Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon
Etage auf. Dort stieg entweder jemand
ein oder verließ den Lift.
Der aus dem zehnten Stockwerk kam nach unten.
Die Leuchtknöpfe zu den einzelnen Stockwerken flackerten nur
flüchtig auf und erloschen sofort wieder.
Der Lift kam in der Etage an. Die Tür wurde von innen
geöffnet. Zwei Männer traten heraus. Ein sportlicher junger
Typ um die dreißig, blond und rauchgraue Augen. Er bewegte sich
federnd, war salopp gekleidet und hielt in der Rechten einen
schwarzen, flachen Lederkoffer.
Der Mann, der ihn begleitete, überragte ihn um zwei
Köpfe, war breit wie ein Kleiderschrank und fiel durch seinen
borstigen Haarschnitt und seinen wilden, roten Bart auf.
Die beiden Männer grüßten, der mit dem roten Bart
hielt Reedstone die Tür auf.
»Danke«, murmelte Fred Reedstone.
»Nicht der Rede wert, Towarischtsch«, sagte der Mann mit
dem roten Bart.
Die Tür schloß sich.
Durch den schmalen Glasstreifen sah Reedstone noch, daß die
beiden Männer mit den schwarzen Koffern es eilig hatten.
Draußen vor dem Hauseingang rollte gerade ein Taxi vor. Die
beiden aus dem Lift eilten darauf zu. Es sah ganz so aus, als ob sie
schnell einen Vorortzug erreichen wollten oder noch zum Flugplatz
mußten.
Der Lift zog an und trug ihn nach oben. In der elften Etage stieg
Reedstone aus.
Ein langer Korridor. Geruch von Parfüm und Speiseresten. Eine
eigenartige Duftmischung.
Er ging den Weg zu Apartment 110 wie in Trance, blieb vor der
Tür stehen und nagte an seiner Unterlippe, als überlege er,
ob er wirklich den Besuch machen sollte oder nicht.
Ein Geräusch erfolgte hinter der Tür. Am Spion huschte
ein Schatten vorüber, dann wurde von innen der Schlüssel
umgedreht.
Cindy Pearson öffnete. Sie trug einen cremefarbenen
Morgenmantel aus Velours, der bis zu den Knöcheln reichte, aber
bis zu den Schenkeln geschlitzt war.
Darunter hatte Cindy nackte Beine.
Ein gewagter Ausschnitt zeigte den Ansatz kleiner fester
Brüste. Das goldschimmernde Harr lang, schwarz die Augenbrauen,
glänzend die Augen. Ein sinnlicher Zug lag auf Cindys
Gesicht.
Mit einem Blick erfaßte Fred Reedstone die Situation.
Am Garderobehaken hing eine dunkelgrüne Samtjacke. Das
Jackett eines Mannes! Der Geruch von Tabak lag in der Luft, als
hätte jemand kurz zuvor eine Pfeife geraucht.
»Du bist nicht allein, Cindy, nicht wahr?«
»Im Moment nicht, nein.«
Die Tür zum Wohnzimmer stand weit offen. Die Tür zur
Küche war angelehnt, ebenso die zum Schlafzimmer. Von dort
vernahm Fred Reedstone ein leises Rascheln, als ob jemand sich im
Bett bewege.
Cindy griff nach seiner Hand. »Kann ich dir einen Drink
anbieten? Etwas zum Essen, Fred?«
»Nein, danke.«
»Komm ins Wohnzimmer, ich werde dir…«
»Es tut mir leid, daß ich dich gestört habe,
Cindy. Das wollte ich nicht.«
Sie winkte ab. »Nicht der Rede wert, Fred. Vielleicht ist es
ganz gut so. Es wäre doch nicht viel daraus geworden. Ken ist
hier. Du kennst ihn auch.«
»Der bei den Panthers spielt?«
»Genau der. Ein hervorragender Footballspieler, sieht
blendend aus, und es scheint, als ob er Karriere mache. Ein
schöner Mann, der mal viel Geld haben wird! Aber das
Gefäß ist hohl, Fred! Er versteht eine Menge vom
Fußball, aber was ein Liebesspiel ist, das muß man ihm
erst noch beibringen.«
»Dann setz die Lektion fort, Cindy! Tu so, als wäre ich
nicht da.«
Er wandte den Kopf und blickte auf die geschlossene Tür
jenseits des Korridors. »Ist alles noch so, wie es
war?«
»Ja.«
Er nickte. Vor ihm war Elizas Zimmer. Dort hatte er manche
schöne Stunde verbracht. Merkwürdig, daß es ihn
ausgerechnet heute abend so unvermutet hierher zog.
»Darf ich hineingehen?«
Sie musterte ihn. »Wenn du möchtest.«
»Sehr gern, ja. – Wenn dein strammer Liebhaber gegangen
ist, können wir uns ein wenig unterhalten. Bist du damit
einverstanden?«
Sie nickte.
Er streichelte mit dem Handrücken seiner rechten Hand
über ihre Wange. »Danke Cindy!«
Er ging auf die Tür zu Sie war nicht verschlossen.
Cindy Pearson sah ihm nach, wie er sie nach seinem Eintritt ins
Schloß klappte und huschte dann ins Schlafzimmer.
*
Es war alles unverändert.
Die Bilder und Poster, die er ihr geschenkt hatten, hingen noch
genauso an der Wand, selbst ihre Kleider befanden sich noch im
Kleiderschrank. Neben der Fensternische stand eine Liege mit
rotgrün kariertem Bezugsstoff und Teakholzrahmen.
In der Ecke oben saß eine etwa fünfzig Zentimeter
große Stoffpuppe mit dunkelgrünem Kleid
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