Macabros 066: Die Monsterstürme von Kh'or Shan
war einen Kopf größer als er, hatte
ein männliches, gut geschnittenes Gesicht und dunkle Augen von
auffallender Schärfe. Diesen Augen entging nichts.
»Nanu?« sagte Ted Morton beim Eintritt des anderen
jovial. »Habt ihr hier eure weißen Kittel
abgeschafft?«
Während er sprach, ging er auf den Eintretenden zu und nahm
hinter diesem im gleichen Moment zwei weitere Männer wahr. Sie
waren weiß gekleidet. Offensichtlich handelte es sich um
Pfleger, die sich aber nicht für den Eintretenden und nicht
für den Journalisten interessierten. Sie passierten das
Krankenzimmer, durchquerten den Flur, und Morton verlor sie aus den
Augen.
»Ich bin kein Arzt«, sagte der Mann im grauen Anzug.
»Und wer sind Sie dann, wenn Sie mich hier schon
besuchen?«
»Mein Name ist Brown. Ich bin als Sonderbeauftragter
hier.«
Er sprach kühl und sachlich, und Ted Morton konnte sich
eigentlich schlecht vorstellen, wie sein Gesprächspartner
aussah, wenn er mal lachte. Wahrscheinlich tat er das nie.
Der Journalist nickte. »Aha! Der Name Brown sagt mir alles.
Der läßt sich so gut behalten. CIA, nicht wahr?«
»Okay, setzen wir den Fall, daß es so ist…«,
erwiderte sein Gegenüber. »Es ist immer gut, wenn jemand
gleich weiß, woran er ist. Ich möchte mich gern mit Ihnen
unterhalten, Mister Morton…«
»Das möchte ich auch, Mister Brown«, grinste der
Reporter zurück.
Er konnte sich denken, was hier anstand. Es war offensichtlich
genauso, wie er vermutet. Man hatte ihn gerettet und dabei erkannt,
daß er mit der zuvor überprüften Besatzung der
DISCOVERY nicht das geringste zu tun hatte.
»Bevor wir jedoch zum Kern der Sache kommen, Mister
Brown«, fuhr Morton unbeirrt fort, »erlauben Sie mir doch
sicher die eine oder andere Frage am Rand.«
»Eigentlich ist es an mir, Fragen zu stellen. Aber bitte
– ich hör mir auch ganz gern an, was Sie zu fragen
haben…«
»Wie sieht’s mit der DISCOVERY aus? Wurden auch die
anderen gerettet? Was ist überhaupt geschehen?«
»Genau dies sind die Punkte, worüber ich nicht mit Ihnen
sprechen möchte, Mister Morton«, erwiderte Brown.
»Möglich, daß ich noch darauf zu sprechen komme, aber
ich glaube, es ist doch wichtiger zunächst von Ihnen zu
erfahren, was Sie veranlaßt hat, sich auf der DISCOVERY als
blinder Passagier einzuschmuggeln. So was tut man schließlich
nicht ohne Grund, nicht wahr?«
Brown zog die Außentür zu und drückte dann die
Innentür ins Schloß. Er machte einen lässigen,
selbstsicheren Eindruck.
»Ich glaube, ganz so einfach ist es nicht, Mister Brown. Ich
nehme an, es wird mir nichts geschehen, wenn ich auf bestimmte Fragen
nicht antworte?«
»Das kommt ganz darauf an, was Sie unter geschehen verstehen.
Zumindest hätten wir einen Grund, Sie länger hier zu
behalten, als Ihnen möglicherweise recht ist, Mister
Morton.«
»Mhm«, brummte der Reporter, »fast habe ich mir so
etwas Ähnliches gedacht. Was ist das für ein Haus, Mister
Brown? Ein Gefängnis?«
Brown schüttelte den Kopf. »Nein! Es ist ein
Krankenhaus, aber ein besonderes. Nicht jeder hat hier
Zutritt.«
»Und jeder, der hier Patient ist, hat die Möglichkeit,
sich mit der Außenwelt in Verbindung zu setzen, nicht
wahr?« warf Morton sofort ein, als sein Gesprächspartner
gerade eine Pause einlegte, um durchzuatmen. »Also ein
Mittelding zwischen Krankenhaus und Gefängnis. Da liege ich doch
nicht verkehrt?«
»In Ihrem Fall sicher nicht, Morton. Aber das haben Sie sich
selbst zuzuschreiben. Wären Sie dort geblieben, wo Sie
recherchieren und neugierig sein können, so lange sie wollen
– dann wären das Bett und das Zimmer jetzt noch frei. Aber
so…« Achselzuckend. »Was wissen Sie, Morton?«
»Noch gar nichts. Das ist es ja eben, Brown. Ich wollte etwas
mehr erfahren. Dazu ist es aber nicht gekommen. Der Sturm… der
plötzliche Wetterumschlag… und dann die
Monster…«
Die Blicke der beiden Männer begegneten sich. Als das Wort
»Monster« fiel, verengten sich Browns Augen.
»Ich hab alles genau mitbekommen«, sprudelte es aus
Mortons Mund. »Ich wurde umschlungen und in die Tiefe gezogen.
Und nicht nur ich. In meinem Boot saßen auch andere – zum
Beispiel Dr. Karen Saver, die Biologin der DISCOVERY. Was ist aus ihr
geworden?«
»Ich kann Sie beruhigen. Sie lebt – wie Sie.«
Ted Morton atmete auf. Es schien, als würde ihn diese Antwort
sichtlich erleichtern.
»Okay«, sagte Morton plötzlich mit scharfer Stimme.
»Ich seh ein, daß Sie ein Recht darauf
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