Macabros 050: Rha-Ta-N'mys Leichenschlucht
Macgullyghosh
nicht mehr vorstellen. Damit waren die Mauern um die Welt, die Mauern
der dritten Dimension durchlässig geworden für ihn.
Die Dämonenmaske war später hinzugekommen und das
Schwert des Toten Gottes, mit dem es seine besondere Bewandtnis
hatte. Der Trank der Siaris konnte töten, aber auch den Geist
erweitern, wenn er zur rechten Zeit genommen wurde. Und dann die
Augen des Schwarzen Manja, die von großer Bedeutung geworden
waren. Sieben Stück mußte er finden. Sie waren
überall in der Welt verteilt… und nicht nur in dieser. Und
wenn es ihm gelang, sich in den Besitz der sieben Augen zu bringen,
dann hielt er einen möglichen Schlüssel zur Vernichtung
Molochos in der Hand.
Alles, was er, bisher erlebt hatte, zog wie ein Filmstreifen vor
seinem geistigen Auge vorüber. Viele Kämpfe hatte es
gegeben, viele Schlachten, aber der Krieg zwischen Mensch und
Dämon war noch lange nicht zu Ende.
Hellmark, der am intensivsten bisher mit den Mächten der
Finsternis zu tun hatte, sah die Dinge mit ganz anderen Augen.
Manchmal kam es ihm vor, als stände er vor einem riesigen
Berg, der aus lauter Puzzleteilen zusammengesetzt war, die
völlig durcheinandergeraten waren. Hin und wieder kam er mit
einem solchen Teil in Berührung, das er an einen anderen Ort
versetzen mußte, um das richtige Bild zusammenzusetzen. Aber
bisher war es ihm nicht gelungen, herauszufinden, wie das Bild zum
Schluß aussehen würde.
Seit jenem denkwürdigen Unfall, der seine Identität
auslöschte und einen neuen Anfang in seinem Leben setzte, war
sein Dasein voller merkwürdiger Episoden. Molochos schien
tausend Hände und Gesichter zu haben, und er schien an tausend
Orten auch gleichzeitig zu existieren. Er hatte seit dem Bruch mit
den Menschen und seinem Werden zum Dämon ein vielfältiges
Reich geschaffen.
Björn dachte darüber nach, wie wenig er eigentlich
erreicht hatte.
Er mußte froh sein, noch zu leben. Hin und wieder hatte er
den Triumph genossen, Molochos und seinen Schergen ein Opfer
abzujagen.
Die Fronten aber standen nach wie vor hart gegeneinander.
Björn dachte an die beiden Freunde, die er früher in
diesem Leben kennengelernt und die er auf der anderen Seite der Welt,
in Molochos Horror-Reich, wieder getroffen hatte.
Camilla Davies und Alan Kennan waren mit ihm aus der Fremde
gekommen, und sie hatten sich abgesprochen, sich wieder zu sehen.
Als Mittlerperson sollte der Verleger Richard Patrick fungieren,
der dem Okkulten, Übersinnlichen und Unheimlichen ebenfalls auf
der Spur war und sein Leben in den Dienst der Erforschung dieser
Dinge gestellt hatte.
Ob Camilla und Alan sich dort schon gemeldet hatten?
Carminia Brado seufzte.
Björn Hellmark fuhr zusammen.
»Du bist mit deinen Gedanken ganz woanders«, wisperte
sie und schmiegte sich an ihn.
»Ich dachte, du schläfst!« wollte er ablenken.
»Ich war ein wenig eingenickt. Es war schön, von dir
dabei gestreichelt zu werden. Dann hast du plötzlich
aufgehört. Und da habe ich dich aus halbgeschlossenen Augen
beobachtet.«
»Das war nicht die feine englische Art«, knurrte er.
»Ob’s hier englisch zugeht oder nicht, das ist doch
egal. Hier können wir tun und lassen, was wir wollen – hast
du selbst mal gesagt.«
»Im Augenblick unterlaß ich viel zuviel«, machte
er sich zum Vorwurf.
Carminia schüttelte den Kopf. »Du bist heute den dritten
Tag auf der Insel. In den ersten beiden Tagen bist du kaum zu dir
gekommen, du hast geschlafen wie ein Murmeltier. Du hattest es
verdammt nötig, dich mal auszuruhen. Heute ist der erste Tag,
daß wir mal miteinander sprechen und schmusen können. Kaum
fühlst du dich wieder fit, zieht es dich schon wieder fort von
hier.«
»Es zieht mich nicht fort von hier. Du weißt genau,
daß das nicht stimmt, Schoko. Ich mache mir Sorgen.«
»Um Camilla und Alan…«
»Weniger. Asymeda hat uns die Zusicherung gegeben, daß
in der spiegelverkehrten Welt des Blutsiegels jeder wieder dort
ankommen werde, wo er hingehört – egal unter welchen
Umständen er auch mit Molochos Traumwelt in Berührung kam.
Es geht um Rani…«
Das hatte sie genau gewußt, aber sie hatte den Namen
absichtlich nicht genannt. Doch das Schweigen konnte die Situation
auch nicht verbessern.
»Ich muß etwas tun, Carminia. Ich werde verrückt
bei dem Gedanken, daß ich mir hier die Sonne auf den Bauch
scheinen lasse, während Rani in dieser Sekunde vielleicht meine
Hilfe dringend benötigt.«
»Ich weiß, was du vorhast, Björn. Aber es
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