Macabros 082: Das magische Vermächtnis der grauen Riesen
sah, einen
weiteren abgelegenen zu erreichen.
Doch er kam nicht mal mehr bis dahin. Es waren ungefähr
dreißig Meter.
Der Steinquader verschloß den Zugang zum Korridor. Alle
Zugänge wurden dicht gemacht! Es hatte auch keinen Sinn mehr,
die an den glimmenden Wänden entlang laufenden, schmalen Treppen
zu benutzen.
»Das ist auch zu!« brüllte Arson, der losgespurtet
war und dann enttäuscht stehen blieb.
Ringsum vernahm man plötzlich leise, fauchende
Geräusche.
Aus dem Boden wuchs rasend schnell etwas empor.
Riesige Blüten auf schaukelnden, zerbrechlich wirkenden
Stengeln.
Die Blumen waren schimmernd schwarz, tiefrot oder dunkelviolett
und glühten in einem unfaßbaren, erregenden
Saphirblau.
Während diese unheimlichen Blüten aus dem Boden schossen
wie die Pilze und einen regelrechten Dschungel bildeten, entstand in
der Luft gleichzeitig ein betäubender Duft, der ihnen zu
schaffen machte. Die riesigen, bizarren Blütenblätter
entfalteten sich. Björn und Arson, die beide schon auf
erstaunliche Welten verschlagen wurden, konnten sich nicht daran
erinnern, jemals etwas Ähnliches gesehen zu haben.
Die Blüten überragten sie um ein Vielfaches und
breiteten ihre riesigen, fleischigen Blätter wie ein Dach
über sie aus.
Deutlich zu hören war ein Zischen, das an Stärke und
Intensität zunahm.
»Gas!« brüllte Arson, der plötzlich
verstand.
Er taumelte. Vor seinen Augen begann alles zu kreisen. Björn
Hellmark spürte ebenfalls schon die Wirkung.
Instinktiv riß er das Schwert des Toten Gottes empor und
versetzte dem ersten Blütenstengel einen Hieb.
Die Schneide senkte sich tief in den faserigen, armdicken
Stengel.
Eine schwarz-gelbe Masse trat zähtropfend hervor. Der Stengel
ließ sich mit dem ersten Hieb nicht durchtrennen. Ein zweiter
Hieb! Er erfolgte schon kraftloser. Hellmark merkte, wie der Duft
seine Glieder lähmte, sich in den ’ hintersten Winkeln
seines Hirns festsetzte und seinen Willen betäubte.
Wie von einer unsichtbaren Hand berührt, taumelte er nach
vorn, stolperte und fiel gegen einen Blütenstengel.
Björn registrierte durch verschleierte Augen, daß alle
Blüten aus den schwarzen Bodenplatten gewachsen waren. Die roten
waren noch frei. Unwillkürlich drängte sich ihm der Gedanke
auf, daß er geschoben wurde wie eine Schachfigur auf einem
riesigen Spielfeld.
Das Zischen wurde so laut, daß es in seinen Ohren
schmerzte.
Er konnte nicht mehr anders, ließ das Schwert los und
preßte beide Hände an die Ohren, um das unangenehme
Geräusch fernzuhalten. Aber selbst durch seine geschlossenen
Ohren drang es ihm ins Bewußtsein, als würden die
Töne durch die Poren Eingang in seinen Organismus finden.
Björn drehte sich wie ein Kreisel um seine eigene Achse. Er
brach auf die Knie. Ein dichter Schleier hatte sich vor seine Augen
gelegt. Seine Sinne waren betäubt. Er sah nur noch Blüten
über sich, die in wildem, unheimlichem Licht zu leuchten
begannen. Die Blütenblätter wurden zerzaust und zerrissen
wie unter einem furchtbaren Sturm.
Alles ringsum war in Auflösung begriffen.
Er sah Arson, der nur wenige Meter entfernt sich auf dem Boden
wälzte und von einem herabsegelnden, tiefgrün
glühenden Blütenblatt bedeckt wurde.
Hellmark wehrte sich gegen die Bewußtlosigkeit. Aber das
betäubende Gift war stärker.
Er riß die Augen auf, weil er hoffte, noch alles
mitzubekommen, während sein Körper schon den Dienst
aufkündigte.
Der letzte Eindruck war der wirbelnde, düstere Himmel
über ihm. Das verschlungene, versponnene Netzwerk blühte in
den Farben der Blüten, die einen bizarren, intensiv duftenden
Dschungel bildeten.
Ehe sein Bewußtsein vollkommen erlosch, glaubte er zu
erkennen, daß die einzelnen Netzstränge in der Tiefe des
unüberschaubar großen Saales verschwanden und eine gewisse
Ähnlichkeit mit Millionen und Abermillionen aneinandergeketteten
Hirnzellen hatten…
*
Der großgewachsene Mann aus Basel begann an seinem Verstand
zu zweifeln.
Er glaubte an eine Art Wiedergeburt oder an eine Existenz in
irgendeiner Form nach der körperlichen Auflösung –
aber er fand keine Erklärung für das, was er jetzt
erlebte.
»Ich möchte Sie warnen«, sagte die Stimme des
Mannes auf der Schwelle zum Eingang der geheimnisvollen Pyramide.
»Ich habe einen Teil dessen mitbekommen, was sich hier
abgespielt hat.«
»Sie sind die ganze Zeit… schon hier?« Bernhard
Künzl reagierte ganz automatisch.
»Nicht die ganze Zeit über…
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