Macabros 082: Das magische Vermächtnis der grauen Riesen
war.
Der Umhang schlackerte um den Körper und verdeckte auch die
Flügel nicht, die aus den Schulterblättern wuchsen und
darauf hinwiesen, daß diese Gestalt irgendwann mal in der Lage
gewesen war, sich in die Lüfte zu erheben und sie wie ein Vogel
zu durcheilen.
Von diesen Flügeln war nur noch das Knochengerüst
übrig. Es gab keine Muskelstränge mehr, keine
Spannhäute…
Skashs ganzer Körper war nur noch der eines Skeletts. Und
doch lebte er und bewegte sich, konnte sprechen, hören,
sehen… mit der Macht seines magischen Geistes, der zu Hause war
in diesem Knochenkörper und in jedem Winkel der
rätselhaften Pyramide, die in einer fremden, fernen Welt auf die
Rückkehr des Umhang-Trägers gewartet hatte…
*
Die Insel lag zwischen Hawaii und den Galapagos. Keine Karte der
Welt verzeichnete sie. Ihr Name war Marlos. Sie war unsichtbar, und
nur eine Handvoll Menschen wußte von ihrer Existenz.
Marlos war das Vermächtnis der weißen Priester aus
Xantilons fernen Tagen an Björn Hellmark.
Auf der Insel hielten sich zur Zeit Pepe, Hellmarks Adoptivsohn,
Jim, der Guuf, Camilla Davies, Alan Kennan und des öfteren auch
Anka Sörgensen-Belman auf, die die Freunde bei ihrer Suche nach
Carminia Brado, Björn Hellmark und Arson unterstützen
wollte.
Auch Rani Mahay war noch auf der Insel, obwohl er während der
letzten vierundzwanzig Stunden einige Zeit irgendwo
›außerhalb‹ zugebracht hatte, um nach einer anderen,
zusätzlichen Möglichkeit zu suchen.
Von Marlos aus war alles getan worden, was man hatte tun
können.
Der Spiegel der Kiuna Macgullyghosh, der eine der
großartigen Trophäen Hellmarks in der Geister-Höhle
war, ließ sich nicht einsetzen, um in die Mikroweit
vorzustoßen. Auch der ›Geister-Spiegel des Hestus‹
eröffnete keine derartige Möglichkeit.
Sinnlos wäre es gewesen, einfach mit einem Hilfsmittel in die
Mikroweit vorzustoßen. Der Vorstoß mußte gezielt
erfolgen. Hellmark und seine Begleiter befanden sich in großer
Not, sonst wären sie längst zurückgekommen. Vielleicht
lebten sie auch schon lange nicht mehr. Diese furchtbare
Möglichkeit mußte man ebenfalls in Betracht ziehen, obwohl
keiner so recht daran glauben wollte.
Gerade nach einer Möglichkeit, direkt dorthin
vorzustoßen, wo die Vermißten sich in etwa befanden,
suchte Mahay. Die Freunde lebten auf Zoor. Das Tor nach Zoor war
verschlossen. Mit dem Verschwinden der magischen Kammern im Innern
eines Ruinenrestes, der mitten im afrikanischen Dschungel wie ein
Meteor auf die Erde gekommen war, gab es diesen Einlaß nicht
mehr.
Rani Mahays erklärtes Ziel war es jedoch, einen Weg zu
erschließen, der direkt nach Zoor führte. Jede andere Welt
war unbrauchbar, und doch war der treue, besorgte Inder bereits so
weit, selbst nach diesem Strohhalm zu greifen, wenn keine andere
Möglichkeit mehr blieb. Das würde dann in etwa so sein, als
brauchten Verschollene auf dem Mars Hilfe, aber die Suchmannschaft
wäre lediglich in der Lage, bis zum Mond zu kommen.
Doch möglicherweise gab es auf dem Erdtrabanten dann als
Zwischenstation einen Weg, der irgendwie weiterführte. So war es
Mahay selbst gleich, sich in den Mikrokosmos katapultieren zu lassen,
wenn es einen Weg gäbe. Die Hauptsache war für ihn, erst
mal ›drüben‹ zu sein. Das konnte das Ende, aber auch
nur eine Zwischenstation sein. Alles ließ sich einfach nicht
überschauen, wenn man sich nicht direkt in eine Situation begab,
die völlig neue Überlegungen und Entscheidungen
erforderte.
Rani Mahay, der legendäre Koloß von Bhutan, aber war im
Augenblick nicht gefordert, eine solche Entscheidung zu treffen. Er
sah gar keine Möglichkeit, die normale Welt zu verlassen.
Ak Nafuur, der ebenfalls seit einiger Zeit Bewohner von Marlos
war, schien jedoch eine solche Möglichkeit gekannt zu haben.
Doch er hatte wegen einer offensichtlich nicht überschaubaren
Gefahr keinen Hinweis auf das gegeben, was er zu tun
beabsichtigte.
Ak Nafuur war Jahrtausende lang der Dämonenpriester
Molochos’ gewesen. Als solcher hatte er tiefen Einblick gewonnen
in die Absichten, Fähigkeiten und Strategien der Mächtigen
der Finsternis. Nun, nach seiner Rückkehr zu den Menschen, war
Ak Nafuur ein glühender Streiter an der Seite Björns
geworden. Seine Kenntnisse waren für die Frauen und Männer
um Hellmark unbezahlbar.
Doch was die Welten im Mikrokosmos angingen, schien auch Ak Nafuur
nur geringfügiges Wissen zu besitzen. Das war nicht sein
Bereich. In der Mikroweit
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