Macabros 032: Kreatur der Verdammnis
Die
Freßwerkzeuge der Spinne befanden sich in ständiger
Bewegung, die großen Augen glühten wie Kohlen, und ein
rasselndes Pfeifgeräusch kam aus dem Maul des unheimlichen
Wesens.
Die Jagd durch den Raum begann.
Die Spinne ließ sich nicht abwimmeln. Sie war erfüllt
von dem Trieb, zu morden, zu vernichten. Nichts Menschliches mehr gab
es an ihr und in ihr.
Romy Sorano warf Tische und Sessel um und wollte Hindernisse
schaffen, um Zeit zu gewinnen. Aber die Kreatur, in deren Adern das
Elixier der Verdammnis floß, ließ sich nicht abwimmeln.
Scheinbar schwerelos tanzte der mächtige Spinnenkörper
über Tische und Stühle hinweg. Die behaarten Beine warfen
die Hindernisse einfach zur Seite. Mit ihrer Umwandlung in dieses
unheimliche Geschöpf schien die Brasilianerin auch auf eine
rätselhafte Weise an Kraft gewonnen zu haben.
Romy Sorano lief stöhnend die Treppen ins erste Stockwerk
hinauf.
Etwas flog durch die Luft.
Ein Stuhl. Die Spinne schleuderte den Einrichtungsgegenstand nach
der Fliehenden und wollte sie zu Fall bringen. Romy erhielt einen
Stoß in die Brust, taumelte und fiel zu Boden.
Das Unwesen krabbelte schnell und wendig die Treppe empor.
Romy Soranos Atem flog.
Sie kroch auf allen vieren weiter, konnte sich aber im ersten
Moment nicht aufrichten, da ihr Rücken schmerzte.
Sie zitterte am ganzen Körper und fühlte die zunehmende
Kraftlosigkeit. Am liebsten wäre sie hier auf der Stelle liegen
geblieben. Aber sie wußte, daß das ihr Ende bedeutet
hätte. Sie mußte fliehen und sich irgendwo verstecken
– und vor allen Dingen Hilfe herbeirufen.
Romy Sorano durfte nicht in die Klauen dieser Höllenkreatur
geraten. Wenn die Spinne sie erst mal festhielt, dann gab es keine
Rettung mehr.
Die Schweizerin floh in die erste Etage und erreichte noch vor der
Spinne die Telefonbank, die in einer Nische vor einem prachtvollen
Blumenfenster stand. Romy riß den Stecker heraus und den
Apparat an sich.
Sie flog förmlich auf die Zimmertür zu, die weit offen
stand.
Da war auch schon die Spinne heran.
Die gezackten Beine stießen durch die Luft. Ehe die
Schweizerin sich versah, verhakten sich die Klauen in der
Telefonschnur und rissen daran. Der Apparat entglitt ihrem Halt. Er
schepperte und krachte, als er zu Boden fiel. Das Gehäuse sprang
auf. Spinnenglieder tauchten vor Romy Sorano auf. Sie hatte das
Gefühl, als ob eine riesige Drahtbürste über ihren
ganzen Körper gezogen würde. Wo die Klauen sie erwischten,
sprang ihre Haut auf wie unter dem Druck einer Rasierklinge.
Wie Feuer brannte der Schmerz auf ihrem Körper.
Stöhnend taumelte sie in den Raum und wußte nicht, wie
sie es noch schaffte, vor der Spinne die Tür ins Schloß zu
drücken und den Schlüssel herumzudrehen.
Es knirschte und ächzte. Das Unwesen warf sich dagegen. Romy
Sorano nahm die Geräusche wie aus weiter Ferne wahr,
während sie benommen und erschöpft zum Fenster stürzte
und es aufriß. Es schien so, als wäre seit der Begegnung
mit der Spinne eine Ewigkeit verstrichen. Dabei war eine Minute erst
vergangen.
Das Blut rauschte in den Ohren der Schweizerin.
Sie streckte den Kopf aus dem Fenster.
Das Haus lag inmitten eines Parks, wie alle Häuser hier in
unmittelbarer Nähe des Sees.
»Hilfe! Hiiiilllffffe!« Ihre gellende Stimme hallte
durch die Nacht.
Aber wer würde sie hören?!
Das Nachbarhaus lag mehr als fünfhundert Meter entfernt.
Dazwischen waren Bäume, nichts als Bäume. Hier gab es keine
Geschäftsstraße, kein Hotel, kein Kino, keine
Spaziergänger. Romy fühlte sich plötzlich entsetzlich
allein, und es wurde ihr bewußt, wie einsam sie war in einem
Moment wie diesem, wo es darauf ankam, Kontakt zu anderen Menschen zu
haben. Sie aber konnte diesen Kontakt nicht herstellen.
»Hilfe! Hillllffeee!!«
Immer wieder schrie sie es. Sie tat es schon mechanisch und merkte
es nicht mehr. Draußen knirschte und splitterte es. Die
gräßliche Spinne verschaffte sich mit Gewalt Eingang ins
Zimmer.
Romy Sorano hockte auf der Fensterbank. Der jungen Frau schlugen
vor Angst und Grauen die Zähne aufeinander. Vor ihr begann alles
zu kreisen, und flackernde Punkte und Karos tanzten vor ihren Augen.
Sie krallte ihre Finger in den Fensterrahmen.
»Hilfe! Hilfe!« Romy brüllte erneut, so laut sie
konnte. Alles kam ihr vor wie in einem Alptraum, der nicht enden
wollte.
Es splitterte an der Tür. Oberhalb des Türschlosses
zeigten sich Risse. Ein weiterer Ansturm erfolgte. Es knirschte. Das
Schloß bewegte
Weitere Kostenlose Bücher