Macabros 084: Horron - Kontinent des Vergessenen
Tausende
tauchten auf… Carminias und Arsons. Kopien, Puppen. Nh’or
Thruu hatte sie erst kürzlich geschaffen, um sein wahnsinniges
Spiel mit Leib und Seele seiner Gefangenen zu treiben.
Die Gestalten wirkten seltsam kraftlos. Sie wankten, taumelten,
einige stürzten zu Boden und konnten sich nicht mehr
erheben.
Mit ihnen ereignete sich Gespenstisches.
Die Köpfe lösten sich von ihren Schultern wie
mürbes Fleisch vom Haken. Die künstlichen Schädel
begannen grün zu glühen und zerfielen. Wenige Augenblicke
später wurden auch die Körper zu Staub.
Das große Sterben auf Nh’or Thruus unheimlicher Welt
begann.
Mit ihm – ging alles andere…
»Und ihr…«, höhnte er in seiner letzten
Sekunde, »werdet beim Finale zugegen sein! Auch ihr gehört
in diese Welt – nichts und niemand kann euch vor der Vernichtung
bewahren. Der Vorhang zum letzten Akt hat sich gehoben… das
große Spiel, das Spiel meines Daseins, geht zu Ende… das
Chaos ist überall…«
Seine Stimme hallte nach. Der dick aufgeblähte
Blütenstengel platzte, und Millionen grün-grauer Sporen
jagten empor zur Gewölbedecke, wo das Netz riesige Lücken
und Löcher aufwies und sich weiter auflöste.
Die Sporenwolke verteilte sich unter der Decke und sah unheimlich,
bedrohlich aus. Die Puppe des Herrschers von Zoor fielen wie die
Mücken, wie Halme, durch die die Sense fährt.
Und es kam so, wie Nh’or Thruu gesagt hatte.
Wie ein Vorhang hoben sich die durchlöcherten
Felsenwände zu allen Seiten und gaben den Blick frei in eine
endlose, düstere Weite. Das schwarze, leicht gewellte Meer
reichte bis zum Horizont.
Die Insel mit dem eigenwilligen Thron versank vor den Augen der
beiden entsetzten Menschen. Gurgelnd schlug das schäumende
Wasser über dem geöffneten Kopf Nh’or Thruus zusammen,
dann begann die riesige Meeresfläche vor ihnen zu wachsen.
Schwarz und drohend stieg die Wand aus schwarzem Wasser vor ihnen
empor, der Orkan brach los, und eine Wasserwand jagte brüllend
und tosend auf sie zu…
*
Er befand sich am gleichen Ort. Björn Hellmark, der Herr von
Marlos, der blonde Abenteurer, der sein Leben dem Kampf gegen die
Geister und finsteren Mächte geweiht hatte, die sich
anschickten, die Erde zu erobern.
Es war der gleiche Ort – das Innere der unterirdischen
Höhle Nh’or Thruus.
Doch es war nicht die gleiche Zeit. Zwanzigtausend Jahre trennten
Hellmark von Carminia und Arson. Die Zeitspanne zwischen ihnen war
unüberbrückbar.
In der fernen Vergangenheit war die Höhle anders gewesen als
zu jener Zeit, in der Carminia und Arson sich in ihr befanden und die
Flucht vor der brausenden Wasserwand antraten.
Hellmark war in Apokalyptas Gewalt geraten.
Die ›Ewige Unheilbringerin‹, wie sie apostrophiert
wurde, hatte alles aufgeboten, um ihren Todfeind zu vernichten. Schon
einmal – in jüngster Vergangenheit aus Gegenwartssicht
– glaubte sie sich ihrem Ziel nahe. Doch dann war es Hellmark
abermals gelungen, sich dem Zugriff der Dämonin zu
entwinden.
Apokalypta hatte diese Niederlage nicht vergessen. Und noch nicht
verschmerzt… Ihre Wut, ihr Haß Hellmark gegenüber
waren ins Unermeßliche gestiegen.
Als der Mann, dem sie den Tod geschworen hatte, von harter Hand
über den feuchten, kalten Plattenboden geschleift wurde,
triumphierte sie.
Das Innere der Höhle, das Björn Hellmark noch vor
wenigen Minuten anders wahrgenommen hatte, bot sich ihm nun
völlig verändert dar.
Eine weite Halle dehnte sich vor ihm aus, die am ehesten
vergleichbar war mit einem riesigen, ovalen Saal im Innern eines
unwirklichen Palastes.
Goldornamente schimmerten an den einfarbigen Wänden. Die
Ausgänge hatten die orientalische Zwiebelform, und dahinter
zeigten sich schummrige Korridore und Gänge.
Die Wände waren durchsichtig. Der Blick führte in eine
grenzenlose Ferne. Dunkel und wildbewegt war das Wasser, das
außerhalb der durchsichtigen Mauern gegen felsiges Gestade
schwappte.
Das Meer war übersät von unheimlich anzusehenden
Galeeren.
Apokalyptas todbringende Armada…
Die Schiffe schaukelten auf der schweren See wie Nußschalen.
Die weit gespreizten echsenartigen Flügel, die zu beiden Seiten
aus den Rümpfen ragten, wirkten wie Ausleger, die die Galeeren
stabil hielten. Deutlich war zu sehen, daß die Schiffe manchmal
über die Wellenberge hinausgetragen wurden, sie drohten zu
kentern. Minutenlang schwebten sie dann wie bizarre Fluggeräte
über der aufgewühlten See, deren tiefes, monotones Rauschen
durch
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