Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen
freilegten, die in jedermann
schlummerten, und nur des Anstoßes bedurften, um an die
Oberfläche des Bewußtseins zu dringen.
Die Philosophiererei über das Unwahrscheinliche und
Unfaßbare, über das Verborgene und Magische in der Seele
des Menschen, wäre noch lange weitergegangen, hätte nicht
ein Vorkommnis ihre Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.
In der Region der »Großen Dünen« unmittelbar
vor Maruburs Reich, stießen sie auf eine Gruppe von drei
Menschen. Zwei Frauen und ein Mann. Es handelte sich um
Flüchtlinge, die sich von einer versprengten Gruppe abgesetzt
hatten, und die ebenfalls jene Bucht erreichten sollten, in der den
Gerüchten nach Schiffe und Boote bereitstünden, um die
Ausreisewilligen von der gefährdeten Insel zu bringen.
Der Mann hieß Larkon, die beiden Frauen Yamissa und Laerte.
Sie waren schön und jung; ihre Haut glich aufgehellter
Sahneschokolade und schimmerte durch die Gewänder, die mit
großen goldenen und mit Edelsteinen besetzten Spangen gehalten
wurden.
Die Dreiergruppe schloß sich dem Reiter und der Tochter des
Magiers an, und sie erreichten bei Einbruch der Dunkelheit die
Großen Dünen. Am Fuß einer Düne schlugen sie
ihr Lager auf, und Velena warnte sie alle davor, die Dünen zu
erklimmen, oder die breiten Wege zwischen ihnen zu benutzen, die wie
scharfe schluchtenartige Einschnitte wirkten. Von diesen Punkten aus
war die andere Seite der Wüste zu überblicken, und damit
würde man unweigerlich auch die Umrisse der Gärten und
Mauern sehen, was zu diesem Zeitpunkt einem Selbstmord gleichkam.
Denn sobald die letzten Sonnenstrahlen versiegten, ertönte die
rätselhafte Pfeife, die den Geist verwirrte, und die Menschen zu
hilflosen Marionetten machte.
Ohne daß man für einen solch Unschuldigen noch etwas
tun konnte, verschwand der in Maruburs Hallen und verlor dort
endgültig den Verstand.
Yamissa war eine Frau mit weißblondem Haar und von
betörender Schönheit. Sie lächelte Hellmark
verführerisch an. Mehr als einmal suchte sie die Gelegenheit,
ein Gespräch mit ihm zu beginnen und ihn von Velenas Seite
wegzulocken und mit Fragen zu attackieren.
Velena hielt es für angebracht, das Lager zu bewachen.
Abwechselnd sollte einer von ihnen wachen und aufmerksam die Umgebung
beobachten. Bei der geringsten Veränderung sollten die anderen
geweckt werden. Wie man dann vorgehen würde, für den Fall,
daß die gefürchteten Wüstenvampire tatsächlich
auftauchten, konnte zu diesem Zeitpunkt selbst die in vieles
eingeweihte Velena nicht entscheiden.
Das Los bestimmte den Wächter der ersten Etappe, die drei
Stunden währen sollte. Für die Nacht waren insgesamt drei
Ablösungen vorgesehen.
Das Los fiel auf die charmante Laerte. Sie war gut einen Kopf
kleiner als die hochgewachsene Yamissa, sprach mit ruhiger, dunkler
Stimme und war ernster als die weißblonde Schöne.
Nachdem die Entscheidung gefallen war, verpflegte sich die kleine
Gruppe. Niemand von ihnen besaß viel. Hellmarks
Wasservorräte wurden begeistert umjubelt. Larkon hatte einen
Sack getrockneter Früchte dabei, die etwas herb schmeckten und
schnell den Hunger stillten.
Björn hatte in seinem Proviantvorrat noch ein Bündel
eines speziellen Grases, das am Rand der Berge wuchs und von
Yümaho mit Vorliebe gefressen worden war.
»Sieht nicht mehr besonders gut aus, Yümaho. Tut mir
leid! Aber eine Frischhaltetruhe konnte ich leider nicht
mitnehmen.«
Das welke, graubraune Gras raschelte zwischen Björns Fingern.
Yümaho kaute unlustig darauf herum, aber er fraß es. Er
fraß auch einige Trockenfrüchte, und wieder hatte
Björn Hellmark Gelegenheit, die besondere Art dieses
großartigen Prachttieres zu studieren. Es war, als würde
das Pferd die Situation begreifen. Yümaho war klug.
In diesen Sekunden nahm der Deutsche, der in die Vergangenheit
eines geheimnisvollen Landes geraten war, sich vor in Zukunft noch
stärker auf Yümahos Reaktionen zu achten, und die Sprache
dieses Tieres zu erlernen.
Sie waren alle sehr müde. Die langen Schatten der Dünen
verschmolzen mit der Dunkelheit, als die Sonne im Westen die Erde zu
berühren schien.
Von diesem Augenblick an wurde es sehr schnell finster.
Der Himmel überzog sich wie mit einem grauen, dichtgewebten
Netz, hinter dem das Sternenlicht verblaßte.
Kein Lichtstrahl mehr traf auf die geknechtete Erde, die zum
Spielball der Geister und Dämonen geworden war.
Wenn man jedoch angestrengt in nördliche Richtung blickte,
konnte man ein vibrierendes
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