehen zu haben.
Untersuchende Stellen sprachen später von einer
Massenhalluzination.
    Die »Tina Mualono« setzte ihre Fahrt genau an der Stelle
fort, an der sie seinerzeit geschwommen war.
    Die Menschen starben fast alle. Sie erwachten aus ihrer Erstarrung
– und dann kam schon der Tod. Aber nicht für alle. Einige,
für die das Schicksal ein längeres Leben vorgesehen hatte,
blieben verschont. Sie wurden alt, irrten durch das große
Schiff, das Steuerlos war und keinen Kapitän mehr hatte, und
hielten alles für einen bösen Traum. Die »Tina
Mualono« kam ebenfalls nicht ungeschoren davon. Der Zahn der
Zeit hatte auch an ihr genagt. Sechsunddreißig Jahre waren
für dieses Schiff vergangen, und riesige Rostflecken zeigten
sich auf dem Metalleib. Die Farben verblaßten, die Buchstaben,
die den Namen formten, waren kaum noch wahrnehmbar. Die Deckaufbauten
waren von Plankton überzogen und stanken nach Fisch und Meer.
Die Energievorräte waren verbraucht. Steuerlos trieb das Schiff
dahin, eine Handvoll verzweifelter Menschen an Bord, Männer und
Frauen, die in großer Abendgarderobe am Empfang des
Kapitäns teilgenommen hatten und nun herumliefen wie die
Bettler. Der Stoff war brüchig, in Fetzen hingen die Kleider an
den runzligen Leibern der schmuckbeladenen Damen, die Smokings der
greisenhaften Herren sahen erbärmlich aus.
    Das Schicksal wollte es, daß ein Öltanker nur wenige
hundert Meter von der »Tina Mualono« auftauchte und das wie
durch Zauberei zurückgekehrte Schiff sich sofort auf dem
Radarschirm zeigte. Dann war es auch schon in Sichtweite. Man
beobachtete es durch Fernrohre. An Bord des Öltankers sprach man
von einem alten, rostigen Blechkasten und wunderte sich, daß
der sich überhaupt noch über Wasser hielt. Über Funk
versuchte man Kontakt zu erhalten… keine Antwort!
    Der Kapitän des Tankers entschloß sich, näher
ranzugehen. Aus den verblaßten Schriftzeichen konnte man
mühselig den Namen des Schiffes entziffern.
    »Tina Mualono?« Der Steuermann war ein alter Seebär
mit Vollbart und klugen Augen, die die ganze Welt gesehen

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