Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Lungen, die vom Meer
herübergetragen wurde. »Hier kann man wirklich noch Urlaub
machen«, sagte der Inder. »Kein Auto, kein Flugzeug. Ich
könnte mich daran gewöhnen den Rest meines Lebens hier zu
verbringen.«
»Wenn du so schaff darauf bist, unserer Zivilisation den
Rücken zu kehren, dann kann ich dir nur Marlos empfehlen«,
knurrte Hellmark. Er wandte sich um und lehnte sich mit dem
Rücken gegen die Mauerbrüstung, welche die hohe Plattform
sicherte.
»Empfehle nur, mein Freund. Ich hör’ dir gern zu.
Auf Marlos ist es auch ganz nett. Was die Ruhe und den Frieden
anbelangt. Aber so ’ne hübsche Burg, wo man sich als Ritter
der alten Garde fühlen kann, die hast du dort eben
nicht.«
Marlos war die geheimnisvolle Insel, die unsichtbar unter einem
Schutzschirm zwischen Hawaii und den Galapagos-Inseln mitten im Meer
lag, von der niemand etwas wußte außer Björn und
seinen Vertrauten. Die Insel Marlos war Hellmarks Erbe aus einer
fernen Zeit. Von Marlos aus sollte eine Erneuerung stattfinden, wenn
all die Erkenntnisse verwertet werden konnten, die er im Lauf seines
Lebens gewann.
»Du machst ganz schön Reklame«, maulte Mahay und
fuhr sich mit seiner Rechten über die prachtvolle Glatze.
»Du kommst mir vor wie ein Reiseunternehmer, der einen
bestimmten Ort nur deshalb anpreist, weil er dabei besonders gut
verdient. Selbst wenn du mir die schönste Burg auf Marlos
versprächest, würde die mich nichts nutzen. Ist doch ganz
klar: sie bliebe für mich nur ein Luftschloß. Erst mal
hinkommen.«
Björn nickte. Sie befanden sich im wahrsten Sinn des Wortes
auf der anderen Seite der Welt. Bis zur Stunde hatten sie keine
Möglichkeit gefunden, dorthin zurückzukehren, wohin sie
gehörten. Der Weg in ihre Welt, in ihre Heimat, war ihnen nach
wie vor versperrt. Hier lebten sie in Sicherheit. Auf der Insel der
Kaythen drohte ihnen nach dem großartigen Abenteuer keinerlei
Gefahr.
Doch hier waren sie isoliert.
Die Probleme und Gefahren auf der anderen Seite der Welt aber
bestanden weiter. Und diese Probleme gingen sie etwas an.
»Wir müssen zurück. Wir können nicht hier
bleiben…« Björn wußte nicht, wie oft er diese
Worte in der jüngeren Vergangenheit schon gesprochen hatte.
»Erst können, Björn…!«
Der Deutsche dachte an Carminia Brado und an den kleinen Pepe, die
sich Sorgen um ihn machten, weil sie nichts über sein Schicksal
wußten.
Wie lange befanden sie sich schon hier?
Seit die Insel der Kaythen ihre wunderbare Umwandlung erfahren
hatte, schien die Zeit für sie hier stillzustehen.
Waren zwei Tage vergangen? Eine Woche? Ein ganzer Monat oder gar
ein Jahr?
Seine Anwesenheit auf der Kaythen-Insel kam ihm jedenfalls vor wie
eine Ewigkeit.
Die zwergenhaften braunhäutigen Bewohner dieser Burg
bemühten sich seit den ersten Stunden ihrer Wiederkehr darum,
ihnen aus dem Dilemma herauszuhelfen. Bis zu diesem Moment aber
schien sich noch nichts abzuzeichnen, was sie weiterbringen
konnte.
Björn wollte noch etwas auf Ranis Bemerkung erwidern. Ein
Geräusch ließ ihn im Ansatz des Sprechens innehalten.
Es kam jemand.
Es war Amana, die Kaythen-Prinzessin, und zwei Weise, die sie
begleiten.
In ihrer farbenfrohen Kleidung wirkten die hübsche junge Frau
und die beiden Männer, als ob sie zu einem Maskenfest
gingen.
Amana lächelte. Es war ein schmerzliches Lächeln.
»Antor möchte euch sprechen«, sagte sie.
Hellmark wandte nicht den Blick von ihren Augen. »Hat er
etwas gefunden, das uns zurückbringt?« fragte er
hoffnungsfroh.
»Kommt«, sagte sie nur. »Er wird es euch
erklären.«
Sie senkte den Blick.
Hellmark und Mahay sahen sich an. Keiner von ihnen hatte ein gutes
Gefühl.
*
Gert Kassner griff nach seinem Glas und leerte den Rest mit einem
Zug. Dann erhob er sich.
Der morgige Tag würde wieder anstrengend werden. Er
mußte mehrere Kunden aufsuchen und wollte schon früh
wegfahren.
Seit dem späten Nachmittag befand der junge Mann sich wieder
in Frankfurt, nachdem er den gestrigen Tag in Köln verbracht
hatte.
Kassner wollte morgen nach Hamburg weiter, wo er knapp eine Woche
zu tun hatte.
Er war als Reisender unterwegs, suchte Reinigungsgeschäfte
eines bestimmten Konzerns auf und belieferte diese Niederlassungen
mit den benötigten Chemikalien. Darüber hinaus nahm er eine
technische Überprüfung der Geräte vor.
Es war halb zehn, als er sein Hotelzimmer aufsuchte.
Er schloß ab, zog sein Jackett aus, löste seine
Krawatte und warf sich auf die Couch. Am
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