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Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Titel: Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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keiner
plausiblen Erklärung.
    Zwischen den dunklen Gesteinsbrocken lief er auf die erste
Terrasse zu. Die Gärten hier waren verdorrt. Die Häuser,
die darauf standen, waren abgesackt und zeigten tiefe Risse. Ein Teil
der Dächer war unter dem aufgeplatzten Boden eingebrochen.
    Tschinandoah?! murmelte in ihm ein ferner, leiser Gedanke.
    War dies das gepriesene Tschinandoah?
    Nein!
    Die Menschen fehlten. Wenn Al Nafuur recht hatte, dann…
    Da vernahm er zum ersten Mal den leisen, lockenden Ruf.
    Abrupt brach er seine Gedanken ab und blickte in die Runde.
    »Aaaiii-ooohhh«, klang es sanft und langgezogen.
    Eine menschliche Stimme…
    Und sie kam von oben, von irgendwo zwischen den Palästen und
Tempeln der oberen Terrassenstufe her.
    Björn Hellmark hielt den Atem an. Angestrengt blickte er in
die Höhe. Und dort zwischen den halbzerfallenen Gebäuden
regte sich etwas.
    Eine menschliche Gestalt! Eine Frau!
    Sie war nur spärlich bekleidet. Ihr langes, sonnengelbes Haar
rahmte ein ausdrucksstarkes Gesicht mit großen, schräg
liegenden Augen, die durch lange, schwarzseidene Brauen noch betont
wurden. Sie hatte ein breitflächiges Gesicht mit hohen
Jochbeinknochen und sinnlichem Mund.
    Ihr üppiger Busen quoll hervor und wurde nur zu einem Drittel
von einem dunkelvioletten BH bedeckt. Um den Nabel trug sie eine
hauteng anliegende Silberkette. Darunter begann ein knapper
Schlüpfer, der von einem langen, seidigen Rock, der in der Mitte
weit geschlitzt war, kaum verdeckt wurde. Der Rock wurde von einer
handgroßen silbernen Spange gehalten.
    »Aaaiii-oooh!«
    Sie winkte, als hätte sie ihn gesehen.
    Da bewegte er sich wie unter einem inneren Zwang
vorwärts.
    Die Stadt war nicht tot und leer. Unter der kalten Luft und der
sterbenden Sonne lebten Menschen.
    Zumindest ein Mensch. Eine Frau. War sie allein hier
zurückgeblieben?
    Hellmark benutzte die treppenartigen Wege, die zu den höher
gelegenen Terrassen führten.
    Er erreichte schließlich jene Terrasse, wo er die
schöne Fremde gesehen hatte.
    Eine schmale Gasse führte unter Bogengewölben auf
Marmorsäulen zu, die genau am Rand der Terrasse standen.
    Hier mußte sie sein.
    Doch er fand sie nirgends.
    Sie war wie vom Erdboden verschluckt.
    Irritiert blickte er sich um.
    »Hallo?!« rief er. Seine Stimme hallte durch die
gespenstisch-lautlose Welt.
    Es erfolgte keine Antwort.
    Er wanderte zwischen den Säulen auf und ab. Es waren
merkwürdige Säulen. Insgesamt sieben. Sie waren leicht in
der Mitte abgesetzt und wurden dort etwas schmaler, um mit Schwung
dann wieder breiter zu werden. Mit etwas Phantasie konnte man sagen,
daß die Säule eine Taille hatte und das schwungvoll
darunter beginnende Unterteil nichts weiter war als die
Hüftpartie einer stilisierten, in Marmor gestalteten Frau!
     
    *
     
    Dieser verrückte Gedanke kam ihm ganz plötzlich, und er
ließ ihn auch nicht sofort wieder los. Doch es blieb ihm keine
Zeit, weitere Überlegungen darüber anzustellen.
    »Wo kommt er her? Was will er hier? Ich habe nie einen wie
ihn gesehen!«
    Woher kam die Stimme?
    Er wirbelte herum und fühlte sich geschüttelt, als ob
unsichtbare Hände ihn packen wurden.
    Im gleichen Moment begann alles um ihn herum zu verschwimmen. Die
Terrassen, die Häuser, Marmorpaläste und Tempel, die
Säulenarkaden…
    Er fühlte sich emporgehoben.
    »Er bewegt sich! Er kommt zu sich!«
    Wieder die fremde Stimme. Diesmal erregter, lauter…
    Die Welt um ihn herum war nicht mehr.
    Björn Hellmark fühlte wieder die Schwere seines
Körpers, seines brummenden Schädels und seiner schmerzenden
Glieder.
    Sofort kam die Erinnerung wieder: er lag am Boden der Röhre,
die in den Baum führte und wohin der gewaltige Wirbel ihn
getragen hatte.
    Schatten begannen zu leben. In der zwielichtigen Atmosphäre
umstanden ihn mehrere Geschöpfe.
    Der Traum, den er eben noch geträumt hatte, war zu Ende. Die
Wirklichkeit hatte ihn wieder.
    Er hatte gemeint, für kurze Zeit in Tschinandoah zu sein
– so wie er sich Tschinandoah merkwürdigerweise niemals
vorgestellt hatte!
    Seine Sinne waren ganz auf die Wirklichkeit gerichtet.
    Drei fremde Wesen umringten ihn. Zwei von ihnen wichen
zurück, als er den Kopf hob. Erstaunt stellte er fest, daß
er nicht mehr am Boden der Röhre lag, sondern in einer
größeren Halle, die durch Mauervorsprünge und
niedrige kleine Mauern unterteilt war.
    Er lag auf einer weichen, matratzenähnlichen Unterlage.
    Der Raum, in dem er sich befand, wirkte düster,
bedrückend und

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