Macabros 043: Die Horror-Tempel von Skyx
Ȇberhaupt der Bart! Die fallen vor Schreck um,
wenn sie diesen Knäuel erblicken. Kein Bugke hat jemals einen
angesehenen Mann aus Lovon so herumlaufen sehen. Die denken glatt, du
kommst von einem anderen Stern…«
Litan verdrehte die Augen. »Du bist ein schlechter Diplomat,
Asnur. In Scharen werden die Leutchen gelaufen kommen, um mich zu
sehen. Abgesehen von unserem stattlichen Prinzen bin ich der
interessanteste Teilnehmer an der Gesprächsrunde. Runde
Lovonbärte sind in Mode, kein Bugke weiß von ihnen. Sie
wollen das aber kennenlernen. Bugken sind von Natur aus neugierig und
haben die Angewohnheit, Dinge nachzuahmen.«
Asnur schlug sich an die Stirn. »Ich glaub, ich hab
Trompetenohren!« krähte er, sich eines alten
Lovon-Sprichwortes bedienend. »Du willst doch nicht damit
andeuten, daß nach unserem Besuch bei den Bugken jeder
Bugken-Mann mit so ’nem häßlichen Anhängsel im
Gesicht rumläuft? Da kann sich gleich einer ’ne Warze beim
Mediziner künstlich vergrößern lassen. Da hat er sich
das Haarewachsen gespart.«
»Möglich.« Der kleine Litan war überhaupt
nicht aus der Ruhe zu bringen. In aller Gemütsruhe dreht er am
Verschluß des Trinkbehälters und wiegte ihn nachdenklich
in den Händen, dabei mechanisch von allen Seiten beäugend,
als befürchtete er, irgendwo könne das Behältnis leck
sein und das kostbare Naß unbemerkt herausfließen.
»Aber lieber das – als so ’ne gemeine Nase, wie du sie
hast, Bruder Asnur.«
Asnur grunzte. Das war seine schwache Seite. Auf seine Nase
angesprochen, konnte er ungemein sauer reagieren. Bei Litan war das
etwas anderes. Die beiden Streithähne waren in Wirklichkeit die
dicksten Freunde, die man sich denken konnte. Sie hielten zusammen
wie Pech und Schwefel, und nur so war es verständlich, daß
Litan es wagen konnte, Asnurs Nase überhaupt zu erwähnen.
Da war der graumelierte Begleiter im Rang eines hohen Lovon-Offiziers
eigen. Er wußte, daß seine Nase für
Lovon-Ästhetiker zu stark gebogen war.
»Für dich ist es doch schon deine dritte Reise in das
Bugken-Gebiet, wenn ich recht unterrichtet bin, nicht wahr?«
ließ Litan nicht locker.
»Du bist sehr gut unterrichtet, Zwerg mit dem runden Bart.
Wahrscheinlich hat dir deine Hausdienerin beim Morgenkaffee
außer den Klatschnachrichten auch mal eine ernsthafte Nachricht
vorgelesen. So etwas soll in deinem Haus ja vorkommen.«
»Du hast doch sicher beim drittenmal einige
Bugken-Männer zu Gesicht bekommen, stimmt’s?«
»Ja.«
»Sahen sie irgendwie verändert aus?«
»Warum sollten sie verändert aussehen?«
»Nun, wegen ihres Nachahmungseifers, Bruder Asnur. Haben beim
dritten Besuch die scharf gebogenen Nasen zugenommen?«
»Litan!« Asnur sprang auf. Der kleine Mann an seiner
Seite machte einen Sprung nach links. Er reagierte mit einer solchen
Schnelligkeit, wie man sie ihm überhaupt, nicht zugetraut
hätte. Und dann jagte er auf die schattige Düne zu und
Asnur hinter ihm her.
Ghanor lachte leise.
Es war gut, daß Osira ihn über die
Charaktereigenschaften und menschlichen Schwächen seiner beiden
diplomatisch so gut ausgebildeten und sympathischen Begleiter
rechtzeitig und intensiv genug aufgeklärt hatte. Hellmark
hätte sonst mit diesem Verhalten nichts anfangen
können.
»Bei mir wird sich garantiert ein Erfolg zeigen«,
brüllte der davoneilende Litan hinter der Düne her, schlug
Haken wie ein Hase und hängte seinen Verfolger mit seinen
kleinen flinken Beinen rasch ab. »Mich brauchen sie nur einmal
zu sehen – und der Erfolg wird ganz auf unserer Seite sein. Nach
meinem Anblick wird es bei den Bugken keinen ernsthaft Gebildeten
mehr geben, der länger mit einem nackten Kinn rumläuft! Sie
alle werden die Vorteile eines Rundbartes einsehen und
erkennen.«
»Vorteile! Ich krieg’ schon wieder Trompetenohren,
Zwerg! Der Vorteil liegt wohl darin, daß du nach jeder Mahlzeit
all die Reststückchen aus dem armseligen Gewächs, das du
Rundbart nennst, herauspflücken kannst, wie?«
Die beiden jagten sich nach. Der bernsteingelbe, weiche
Wüstensand spritzte auf. Er traf auch die ruhenden
Reittiere.
Doch die regten sich überhaupt nicht. Sie hoben nicht mal die
Köpfe an. Offenbar waren sie an derartige Eskapaden ihrer Reiter
gewöhnt.
Es kam öfter vor, daß Litan und Asnur sich auf diese
Weise in die Haare gerieten und daß es erst dann Ruhe gab, wenn
der eine in der Lage war, den anderen zu Boden zu werfen.
Das dämpfte eine Zeit die Stimmung unter den
Kampfhähnen,
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