Macabros 056: Die Leichenpilze kommen
mich an.«
»Sie hat sonst keine Verwandten, Bekannten?«
»Nein. Sie ist allein…«
»Wie gesagt: sechs Kugeln. Zwei Lungensteckschüsse, eine
Kugel im Oberschenkel… das war gut unter Kontrolle zu bekommen.
Zwei Kugeln im Kopf und eine in der Wirbelsäule können die
Katastrophe verursachen. Wenn sie davonkommt, wissen wir nicht, wie
ihr Zustand sein wird, Mister Hellmark. Der Heckenschütze hat
fast ganze Arbeit geleistet. Miss Brado ist noch mal davongekommen.
Wenn sie die Schüsse übersteht, ist allerdings fraglich, ob
sie sich je wieder so wird bewegen, sprechen und denken können
wie zuvor.«
»Mit einem Wort: ihr Ich, ihre Persönlichkeit wird
zerstört sein? Sie wird – verrückt sein?«
Dr. Rooney nickte ernst. »Das ist das Mindeste, was wir
leider erwarten müssen, Mister Hellmark!«
*
Er ging durch die Straßen wie im Traum. Es hatte keinen
Sinn, im Hospital zu bleiben, obwohl er das am liebsten getan
hätte. Die Aufrechterhaltung der Aktivität beider
Körper über einen längeren Zeitraum hinweg hatte ihn
große Anstrengungen gekostet. Er versuchte mehrere Male
vergeblich, seinen Doppelkörper entstehen zu lassen. Er brachte
ihn nicht zustande.
Ein wenig Ruhe würde ihm helfen.
Er ruhte sich auf einer Bank im Central-Park aus.
Von hier aus hatte er einen vortrefflichen Blick zu dem Restaurant
Tavern-on-the-Green, nur eine Steinwurfweite entfernt. Das Lokal lag
völlig im Dunkeln. Dort hielten sich keine Gäste mehr
auf.
Auf einem dunklen, seitlich gelegenen Parkplatz hinter einer
Buschreihe waren allerdings einige parkende Wagen zu sehen.
Wer um diese Zeit hierherkam, mochte glauben, daß es sich um
die Fahrzeuge der Bewohner des Tavern-on-the-Green handelte.
Der Inhaber und zwei Bedienstete hatten dort ihre Wohnungen, und
es gab einige private Gästezimmer. Der Geschäftsführer
des Tavern war bekannt dafür, daß er gern Gäste
bewirtete.
Drei der sieben abgestellten Fahrzeuge gehörten jedoch weder
Gästen noch den dort Wohnenden.
Unter den parkenden Fahrzeugen befand sich ein knallroter Lotos
Europa, ein Auto, das von Kennern und besonders von Jugendlichen
überall dort, wo es auftauchte, mit glänzenden Augen
begutachtet wurde.
Dieser Lotos gehörte Larry Brent alias X-RAY-3. Hellmark war
mit diesem Mann befreundet, der sein Leben in den Dienst einer
besonderen Sache gestellt hatte. Brent bekämpfte Einflüsse
und Manipulationen, die eindeutig auf Mächte aus der Finsternis
zurückgingen. Die PSA, von der Hellmark manches wußte, war
eine schlagkräftige und erfolgreiche Organisation.
Björn hätte sich direkt an Brent werden können.
Eine Kontaktaufnahme zu ihm war jederzeit möglich. Hellmark
waren diverse Telefonnummern vertraut, unter denen er Larry bei
Bedarf erreichen konnte.
Die Anwesenheit des Lotos hier auf dem Parkplatz war nicht
gleichbedeutend mit Larry Brents Anwesenheit. Hellmark war bekannt,
daß der PSA-Agent nur selten in New York weilte. Larrys
Operationsfeld war die ganze Welt.
Hellmark hätte sich auf ein Wiedersehen mit Brent gefreut.
Aber nicht unter diesen Umständen. Durch Larry wäre ihm
möglicherweise umgehend ein Sonderflugzeug zur Verfügung
gestellt worden, damit er auf dem schnellsten Wege nach Dayton
hätte abreisen können. Es war anzunehmen, daß sich
ebenfalls die PSA einschalten würde, wenn er von den
Umständen berichtete, die zu Carminias gefährlicher
Situation beigetragen hatten.
Björn wollte auf alle Fälle auf die Hilfe und Erfahrung
der PSA-Leute zurückgreifen, wenn sich ihm keine andere
Lösungsmöglichkeit bot. Im Augenblick konnte er sich jedoch
nicht zu einer solchen Entscheidung durchringen.
Viele Dinge gingen ihm durch den Kopf, keines war richtig
greifbar.
Der Grund für die Vorfälle mußte auf Marlos
liegen. In diesem Zusammenhang konnte nur das »Bild des
Herrschers in der Tiefe« bedeutsam sein. Die dämonischen
Feinde – so jedenfalls sah er es jetzt – hatten im voraus
gewußt, daß Carminia und er in New York auftauchen
würden. Von einer zentralen Schaltstelle aus war ein Blick in
die Zukunft erfolgt. Ihre Absicht war bereits erkannt worden, noch
ehe sie selbst offenbar darüber Bescheid gewußt
hatten.
Aber in der ganzen Sache gab es einen Widerspruch, der ihm nicht
aus dem Kopf ging.
Wenn das steinerne Amulett aus der fremden Welt wirklich negative
Bedeutung für ihn hatte – warum setzten dann Molochos’
Schergen alles daran, es wieder in ihren Besitz zu bringen?
Da stimmte doch etwas nicht!
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