Macabros 032: Kreatur der Verdammnis
und
Beben aus der Tiefe.
Die Welle der Vernichtung hatte die Felsenhöhle erreicht.
Hellmark biß die Zähne zusammen, und sein Herz
füllte sich mit Traurigkeit.
Waren nun alles Hoffen, alle Anstrengungen, die sie auf sich
genommen hatten vergebens gewesen?
Kam nun so das Ende?
*
Nein!
In einem Augenblick der tiefsten Resignation und endloser Trauer
über das Schicksal der Freunde und sein eigenes, kam Hilfe. Von
einer Seite, woher er sie nie mehr erwartet hätte.
»Sein Name ist – Kalnak! Du mußt ihn dreimal
nennen, Kaphoon.«
Er hörte die Stimme ganz dicht neben sich, ganz deutlich und
klar.
Es war die Stimme der achtarmigen Göttin
Aii-Ko’on-Tak!
*
»Aii-Ko’on-Tak!« entrann es seinen Lippen.
Er warf den Kopf herum, meinte sie neben sich auftauchen zu sehen
wie einen Schemen. Aber er erkannte sogleich, daß dies nur
Einbildung war.
»Du kannst mich nicht sehen – du kannst mich nur
hören. Und nur du, Kaphoon, kannst es, weil unser beider Geist
in diesem Moment miteinander verknüpft ist. Kalnak kann mich
nicht hören und nicht deine Freunde, und das ist gut so. Du hast
mir mal geholfen – ich will etwas für dich tun, solange es
noch Sinn hat. Aii-Ko’on-Taks Insel wurde dank deines mutigen
Einsatzes zu einem Hort des Friedens und der Zuflucht, und die es
schafften, hierherzukommen, werden die Zeiten überdauern und ein
neues Volk gründen. Xantilons Untergang ist bestimmt im Strom
der Geschichte. Es ist aber nicht bestimmt, daß ihr jetzt schon
sterben müßt. Nenne seinen Namen, Kaphoon! Rufe ihn
dreimal an! Einen Feind, den man nicht kennt, kann man nicht
bekämpfen. Kalnak wird nicht ausgelöscht werden, wenn der
Name des Namenlosen, der er sein möchte, ertönt. Er wird
aber für kurze Zeit handlungsunfähig sein, und diese Zeit
müßt ihr nützen. Passiert die Spiegel, die das Tor
aus Xantilon sind! Lebt wohl! Ich wünsche euch Glück! Und
in deiner Welt und deiner Zeit sollen das Glück und der Mut dir
treu bleiben… Und vielleicht denkst du auch dort mal wieder an
Aii-Ko’on-Tak!«
Es war nicht die Zeit lange Fragen zu stellen. Handeln hieß
die Devise, so lange die Spiegel noch existierten und ihnen dienlich
waren.
»Kalnak!« brüllte er, so laut er konnte.
»Kalnak! Dein Name – ist Kalnak!«
Abrupt verebbte das Tosen und Brüllen. So unerwartet der
Orkan begonnen hatte, so unerwartet hörte er auf.
Die Menschen, die von dem Sog in die Höhe gerissen worden
waren, fielen nicht abrupt nach unten. Wie auf einem Luftkissen
schwebten sie herab und kamen auf dem Felsenboden an.
Die Luft flimmerte, die Risse in den Wänden verbreiterten
sich, und die heiße, trockene Luft, die sie draußen schon
gespürt hatten, wehte jetzt wie der Atem eines Monstrums in die
Höhle der Spiegel.
Benommen und verständnislos blickte Arson sich um. »Aber
wieso…«
»Nicht reden, Arson, laufen!« rief Björn Hellmark
dem Freund zu, während er sich schon aufraffte und auf den
besinnungslosen Pepe zueilte. »Der Name des Namenlosen ist
Kalnak – merke ihn dir gut, falls er dir wieder über den
Weg laufen sollte! Vielleicht treffen wir uns doch noch mal wieder,
Arson, und dann werden wir die Zeit finden, alles in Ruhe zu
erörtern. Aber das wird in einem anderen Raum und einer anderen
Zeit sein.«
Mit diesen Worten rannte er auf den Spiegel zu und gab dem Inder,
der sich der bewußtlosen Evita angenommen hatte, einen Schubs
in den Rücken.
»Ein bißchen schneller, Dicker! Ich weiß nicht,
wie lange Kalnak vor Überraschung sein großes Maul nicht
zubekommt. Wenn er erneut zu blasen und zu fauchen beginnt,
ist’s zu spät, die Beine in die Hand zu nehmen!«
Mahay, der noch immer die Dämonenmaske trug, murmelte irgend
etwas in seinen Bart, wurde aber schneller und tauchte ein in den
Spiegel, der die friedliche, paradiesische Landschaft der
unsichtbaren Insel Marlos zeigte.
Björn war sofort hinter ihm. Er setzte einen Fuß
über den Spiegelrahmen – und befand sich mit einem Bein
bereits in einer anderen Zeit und einem anderen Raum, und er drehte
sich noch mal hertun, um zu sehen, was aus Amina, Taaro und Arson
würde.
Arson hatte alle Hände voll zu tun, hielt mit der einen den
ohnmächtigen Knaben, drückte mit der anderen Hand seine
schöne Frau in den Spiegel, die den plötzlichen Wechsel
ebensowenig begriff wie all die anderen.
Der Mann mit der Silberhaut verschwand, ebenfalls noch mal den
Kopf wendend, und ein glückliches Lächeln umspielte seine
Lippen, als er
Weitere Kostenlose Bücher