Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Kartei der
hiesigen Polizei war. Kröger war verschiedene Male durch
Raufereien und Schlägereien aufgefallen, und es war eigentlich
verwunderlich, daß ein Mädchen wie Liane Martens sich mit
einem solchen Kerl, der äußerlich überhaupt nicht zu
ihr paßte, abgab.
Harder hatte an diesem Tag auch ein eingehendes Gespräch mit
Kröger geführt. Die Art und Weise, wie der Bursche seine
Fragen beantwortete, hatte dem Kommissar überhaupt nicht
gefallen.
Er wurde das Gefühl nicht los, daß Kröger mehr
wußte, als er zugab, und daß das Verschwinden seiner
Freundin ihn weniger berührte, als man allgemein annehmen
mochte. Aber so eine richtige Freundschaft schien das auch gar nicht
gewesen zu sein, glaubte Klaus Harder herausgefunden zu haben.
Zwischen diesem Kröger und Liane Martens schien so etwas wie
eine Verschwörung bestanden zu haben. Menschen, die durch
gleiche Interessen aneinandergekettet waren und sich nicht
voneinander lösen konnten.
Ein Geheimnis umgab das Leben der jungen Verkäuferin. Ein
Schleier des Geheimnisses lag auch über ihrem Verschwinden aus
dieser Welt.
Kröger stieg in einen olivgrünen VW und startete.
Als der Wagen sich an der Straßenecke befand, ließ
Wittert erst den Motor des Dienstfahrzeugs anspringen.
Der Assistent fuhr immer so, daß sich ein fremdes Fahrzeug
zwischen ihnen befand, so daß dem Vorausfahrenden nicht direkt
auffiel, daß er verfolgt wurde.
»Was versprechen Sie sich eigentlich von dieser
nächtlichen Fahrt, Kommissar?« Wittert war immer noch nicht
ganz klar, was Harder herauszufinden hoffte.
»Sie werden sich wundern, Wittert: ich weiß es selbst
noch nicht genau. Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß
es wichtig ist, heute nacht aufzupassen, welche Wege Kröger
geht. Margarete Tessner befindet sich unter Bewachung, und wir werden
über jede Veränderung der Lage von unserem Kollegen sofort
informiert. Ich hätte die Angelegenheit zwar gern selbst in die
Hand genommen, aber die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig zu
sein, habe ich leider noch nicht entwickelt.«
Die Fahrt nahm gut zwanzig Minuten in Anspruch. Kröger fuhr
Richtung Friedberg. Auf der neuen B 43 bog er dann nach links ab und
benützte einen schmalen Pfad, der in ein Waldstück
führte. Geistesgegenwärtig sah Wittert einen nach links
abzweigenden Weg, fuhr noch etwa fünfzig Meter weiter, hielt und
löschte die Scheinwerfer.
»Was will er denn hier?« wunderte Harders Begleiter
sich. »Dreihundert Meter weiter ist der Pfad zu Ende. Dann kommt
ein riesiger Schutthaufen. Davor aber steht noch ein baufälliges
altes Haus. Vor Jahren war das hier mal ein Ausflugslokal, als die
Straße noch anders verlief. Dann hat man eine Diskothek daraus
gemacht. War aber auch nicht sehr erfolgreich. Daraufhin hat der
Besitzer den Laden aufgegeben. Seitdem vergammelt das
Anwesen.«
Harder und Wittert stiegen fast gleichzeitig aus.
»Demnach ist also nicht anzunehmen, daß Kröger vom
Bierdurst hierher getrieben wird, Wittert. Was will er in diesem
alten Schuppen?«
Wie zwei Schatten bewegten sich die beiden Beamten zwischen den
Bäumen entlang und erreichten das alte Fachwerkhaus mit dem
roten Ziegeldach. Die Witterung zeigte bereits ihre Spuren an der
verblaßten Fassade. Die Fensterscheiben waren alle eingeworfen,
die Tür hing windschief in den Angeln, das ehemalige
Ausflugslokal war von einem Bretterzaun umgeben, in dem ein breites
Tor von zwei Drähten zusammengehalten wurde.
Harder und Wittert sahen, wie Kröger die ausgetretenen
Sandsteintreppen hochlief und die nur angelehnte Tür
aufdrückte.
Die beiden Beamten huschten in den Hof, der mit Unrat und Steinen
aller Art, mit Bauholz und alten Konservendosen überladen war.
Überall wuchs Unkraut. Es stand zum Teil kniehoch.
Die beiden Männer verschwanden in dem alten Haus.
Kröger schien von seinen Verfolgern noch nicht das geringste
bemerkt zu haben.
Im Flur standen alte Schränke und Kommoden, die mit Mutwillen
zusammengeschlagen waren. Irgendwelche Rabauken schienen hier von
Zeit zu Zeit eingedrungen zu sein. Was Wind, Regen und Sonne nicht
schafften, vollbrachte Menschenhand. Es war in das
Treppengeländer gehackt. Bergeweise lagen Glasscherben herum,
als hätte hier eine Olympiade im Flaschenwerfen gegen die Wand
stattgefunden.
Über dem Eingang in das ehemalige Lokal hing ein
zertrümmertes Cola-Schild.
Unter ihnen quietschte eine Tür.
»Er ist im Keller«, flüsterte Harder. »Ich
steige ihm nach. Bleiben Sie hinter mir,
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