Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
lernten
uns auf Man kennen. Verrückt, nicht wahr? Hier in Frankfurt
waren wir uns nie vorher begegnet. Auf Man aber waren wir von nun an
Tag und Nacht zusammen.
Liane war wie verzaubert von dem Gedanken, mit Hilfe
dämonischer Kräfte ihr Leben zu verschönern, zu
verändern. Wir hielten engen Kontakt zu der Gruppe, die
Interessenten suchte, um die alten Kräfte wiederzuerwecken. Sie
machte Versuche und es gelang. Sie hatte stets mehr Geld, als sie
ausgeben konnte, sie leistete sich Schmuck und andere schöne
Dinge, von denen sonst Mädchen ihres Alters nur zu träumen
wagten.
Die Versuche waren ein voller Erfolg. Mit Hilfe eines
Beschwörungsrituals aber konnte man noch viel mehr unternehmen.
Man mußte sich und sein Leben Molochos verschreiben. Liane war
dazu bereit. Ich ebenfalls. Das Ganze machte uns ungeheuren
Spaß. Wir gelangten in den Besitz einer Kopie einer Buchseite,
von der ich nicht weiß, aus welchem Buch sie stammt. Der Titel
wurde uns nie bekannt. Das interessierte uns auch nicht weiter.
Interessant wurde für uns beide nur eines: Was alles
mußten wir unternehmen, um magische Kräfte zu erhalten, um
in die Welt der Geister einzudringen und jederzeit ihre Hilfe und
ihren Beistand zu erflehen? Um wirklich das schaffen zu können,
bedurfte es eines Menschenopfers.
Liane wurden dreizehn gleichaussehende kleine Messer mit Jadegriff
überlassen. Genau nach Vorschrift sollten die Messer in den Leib
einer Leiche eingesetzt werden wie Akupunkturnadeln. Zuerst suchten
wir nach unserer Rückkehr einen Opferplatz. Den fanden wir hier
in dem baufälligen Lokal. Hier würde uns kein Mensch
stören. Wir winkten am Straßenrand den Autofahrern zu.
Jeder würde uns für Anhalter halten. Marina Levank stoppte,
denn sie fuhr Richtung Frankfurt. Aber, dort kam sie nie an. Wir
überwältigten sie und schafften sie hierher. Hier brachten
wir sie um, genau nach der Vorschrift des Rituals…«
Harder fror. Er hatte schon viel erlebt, viele Verhöre
durchgeführt und Dinge gehört die man nicht für
möglich hielt.
Aber hier graute selbst ihm.
Kröger erzählte mit einer Arroganz und einer
Kaltschnäuzigkeit über ein verabscheuungswürdiges
Verbrechen, als handle es sich dabei um die natürlichste Sache
der Welt.
Dieser junge Mensch da vor ihm hatte kein Gefühl und keine
Seele mehr.
Unbeirrt fuhr Kröger fort: »Der Rest ist schnell
erzählt, Kommissar. Wir setzten die Molochos’ geweihten
Messer an die entsprechenden Stellen und Molochos erhörte uns.
Sehen Sie hier…« Mit diesen Worten hielt Kröger den
Kerzenständer näher an die Leiche. Harder sah die Messer im
Leib der Mumie. Eines steckte mitten in der Stirn eines auf der
Höhe des Herzens, zwei andere genau auf den Handrücken, die
anderen wiederum waren auf Beinen, dem Rücken und in den
Seiten.
Er zählte genau elf Messer. Zwei fehlten!
Die Messer, die Gert Kassner und Elisabeth Gesan den Tod
brachten.
Er wollte etwas sagen, aber kein Laut kam über seine
Lippen.
»Da bleibt Ihnen die Spucke weg, wie?« fragte
Kröger grinsend. Er hatte für die Waffe, die Harder in der
Rechten hielt, nur ein müdes Lächeln übrig. »Es
ist alles ganz einfach, wenn man weiß, wie es
zusammenhängt. Nachdem Marina Levank geopfert war, fuhren wir
mit ihrem Wagen bis nach Karlsruhe, stellten ihn auf einem
Autobahnparkplatz ab, fuhren per Anhalter bis zum Hauptbahnhof und
kehrten in der gleichen Nacht noch mit dem Zug nach Frankfurt
zurück. Das ist der eine Teil der Geschichte. Der andere Teil
ist der, daß man natürlich etwas tun muß, um sich
die Zuneigung der Geister zu erhalten, die Molochos unterstehen. Wer
bereit ist, ein Menschenopfer zu bringen, der wird auch jeden anderen
geforderten Schritt unternehmen. An Liane erging der Ruf im
Unsichtbaren tätig zu werden, und sie nahm diesen Ruf
an.«
»Sie ist demnach verantwortlich für den Tod an den
beiden anderen Leuten?«
»Ja, natürlich. Was haben Sie denn gedacht? Und sie wird
auch am Tod des dritten schuldig sein. Schuldig… das ist so ein
Wort. Sie erfüllt ihre Pflicht, verstehen Sie?«
»Nein, verstehe ich nicht. Wer soll der Dritte sein? Frau
Tessner?«
»Kenne ich nicht. Möglich, daß auch sie noch
drankommt. Als nächstes aber sind Sie an der Reihe, Kommissar.
Ja, da brauchen Sie gar nicht so kariert zu schauen. Denken Sie, ich
bin zu meinem Vergnügen heute abend noch hierher gefahren. Ich
wollte, daß Sie mich beobachten. Sie wissen nun eine ganze
Menge über unser nettes Spiel – und das
Weitere Kostenlose Bücher