Macabros 068: Apokalyptas erste Version
dem
kleinen Büroraum aufgetaucht und sogar von Tom Jenkins mit der
Waffe bedroht worden. Diese Waffe lag nun auf Morrisons Tisch.
»Wie hast du das fertig gebracht?« fragte er
unvermittelt und deutete auf die Pistole.
»Ich habe einfach nachgedacht«, erwiderte Pepe
gleichgültig. »Etwas anderes blieb mir nicht übrig. Er
hätte sonst geschossen. Ich wäre wohl kaum dazu gekommen,
ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen…«
Morrison nickte angespannt. »Da hast du wohl recht«,
murmelte er.
Er kam dann in allen Einzelheiten noch mal auf das zu sprechen,
was Pepe bereits dem Juwelier gegenüber erwähnt und auch
den Polizisten gesagt hatte.
»Die Sache mit der Lampe interessiert mich ebenfalls«,
fuhr der Inspektor fort. »Du hast einfach gedacht, daß die
Kette zerreißen soll, und schon ist’s
passiert…«
Pee nickte. »Richtig, Inspektor. Dann ist’s
passiert…«
»Und wie?«
»Das weiß ich nicht. Es geht ganz von selbst. Es ist
genauso, als ob ich – atmen würde…«
»Das kommt nicht nur – zufällig zustande, nicht
wahr?«
»Nein, Inspektor. Nur, wenn ich es will… das
heißt, manchmal kann es auch passieren, daß ich so
aufgeregt bin und es mir nicht gelingt, diese Kräfte unter
Kontrolle zu bringen. Dann kann schon mal eine Glühbirne
platzen, sich ein Messer oder eine Gabel verbiegen…«
»Hm«, murmelte Morrison. »Wenn du also jetzt
willst, daß die Birne da in meiner Schreibtischlampe platzt
– dann wird sie das tun?«
»Ja, Sir!«
»Dann zeig’ mir das doch mal…«
Morrisons letztes Wort war noch nicht verebbt, da geschah es
schon.
Es gab einen Knall, als ob jemand einen Stein durch eine
Fensterscheibe werfen würde.
Die Birne implodierte, und es wurde stockfinster. Das hätte
eigentlich nicht sein dürfen. Denn außer der
Schreibtischlampe brannten noch zwei Neonröhren über den
zugezogenen Fenstern.
Auch die erwischte es.
Der helle Knall der zerplatzenden Röhren erinnerte Morrison
unwillkürlich an zwei abgefeuerte Schüsse.
»Um Himmels willen!« rief er. »Was ist denn jetzt
passiert?«
»Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen, Inspektor«,
erwiderte der Junge darauf. »Ich habe etwas zu – heftig
gedacht! Da ist es eben passiert. Ich sagte Ihnen ja vorhin schon,
manchmal kriegt man die Dinge nicht unter Kontrolle. Dann weiß
ich selbst nicht, wie intensiv meine Gedanken irgendwo angreifen. Ich
bin eben sehr aufgeregt. Ich bitte um Ihre Nachsicht,
Sir…«
*
Das Ganze wirkte irgendwie erheiternd, aber auch erfüllt von
einem Ernst, den Morrison bisher nicht kannte.
Der Inspektor zündete rasch sein Feuerzeug an. Seltsamerweise
fühlte er sich hier in der Dunkelheit, in der Gesellschaft des
Jungen, nicht gerade sehr wohl.
Er seufzte. »Zu spät«, murmelte er. »Das eben
hatte ich nicht erwartet. Eine Birne hätte ja gereicht. Es kann
immer mal vorkommen, daß eine zu Bruch geht. Daß aber in
der gleichen Minute zwei Neonröhren auch noch ihren Geist
aufgeben – das war zuviel, Pepe! Die Rechnungsabteilung wird
murren, wenn die Reparaturkosten angefordert werden. Mußten es
gerade alle drei sein?«
»Ich war noch so in Fahrt, Sir«, entgegnete der Junge.
»Von vorhin. Das wirkt manchmal nach…«
»Soso!« Morrison ging in das Vorzimmer, schraubte dort
eine Birne aus und drehte sie in seine Schreibtischlampe.
Pepe wirkte ernst. Morrison führte das darauf zurück,
daß der Junge offensichtlich aufgrund seiner Kritik gewisse
Schuldgefühle entwickelte.
Da winkte er ab. »Das ist nicht nötig, Pepe. Das Ganze
vorhin war nur Spaß…«
Pepe nickte abwesend. Morrison konnte nicht wissen, daß der
schwarzgelockte Knabe ganz andere Gedanken im Kopf hatte, als sich um
die beiden Neonröhren und die Glühbirne zu grämen.
Pepe machte sich Sorgen um seine Rückkehr. Unmittelbar nach
seiner rätselhaften Ankunft im Hinterzimmer des Juweliers hatte
er versucht, wieder in die Wand einzudringen, aus der er
offensichtlich wie ein Gespenst gekommen war.
Doch die Rückwärtsbewegung hatte sich nicht einleiten
lassen. Offensichtlich bedurfte es eines Hilfsmittels, das er nicht
kannte…
Morrison hatte das Gefühl, weitersprechen zu müssen, um
Pepe aus seiner Nachdenklichkeit zu reißen.
»Nun hör mal zu, mein Junge«, begann er und legte
freundschaftlich den Arm um die Schultern seines mutigen
Gesprächspartners. »Für das, was du kannst, was du mir
eben demonstriert hast, habe ich schon lange eine Schwäche. Ich
habe nie so recht daran geglaubt – ich
Weitere Kostenlose Bücher