Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Titel: Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
eine verlöschende Scheibe an einem kalten,
lichtlosen Himmel. Die Temperaturen waren zu niedrig und würden
nachts sicher noch weiter abfallen.
    Auf den Rändern der Terrassen und der zerklüfteten
Flußbetten glitzerten Eiskristalle. Ein dichter, krustiger Rand
lag auf der ausgetrockneten, spröden Erde.
    Macabros empfand weder Wärme noch Kälte. Hellmarks
Doppelkörper konnte sich in absoluter Weltraumkälte und
einem Vakuum ebenso bewegen wie in der Gluthitze.
    Er glitt über die Terrassen und Marmortempel und näherte
sich der Stelle, wo die sieben Säulen dicht nebeneinander
standen und von wo aus ihm die üppige, sinnliche Blondine
gewunken hatte, als er sich das erste Mal hier aufhielt.
    Macabros inspizierte die geschwungene natürliche Terrasse vor
dem Tempelbezirk eingehend, als er plötzlich eine Stimme
hörte.
    »Wer bist du? Wo kommst du her, Fremder?«
    Er wandte den Kopf.
    Im ersten Moment war es ihm nicht möglich festzustellen,
woher die Stimme kam, denn er sah niemand.
    »Hier, hier bin ich!« Die Stimme war zart und elfenhaft
– und er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, als
er plötzlich eine oberflächliche Bewegung an einer der
fahlen, eingeschnürten Säulen bemerkte.
    Der Stein lebte!
    Schwach und kaum erkennbar zeichnete sich der Körper jener
blonden Frau ab, die er bei seinem ersten Besuch hier in Tschinandoah
sah.
    Ihre Haut war jetzt fahl wie der Stein, ihr Körper nur ein
verwaschener, nebelhafter Schemen.
    »Ich komme von weit her. Ich suche Tschinandoah. Ich
heiße Kaphoon.«
    Er hatte es sich angewöhnt, in schwierigen Lagen und in
anderen Welten immer den Namen zu nennen, den er einmal trug, als er
in seiner ersten Existenz auf Xantilon lebte. Dabei machte er die
Erfahrung, daß dieser Name einen guten Klang hatte und bei
vielen Völkern und in vielen Parallelwelten bekannt war. Kaphoon
war ein großer Kämpfer und Gerechtigkeitsfanatiker seiner
Zeit gewesen. Die gleichen Anlagen hatten sich in Hellmark
manifestiert, der die Spur des grausamen Molochos, des obersten der
Schwarzen Priester, durch Raum und Zeit verfolgte, um ihn daran zu
hindern, die Heere der Vernichtung erneut zu mobilisieren und den
Schlußstrich unter einen Kampf zu ziehen, der im Verborgenen
nun schon seit Jahrtausenden wütete.
    Ob allerdings hier auf einer fernen Parallelwelt der Name und die
Taten Kaphoons bekannt waren, wußte er nicht. Die sprechende
Säule vermochte auch mit seinem Namen nichts anzufangen. Die
hellen, seeklaren Augen in der Säule musterten ihn.
    »Ich kann mich nicht ganz zeigen, wie es im vollen Licht des
Tages noch möglich ist. Nein, ich kenne dich nicht. Aber du
trägst ein Schwert, dessen Steine auch dann noch in prachtvollem
Schliff funkeln, wenn das Licht einer sterbenden Sonne sie
berühren. Du bist der, von dem prophezeit wird, daß er die
Botschaft aus dem Tempel holen wird, ohne daß der grausame
Geist Molochos’, des Dämonenfürsten, ihn daran hindern
kann. Du bist in Tschinandoah – aber du kommst zu
spät.«
    »Was ist hier geschehen? Warum kannst du dich nicht ganz
zeigen? Was für eine Bedeutung hat es, daß dein
Körper und diese Säule eins sind?«
    »Es ist der Fluch der Geister, die Molochos dienen und die
Tschinandoah in eine ferne Zeit versetzen konnten, als das
Raum-Zeit-Kontinuum zusammenbrach. Wir – die sieben wahren
Dienerinnen des Tempels, in dem der Schrein steht, der die
Schriftrolle enthält, die Molochos’ Geheimnis
bloßlegt und die nur einer zu lesen versteht – wurden dazu
verdammt, als steingewordene Säulen die Ankunft des Mannes
mitzuerleben. Er würde Fragen an uns haben, aber wir werden dann
nicht mehr imstande sein, ihm diese Fragen zu beantworten.
Tschinandoah ist zu einer Welt der Zukunft geworden, zu einer
sterbenden Welt Ihre Bewohner wurden zu Stein, wie es der grausame,
lauernde Wille war, den wir ahnten, von dem wir aber bis zum Eintritt
der Ereignisse nichts Genaues wußten.
    Bei Tag können wir uns frei in der Stadt bewegen, die man die
Perle der Freiheit und des Friedens nannte. Sobald aber die Sonne
sinkt, können wir nur noch beobachten, wie die anderen Steine
zum Leben erwachen, die einmal die Bewohner dieser Stadt waren. Der
Fluch ist nicht mehr rückgängig zu machen… es gibt
eine Möglichkeit, befreit zu werden…«
    »Dann nenne mir diese Möglichkeit. Was muß ich
tun?«
    Er erhielt keine Antwort.
    Die Sonne sank weiter.
    Die sieben Säulen vor dem zurückgebauten Tempel zeigten
sich in weiblicher Gestalt. Die

Weitere Kostenlose Bücher