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Macabros 076: Ruf ins Vergessen

Macabros 076: Ruf ins Vergessen

Titel: Macabros 076: Ruf ins Vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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ihr
richtig bewußt.
    Gepflegte Wege führten durch die Anlage. Es gab Bänke,
kleine Springbrunnen und Teiche und Seerosen.
    In den meisten Fällen erkannte sie die Vegetation wieder. Aus
ihrer eigenen Welt.
    Die unheimlichen Widersprüche, mit denen Alexandra Becker
andauernd konfrontiert wurde, waren nicht dazu angetan, ihre
Grundstimmung zu verbessern oder zur Aufklärung beizutragen.
    Was man in einem solch großen und schönen Garten
erwartete, war Vogelgezwitscher. Das aber gab es nicht.
    Eigenartigerweise wurde das Gefühl in Alexandra, beobachtet
zu werden, immer stärker.
    Die blonde Zeichnerin ging den breiten Hauptweg entlang. Palmen
und blühende Hibiskussträucher säumten ihren Weg.
    Dann verharrte Alexandra Becker plötzlich im Schritt.
    Sie hörte leises Stöhnen.
    Es kam aus dem Dickicht.
    Mechanisch begann sie zu laufen.
    Sie eilte über eine Wiese, auf der Klee,
Gänseblümchen und Löwenzahn wuchsen und durch die ein
schmaler, gewundener Bach sprudelte.
    Die junge Frau sprang darüber hinweg und näherte sich
dem Busch.
    Dann sah sie, wie eine verkrampfte, blutverschmierte Hand sich
unter den Blättern vorschob und sich in ein Grasbüschel
krallte.
    Geschockt blieb Alexandra Becker stehen…
     
    *
     
    Wie kleine Schlangen bewegten sich die Finger der Hand.
    Alexandra starrte auf sie herab und war sekundenlang unfähig,
sich aus der Erstarrung zu lösen.
    Endlich gelang es ihr.
    Sie mußte an sich halten, um nicht aufzuschreien.
    Mit weichen Knien näherte sie sich dem Busch, teilte ihn mit
beiden Händen und sah, wie ein Mann mit letzter Kraft versuchte,
nach vorn zu kriechen.
    Alexandra Becker überwand ihre Scheu und Furcht und war dem
Mann behilflich, auf das Gras zu kommen, wo er erschöpft liegen
blieb.
    Er atmete hastig und flach. Das dunkelblonde Haar hing ihm
verklebt in die Stirn.
    Sein Gesicht war zerschunden und übersät mit Kratzern
und blauen Flecken.
    Auch die Kleidung hatte einiges abgekommen. Das Hemd war
aufgeschlitzt und zeigte einen Teil der nackten Schulter.
    Der Mann hatte einen Fotoapparat um den Hals hängen, den er
wie im Krampf umklammerte.
    »Wer sind Sie?« fragte Alexandra Becker erschreckt. Sie
riß ein Stück aus dem zerfetzten Hemd des Verletzten,
tauchte den zusammengeknüllten Stoff in frisches, klares
Bachwasser und tupfte dann die schweiß- und blutverschmierte
Stirn des Mannes ab, wusch sein Gesicht und seine Hände.
    »Danke, das tut gut«, sagte der Fremde schwach.
»Durst… träufeln Sie Wasser auf meine… Lippen,
bitte!«
    Alexandra Becker wrang den Lappen gründlich aus und benetzte
dann die Lippen des Mannes, der jeden Tropfen gierig leckte.
    Zum Glück erwiesen sich die Verletzungen an seinem
Körper als nur oberflächlicher Natur und nicht
ernsthaft.
    »Ich bin Paul Denner… und Sie? Wer sind…
Sie?«
    Alexandra Becker schluckte erst trocken, ehe sie antwortete. Das
also war der Mann, dessen sonderbares, mysteriöses Verschwinden
von seiner Frau in allen Einzelheiten beobachtet worden war, ohne
daß sie das geringste dagegen hatte tun können…
    Nach und nach tauschten sie Erfahrungen aus, die sie gegenseitig
gemacht hatten.
    Alexandra erfuhr, daß Paul Denner erst vor kurzer Zeit
wieder zu sich kam. Nach dem orkanartigen Sturm, der ihn in das
schwarz gähnende Loch im Himmel riß, wußte er nicht,
was sich im einzelnen ereignet hatte.
    Beim Erwachen lag er in einer steinigen, von zerklüfteten
Bergen umgebenen Ebene, auf der sich eine dünn gefrorene
Schneeschicht befand. Die Bäume dort waren ohne Laub und hatten
schwarze, wie anklagend in den grauen Himmel ragende Zweige. Es war
entsetzlich kalt gewesen.
    Denner entdeckte eine Schleifspur und brachte damit in
Zusammenhang, daß er diese Spur selbst verursacht hatte. Er war
wie von unsichtbaren Händen förmlich über den
steinigen Untergrund gezerrt worden. Dabei zerriß seine
Kleidung, und er zog sich die Verletzungen zu.
    Ohne zu wissen, wie lange er unterwegs war, durchquerte er das
steinige Tal, erreichte eine holprige, von Eis und Schnee befreite
Straße und gelangte durchgefroren an die ›Burg‹, wie
er die Anlage hier bezeichnete.
    »Sie ist massig«, beendet er seine Ausführungen.
»Gewaltige Mauerwerke umrahmen ein Anwesen, das aus zahllosen
Gebäuden, Nebengebäuden, Türmen, Anbauten,
überdachten Innenhöfen und Säulenarkaden besteht. Nur
ein einziges Tor gibt es in der Schutzmauer. Und das war
geöffnet, als ich es erreichte. Nachdem ich es passiert hatte,
schloß es sich wie

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