Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt
befinden.
Ohne weiter auf Alexandra zu achten, spurtete Frank los. Als er
die Menschenansammlung erreicht hatte, sah er etwas, daß ihm
das Blut in den Adern gefror.
Eine fleischfressende Pflanze hatte sich aus dem Gemälde
geschoben und reale Gestalt angenommen. Einer ihrer Fangarme hielt
einen älteren Mann umfaßt.
Der Mann wurde hochgehoben.
Eine ungeheure Kraft mußte in diesen Armen stecken,
daß sie den Menschen so mühelos heben konnten.
Der Mann wurde genau auf das breite Maul der Pflanze zugezogen. Er
schien rettungslos verloren.
Da handelte Frank Morell.
Mühsam kämpfte er sich durch die Mauer der Schaulustigen
und bekam den Mann gerade noch an den Beinen zu fassen. Frank zog
an.
Zwei Männer schien der Fangarm nicht hochheben zu
können. Es war Franks Glück, daß sich die Pflanze zum
Großteil noch im Bild befand und keinen zweiten Fangarm bereit
hatte, sonst wäre wohl auch er jetzt verloren gewesen.
Aber so vermochte er der Pflanze großen Widerstand
entgegenzusetzen. Wenn Frank den Mann im Augenblick auch nicht
vollständig aus der Gewalt der Pflanze befreien konnte, so
mußte er doch die Zugkraft aufhalten können…
»Fassen Sie mit an!« rief er den Umstehenden zu.
»Wir müssen den Mann herausziehen. Gemeinsam können
wir es schaffen.«
Erst jetzt kam Leben in die Menschen um ihn herum. Ein paar Mutige
traten hervor und faßten den Mann an. Eine Frau hatte sogar ein
schweres Brotmesser bei sich, mit dem sie jetzt den Pflanzenstengel
durchzuschneiden versuchte. Es gelang.
»Habe ich eben im Supermarkt erstanden«, sagte die Frau
lächelnd. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Ich
hatte es eigentlich für einen anderen Zweck
gedacht…«
Frank Morell lächelte der korpulenten Frau dankbar zu und
fing dann den bewußtlosen Mann zu. Er wollte das Opfer gerade
zu Boden gleiten lassen und untersuchen, als er über sich einen
zweiten Fangarm gewahrte, der eben aus dem Bild geschossen kam.
»Auseinander!« schrie Frank und schleifte den Mann aus
der Gefahrenzone. Kreischend zerstreute sich die Menschenmenge.
Frank fühlte den Fangarm ganz knapp über seinem Kopf
vorbeizischen, dann kehrte wieder etwas Ruhe ein. Der Arm zog sich
ins Bild zurück. Es wirkte wieder so harmlos wie vorher.
Dem Mann war nichts passiert. Er würde bald wieder erwachen.
Wahrscheinlich hatte er einen Schock erlitten. Hoffentlich hatte er
keinen psychischen Schaden davongetragen.
In diesem Augenblick ertönte von hinten ein Schrei.
»Frank!«
Das war Alexandras Stimme gewesen.
Morell wirbelte herum und erstarrte. Neben Alexandra hatte sich
der Echsenkopf aus dem Bild geschoben und schnappte nach dem
Mädchen. Hinter ihr plumpste eines der Morastwesen aus seinem
Bilderrahmen und kroch ebenfalls auf die Zeichnerin zu. In dem
mittleren Bild begann sich die fleischfressende Pflanze zu
regen…
Plötzlich schienen sich aus jedem der Bilder die dort
gezeichneten Schattenwesen zu lösen und real werden zu
wollen.
Frank Morell schauderte. Er hatte ja schon vieles erlebt, aber das
hier drohte seine Kräfte zu übersteigen.
Hier mußte ein mächtiger Dämon am Werk
sein…
Die Leute flohen in wilder Panik aus der Kunsthalle. Rufe nach
Polizei und Feuerwehr wurden laut.
Es war ein Glück, daß sich nur
verhältnismäßig wenige Menschen hier aufgehalten
hatten, sonst wären Todesopfer wohl unvermeidbar gewesen.
Aber so leerte sich die Halle relativ schnell. Frank eilte zu
Alexandra hinüber und zog sie aus der Reichweite der
Bildermonster.
Kurz darauf hatten Sie die Straße erreicht. Frank gab
Alexandra die Wagenschlüssel.
»Nimm meinen BMW und fahre nach Hause. Ich habe hier noch
etwas zu tun.«
»Aber Frank…«
»Keine Widerrede! Bring den Wagen morgen früh ins
Büro mit. Ich möchte nicht, daß dir noch etwas
geschieht«, drängte er. »Ich muß noch auf die
Polizei warten. Wahrscheinlich bin ich der einzige Zeuge, der noch an
Ort und Stelle geblieben ist.«
»Aber diese Monster…« hauchte Alexandra, und es war
ihr vom Gesicht abzulesen, daß sie nicht wußte, ob sie
das eben erlebte für Wahrheit oder Traum halten sollte.
»Die können doch unmöglich existieren. Ich dachte
immer, Bilder wären tot…«
»Tote Materie«, ergänzte Frank, »das sind sie
auch – normalerweise«, schränkte er sofort ein.
»Aber du mußt jetzt gehen. Wenn ich morgen nicht im
Büro sein sollte, dann kümmere dich um den Wagen. Am Montag
spätestens siehst du mich in alter Frische wieder.«
»Aber…« wollte
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