Macabros 086: Die Horron-Barbaren
entrann es Carminias Lippen.
»Die Entwicklung in allen Stadien hat jener Jonathan Pallert
durchgemacht. Er war ein ganz normaler Mensch, wurde dann zu einem
Primitiven aus der Steinzeit und schließlich Flug-Vampir. Und
die letzte Stufe, die Rani und ich von ihm wahrnehmen konnten, war
der Horron-Barbar in der Gestalt des Fischmenschen. Rani konnte ihn
beobachten, wie er in einem farbigen Ringgebilde im Wasser
verschwand, raketenschnell zur Winzigkeit schrumpfte und mit dem
Strom der zum Meer fließenden Moleküle in die Weite des
Ozeans getragen wurde. – Nun hat durch die Ereignisse auf dem
Luxusdampfer Rani allen Grund anzunehmen, daß der Horron-Barbar
nochmal zurückgekommen ist. Durch eine Meldung, die uns Richard
Patrick aus New York zukommen ließ, hat er von den
außergewöhnlichen Vorkommnissen auf der YOUNG LOVE
erfahren…«
»Was ist das für ein Schiff, Ak?«
»Es befindet sich auf dem Weg nach den Bahamas, an Bord
sollen rund zweihundert Menschen sein. Schon in der Nacht nach dem
Auslaufen kam es an Bord zu einem unheimlichen Zwischenfall. Mehrere
Zeugen gleichzeitig wollen gesehen haben, wie ein fischähnliches
Monster eine junge Frau über die Reling zerrte und mit in die
Tiefe riß. Eine sofort eingeleitete Suchaktion blieb ohne
Erfolg. Jonathan Pallert ist in einem Stadium seines Lebens
fischähnlich gewesen…«
Carminia Brado nickte. »Ich verstehe«, sagte sie, und
ihre Gedanken formten aus dem Mosaik der Neuigkeiten das fertige
Bild. »Das Aussehen des Meermonsters hat ihn veranlaßt,
sich auf den Dampfer zu begeben, um sich aus allernächster
Nähe ein persönliches Bild von den Dingen zu verschaffen.
Wann machte er sich auf den Weg, Ak?«
»Vor etwa zwölf Stunden…«
»Zwischendurch ist er nicht nochmal nach Marlos
zurückgekommen?«
»Nein…«
»Das macht mir Sorge, Ak…«
»Uns ebenfalls, Carminia. Er müßte längst
zurück sein oder hätte zumindest eine Meldung abstrahlen
können. Einer von uns hätte längst versucht, etwas
über sein Schicksal in Erfahrung zu bringen. Aber er allein
kennt die Koordinaten der YOUNG LOVE und war über ihre Position
und Geschwindigkeit unterrichtet. Richard Patrick hat sie in
Erfahrung gebracht.«
»Und ein Besuch bei Patrick hat nichts ergeben, nicht wahr?
Aufgrund der vorangegangenen mißglückten Versuche hat er
unter Ranis Anweisung die Koordinaten nicht preisgegeben, um den
Schaden nicht noch zu vergrößern oder um abzuwarten, was
dabei herauskommt, ehe einer ein weiteres Wagnis unternimmt...«,
sinnierte Carminia halblaut Sie konnte sich nur zu gut vorstellen,
daß Ranis und Richards Überlegungen in diese Richtung
gegangen waren…
»Wir müssen wissen, wie weit Rani gekommen ist, was er
wirklich gefunden hat und ob die Wahrnehmung auf der YOUNG LOVE
wirklich etwas mit den Vorgängen um Björn im Mikrokosmos zu
tun hat…, ich für meinen Teil habe einigen Grund, dies zu
bezweifeln. Und Arson…« Sie wandte den Blick, um den
Freund, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, in das Gespräch
einzubeziehen. »Arson?« fragte sie verwundert und blickte
in die Runde.
Er war weit und breit nicht zu sehen. Es schien, als hätte
der Boden ihn verschluckt…
*
In einem anderen Kosmos, der sich mitten in der Welt befand, aber
so winzig war, daß er menschlicher Sehkraft nicht
zugänglich war…
Dort hing Hellmarks Leben an einem seidenen Faden.
Der blonde Abenteurer steckte bis zur Brust in dem weichen Sand,
wie in einem Trichter, der spitz nach unten zulief. Björn hatte
das Gefühl, als befände sich unter seinen Füßen
ein riesiges Loch, das nur mit einer hauchdünnen Sandschicht
bedeckt war. Sobald er sich wieder bewegte und verzweifelt versuchte,
dem Sog des rieselnden Sandes zu entfliehen, würde auch diese
letzte dünne Schicht sich öffnen und er ruckartig in die
Tiefe gerissen werden.
Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn. Es bereitete ihm
unsägliche Mühe, sich still zu verhalten.
Trotz der Reglosigkeit, die er sich aufzwang, rutschte er wieder
einige Zentimeter tiefer.
Turrak stand in Reichweite vor ihm und lachte, daß es in der
zwielichtigen, labyrinthischen Höhle schaurig widerhallte.
»Und nun?« fragte er höhnisch. »Was machst du
jetzt mit deinem Degen, Kaphoon? Jetzt nützt er dir gar nichts
mehr…« Seine dunklen Augen blitzten den Hilflosen kalt
an.
Hellmark hielt die Waffe noch immer in der Hand. Der Degen steckte
gut zur Hälfte im lockeren Sand. Mit einem einzigen scharfen
Ruck hätte Björn ihn
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