Macabros 032: Kreatur der Verdammnis
kümmerte sich um Romy Sorano.
Sie blutete aus zahlreichen Wunden. Ihr Körper sah aus, als
hätte ein Wüstling sie mit einer Rasierklinge
bearbeitet.
Schwach atmend lag die junge Frau am Boden.
Korten untersuchte die Wunden flüchtig und stellte fest,
daß sie alle nicht tief und keine einzige davon
lebensgefährlich war. Er legte Romy Sorano auf eine Couch, zog
sein unbenutztes, hoch zusammengefaltetes Taschentuch heraus und
entfernte damit die größten Blutflecke auf der Haut der
Schauspielerin.
Die junge Frau bekam alles mit, hielt die Augen halb geschlossen
und nickte kaum merklich.
»Danke…«, preßte sie kaum hörbar hervor.
»Danke dafür…, daß Sie gekommen sind! Ich
würde sonst… nicht mehr leben… ist sie weg?«
»Ich weiß nicht, wen Sie mit ›sie‹
meinen… aber hier ist niemand mehr…«
»Eine… Spinne… eine riesengroße Spinne…
sie wollte mich… töten und…« Die Schauspielerin
schluckte und drehte ihren Kopf langsam auf die Seite. »Eine
Spinne… ja. Sie haben richtig gehört… ich phantasiere
nicht – ich weiß, was ich gesehen habe.«
Peter Korten preßte die Lippen aufeinander. Die Worte der
Frau versetzten ihm Stiche in die Seite. Hier wurde er mit etwas
konfrontiert, was er suchte! Aber die Verletzte war nicht in der
Verfassung, jetzt großartige Geschichten zu erzählen. Sie
war geschwächt und hielt sich nur noch mit
außergewöhnlicher Willenskraft aufrecht. Korten rechnete
jeden Augenblick damit, daß sie zusammenbrach und das
Bewußtsein verlor. Er konnte nur schätzen, wieviel Blut
die Frau verloren hatte. Der Fußboden des Zimmers legte Zeugnis
davon ab.
»Ein Telefon… wo finde ich ein Telefon? Ich muß
die Polizei benachrichtigen und einen Arzt für
Sie…«
»Einen Arzt, ja…«, brachte sie mühsam
über die Lippen. »Aber… keine Polizei… bitte,
nicht… das, was geschehen ist… will ich versuchen, aus
eigener Kraft zu klären… niemand würde mir glauben,
verstehen Sie?« Ihre Stimme war wie ein Hauch. »Unten in
der Halle… steht ein zweites Telefon… das hier ist wohl
hin…« Nickend deutete sie auf die Teile des Apparates, den
sie ursprünglich mit in dieses Zimmer nehmen wollte. »Wer
sind Sie?« fragte sie unvermittelt.
»Ich heiße Peter Korten…«
»Korten… Korten… irgendwie habe ich diesen Namen
schon mal gehört… auch Ihr Gesicht… es ist mir nicht
fremd… ich habe es irgendwo schon mal gesehen… aber ich
komme nicht drauf…«
»Wahrscheinlich auf dem Fernsehschirm.«
»Richtig!« nickte sie schwach. »Peter Korten…
Ihre Sendereihe… Schicksale… jetzt weiß ich es
wieder… mein Name ist Romy Sorano… ich hoffe, Sie machen
aus der ganzen Geschichte keine Sensation… das wäre
schlecht, auch für mich. Es könnte unter Umständen
heißen, die Sorano hätte den Verstand verloren. Vielleicht
nimmt sie schon lange Rauschgift… und jetzt kommt der
Zusammenbruch. So fühle ich mich zwar, aber das geht auf etwas
anderes zurück.« Sie versuchte sich aufzurichten.
»Bleiben Sie liegen!« sagte Peter Korten mit leiser
Stimme. »Ich möchte Sie gern mit etwas zudecken, leider
liegt hier nichts Geeignetes herum.« Er zuckte bedauernd die
Achseln.
Er sah, daß die Sorano irgendeine Bemerkung machen wollte,
die ihre Nacktheit betraf, aber sie war einfach zu schwach, noch
etwas zu sagen. So nickte sie nur und meinte mit unendlich leiser
Stimme: »Kommen Sie bestimmt wieder… Korten… lassen
Sie mich nicht allein!«
»Bestimmt nicht.« Er eilte nach unten und fand das
Marmortelefon mit den Messingbesätzen auf einem kleinen Tisch
neben dem Treppenaufgang.
Wie die Sorano ihn hatte wissen lassen, stand die Telefonnummer
des Arztes in einem kleinen handgearbeiteten Telefonbuch, das ihr mal
ein Verehrer zum Geschenk gemacht hatte.
Dr. Fimler war nach dem dritten Klingelzeichen am Apparat. Peter
Korten entschuldigte sich für die späte Störung,
schilderte rasch und präzise Romy Soranos Zustand, und der Arzt
versprach, sich sofort auf den Weg zu machen und auch für die
entsprechenden Blutkonserven zu sorgen. In seinen Unterlagen war die
Blutgruppe der Patientin vermerkt.
Korten lief – zwei Stufen auf einmal nehmend – nach
oben, und schon an der Tür glaubte er gegen eine unsichtbare
Wand zu rennen.
Romy Sorano lag nicht mehr auf der Couch!
Die Schauspielerin hatte sich ans Fenster geschleppt. Es war
erstaunlich, welche Kraftreserven diese Frau noch immer mobilisieren
konnte.
»Frau Sorano, Sie sollten
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