Macabros 082: Das magische Vermächtnis der grauen Riesen
waren die Hauptdämonen Shab-Sodd,
Utosh-Melosh-Orsh, der dreiköpfige Lügengott und vor allem
der furchtbare Nh’or Thruu, der Irre von Zoor zu Haus. In der
Mikroweit schien es kaum einen Ort zu geben, der nicht von den
mächtigen Dämonen eingenommen war…
Ehe Ak Nafuur Marlos verlassen hatte, ließ er lediglich
durchblicken, ihm eine Zeitspanne von drei Tagen zu geben. Er wollte
sich mit einem Mann namens Baktar in Verbindung setzen. Baktar war
ein Zigeuner, der von Zeit zu Zeit irgendwelche Vorführungen
machte, über die Ak Nafuur sich nicht näher ausgelassen
hatte. Der weiße Priester hatte Rani mitgeteilt, daß man
eventuell über Baktar etwas über seine Absichten erfahren
könnte.
Von Anfang an war klar gewesen, daß Ak Nafuur sich auf ein
gefährliches Abenteuer einließ, daß er nicht gern
eine weitere Person mit hineinziehen wollte. Tag für Tag hatten
die Zurückgebliebenen auf der Insel auf Ak Nafuurs Rückkehr
gewartet, auf ein Lebenszeichen von ihm und eine Nachricht.
Rani hatte sich trotz eines unguten Gefühls drei Tag lang
dazu gezwungen, Ruhe zu halten, nichts zu unternehmen, sich nicht auf
die Suche nach Ak Nafuur oder Baktar zu begeben. Er wollte durch sein
Verhalten nicht möglicherweise etwas stören, das sich in
völliger Ruhe entwickeln mußte.
Doch nun waren drei Tage vergangen, und von Ak Nafuur gab es kein
Lebenszeichen ; genau nach dieser Zeitspanne wollte
’er ursprünglich wieder nach Marlos zurückkehren. Das
wäre dann der Hinweis darauf gewesen, daß er etwas in die
Wege geleitet oder abgeschlossen hatte.
Sein Fernbleiben aber gab zu den größten
Befürchtungen Anlaß…
Fast auf die Stunde genau vor drei Tagen als Ak Nafuur
aufgebrochen war, verließ auch Rani Mahay Marlos.
Dazu bedurfte es keiner technischen Hilfsmittel, die auf Marlos
auch sowieso nicht vorhanden waren.
Es genügte der Geist. Jeder, der eine gewisse Zeit auf der
unsichtbaren Insel verbracht hatte, war imstande, sich mit reiner
Gedankenkraft an jeden beliebigen Ort außerhalb Marlos< zu
versetzen.
Rani teleportierte nach der französischen Stadt Arles.
Am frühen Mittag kam er dort an. Der Himmel war
blaßblau, die Atmosphäre windstill.
Der Inder schlenderte durch die belebten Straßen, um sich
einen ersten Eindruck seiner neuen Umgebung zu verschaffen.
Ak Nafuur hatte verlauten lassen, daß in Arles zuletzt ein
Zirkus gastierte, in dem der Zigeuner Baktar aufgetreten war.
Wenn das noch stimmte, gab es in der Stadt Hinweise durch
Plakate.
Er entdeckte eines an einer Hauswand neben einem verwitterten, vom
Regen verwaschenen Plakat für ein Waschmittel.
›Wir sind in der Stadt! Der Zirkus ALBATROS erwartet Sie.
Menschen – Tiere, Sensationen… Kommen Sie… staunen
Sie!‹
Jeden Tag waren zwei Vorstellungen, eine nachmittags, eine am
Abend. Das Zelt stand am Stadtrand Richtung Avignon. Hoffentlich war
es der Zirkus, mit dem Baktar etwas zu tun hatte…
Rani Mahay hatte kein Geld dabei. Bis zum Standplatz des
Zirkus’ aber war es ein lange Weg.
Wieder wäre es für Rani eine Leichtigkeit gewesen, sich
auch an diese Stelle zu versetzen. Doch jedesmal war es notwendig,
den ›Sprung‹ von Marlos aus in die Wege zu leiten. Das
kostete Energie. Die wollte Rani anderweitig benutzen für den
Fall, daß Anforderungen auf ihn zukamen, die sich nicht mit
leichter Hand erledigen ließen.
Er lief durch die Straßen, sprang einmal auf einen
anfahrenden Bus, fuhr fünf Stationen weiter und verließ
ihn wieder, als der Schaffner in dem überfüllten Bus
langsam in Mahays Richtung vorwärts kam.
Noch eine Viertelstunde war der Inder unterwegs, ehe er an seinem
Ziel eintraf.
Es war ein kleines, farbenfroh bemaltes Zelt. Im Quadrat waren die
beigebraunen angemalten Wagen aufgestellt. Der Duft von frischem
Sägemehl und Tieren breitete sich aus.
Rani Mahay atmete tief durch.
Ein vertrauter Geruch. Er fühlte sich sofort wie zu Haus, und
Wehmut stieg in seinem Herzen auf, als er vor dem Raubtierkäfig
stand, in dem zwei prächtige Tigerkatzen mit geschmeidigen
Bewegungen hin- und herliefen.
Seine eigene Zeit, als er noch als ›der Koloß von
Bhutan‹ in den größten Manegen der Welt auftrat,
stieg vor seinem geistigen Auge wieder auf. Mit einer einmaligen
Raubtiernummer war er aufgetreten. In der offenen Manege war er mit
gemischten Raubkatzen aufgetreten und hatte die ungezähmten,
wilden Tiere mit bloßem Willen in Schach gehalten.
Nach seiner Erkenntnis, daß sein Platz eigentlich an der
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