Macabros 075: Ustur - In den Ketten des Unheimlichen
Wie gerädert war er in
den frühen Morgenstunden, noch ehe der Tag graute, nach einem
unsanften Wecken aufgestanden.
Etwas von seiner Umgebung hatte er so gut wie nicht gesehen.
Der Mann, der sich Harald Martins nannte – Koster hatte allen
Grund zu zweifeln, daß es wirklich der richtige Name seines
Entführers war – hatte ihm ein schwarzes Tuch über den
Kopf gestülpt und ihn wieder in den engen VW geschoben.
Dann war Koster mit einer Wolldecke zugedeckt worden, und die
Fahrt hatte begonnen.
Einmal schien es ihm, als hätten sie eine Innenstadt
durchquert. Martins hatte öfters angehalten. Offensichtlich an
Straßenkreuzungen und Ampeln. Und im Hintergrund waren ganz
deutlich die Geräusche von Autos zu hören gewesen…
Dann herrschte wieder Stille.
Und diese Stille hielt auch jetzt noch an, nachdem sie ihren
Zielort erreicht hatten.
Wo das war, wußte er nicht. Er erinnerte sich daran, viele
Treppen gegangen zu sein…
Er fühlte sich schwach, müde, und die Angst nahm zu.
»Setzen Sie sich hierher…« sprach ihn Harald
Martins nach langer Zeit wieder an. Koster sah seinen Entführer
nicht. Noch immer trug er das schwarze Tuch um den Kopf.
Als es ihm herunter genommen wurde, mußte er nicht geblendet
die Augen schließen, weil etwas helles Tages- oder grelles
künstliches Licht seine Pupillen getroffen hätten.
Genau das Gegenteil war der Fall! Rundum war eine schummrige
Umgebung, eine Art fensterloser Kellerraum und stickig warm.
Ullrich Kosters feines Gehör empfing das Surren und Brummen
verborgener Maschinen und Geräte.
Der Platz, den Harald Martins ihm angeboten hatte, bestand aus
einer klobigen, grob zusammengehauenen Bank, die als einziges
Inventar in diesem Raum stand.
Erst jetzt löste Martins ihm die Hand- und
Fußfesseln.
Koster kam es vor, als wäre er von einer Zentnerlast
befreit.
Wortlos rieb er sich die Armgelenke, um das gestaute Blut wieder
in Wallung zu bringen.
»Wo bin ich hier?« fragte er matt.
»An einem sicheren Ort, bei jemand, der es gut mit Ihnen
meint.«
»Und wer ist dieser Jemand?«
»Sie werden ihn gleich kennenlernen.«
Es schien, als hätte es nur dieser Worte bedurft.
In diesem Moment wurde an der Schmalseite des Raumes eine Tür
geöffnet. Gedämpftes Licht fiel auf Koster, und er sah die
Silhouette eines kräftigen Mannes auf der Türschwelle.
Der Unbekannte trug eine dunkle Hornbrille und hatte hellblondes,
gescheiteltes und glattes Haar.
»Willkommen in meinem Institut«, sagte er in gebrochenem
Deutsch mit dänischem Akzent. Koster erkannte es sofort.
»In welchem – Institut?« Eine seltsame Ahnung stieg
in dem Entführten auf.
»Mein Name ist Dr. Eglund«, stellte der Mann sich vor.
»Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise?«
»Ich bin schon bequemer gefahren«, entgegnete Koster
gereizt.
»Nun – auf jeden Fall sind Sie wohlbehalten hier
angekommen. Die Strapazen haben für Sie ein Ende. Wie gut wir
miteinander auskommen werden, das liegt nur ganz allein bei
Ihnen.«
Eglunds Stimme behagte Koster nicht.
»Wenn Sie erst erkennen, daß Sie nicht der einzige
sind, der sich hier aufhält, werden Sie sich auch gleich wohler
fühlen«, fuhr der Däne fort. »Ich nehme an,
daß – falls Sie tatsächlich derjenige sind, für
den wir Sie halten - wir eine recht fruchtbare Zusammenarbeit haben
werden.«
»An was für eine Zusammenarbeit denken Sie?«
»Mein Fachgebiet ist die Erforschung der Grenzgebiete unserer
Wissenschaft und der parapsychologischen Phänomene«,
erhielt Koster zur Antwort. Dr. Eglund legte seine Hand auf die
Schulter des Entführten und schob ihn mit sanfter Gewalt zur
Verbindungstür, durch die er gekommen war. »Hier
drüben, Herr Koster, werde ich Ihnen alles erklären, werden
Sie alles erfahren, was für Sie notwendig ist. Sie sind doch
parapsychisch veranlagt, nicht wahr?« fragte er
beiläufig.
»Wie kommen Sie darauf?« Ullrich Koster wurde
hellhörig. »Ich werde das Gefühl nicht los, daß
Sie mich mit jemand verwechseln…«
In seinem Innern brodelte ein Vulkan. Ullrich Koster konnte sich
nicht vorstellen, daß es außer Camilla Davies, der sie
sich anvertraut hatten, nachdem sie erkannten, daß von ihr
nichts zu befürchten war, noch jemand gab, der über die
besondere Veranlagung seiner Schwester Marga und seiner eigenen
Bescheid wußte.
»Maria hat uns auf Sie aufmerksam gemacht«, antwortete
Eglund.
»Maria?«
»Sie werden Sie gleich kennenlernen. Auch ein Medium –
wie Sie…«
Der Raum auf
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