Macabros 086: Die Horron-Barbaren
in Schweigen und
hält sich nur noch in seiner Hütte auf. Wenn man heimlich
einen Blick durch die Fenster wirft, sieht man ihn am Tisch sitzen
und irgendwelche Zahlenkolonnen, Skizzen und Zeichen auf Papier
malen. Es sieht gerade so aus, als entwerfe er einen Weg, der zu
einem geheimnisvollen Ziel führt…«
Pepe biß sich auf die Unterlippe. »Ich glaube, sie
haben etwas Großes vor. Björn muß sich in
größter Gefahr befinden. Nicht umsonst haben sie uns
eingeschärft, bei unseren Ausflügen noch größere
Vorsicht walten zu lassen, gleichzeitig aber auch die Augen offen zu
halten nach ungewöhnlichen Ereignissen. Und die Besuche bei
Richard Patrick in New York erfolgen in immer kürzeren
Abständen. Ak Nafuur zieht offensichtlich alle
Möglichkeiten in Betracht…«
Jim rollte seine großen runden Augen. »Warum
können wir nichts anderes tun als warten, als hier herumsitzen
und Däumchen drehen?« Er schüttelte verzweifelt den
Kopf. »Dabei… habe ich so etwas wie eine Ahnung in
mir… ein schwacher, kaum faßbarer Gedanke drängt in
mein Bewußtsein…«
Pepe reagierte sofort. »Was ist es, Jim?«
Der Gefragte zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht,
kann es nicht ausdrücken, Pepe… es ist ein Gefühl, wie
ich es nie zuvor hatte. Es ist so, als ob in meinem
Unterbewußtsein ständig ein Bild versucht zu entstehen,
aber die Konturen sind zu schwach und unscharf, um richtig von mir
wahrgenommen zu werden. Etwas will sich mir mitteilen, aber es ist
verschüttet…«
Pepe schluckte und starrte seinen eigenartigen Freund an.
»Das muß es sein…« wisperte er wie in Trance.
»Björn hat es immer vermutet – es stimmt
also…«
»Wahrscheinlich. Er war überzeugt davon, daß mich
die Kugelköpfe aus der Vergangenheit deshalb töten wollten,
weil ich irgendwann in meiner Entwicklung an Bewußtseinsinhalte
kommen könnte, die für die dämonischen Guuf und die
Drahtzieher im Hintergrund eine Gefahr darstellten…« Seine
Stimme war zuletzt immer leiser geworden. Er schloß die Augen
und preßte beide Hände gegen sein Gesicht, das heiß
war wie im Fieber.
»Vielleicht hängt es mit den Ereignissen im Mikrokosmos
zusammen?« Pepe bemühte sich, seine Erregung nicht merken
zu lassen.
»Ich weiß nicht… nein, ich glaube nicht…, das
kann es nicht sein, Pepe. Es ist etwas anderes… je mehr ich mich
jedoch darauf konzentriere, desto undurchsichtiger und ferner
erscheint es mir. Es ist, als würden zwei Kräfte in mir
sich gleichzeitig bekämpfen… vielleicht wird es noch
stärker. Ich werde in mich hineinlauschen. Und vor allem mit
jemand sprechen.«
»Tu das«, nickte Pepe aufgeregt. Die wichtigsten
Gesprächspartner, die sie im Augenblick hatten, waren Richard
Patrick, mit dem sie öfter zusammen kamen, Danielle de
Barteaulieé, eine junge Französin, die eine weiße
Hexe war und das volle Vertrauen Björns besaß – und
natürlich Ak Nafuur, der Priester, der sich nach einem
Jahrtausende währenden Irrweg als Molochos schließlich
wieder auf die Seite der Menschen geschlagen hatte.
»Ich werde Ak damit belästigen. Vielleicht hat er eine
Idee, was es sein könnte… am liebsten wäre mir
natürlich Björn oder Rani oder Carminia, die
aber…« Jim wandte sich in diesem Moment vom
›Geisterspiegel des Hestuus‹ ab und unterbrach sich abrupt.
»Carminia?« stieß er zischend wie eine Schlange
hervor. »Pepe! Kneif mich… versetz’ mir einen Tritt!
Sieh’ doch nach vorn und sag’, daß du es auch
siehst!«
Der dunkelgelockte Junge aus Yucatáns Urwäldern wollte
etwas sagen, als er seine Augen in die Blickrichtung Jims lenkte,
brachte aber im ersten Moment keinen Ton heraus. Es schien, als
würden unsichtbare Hände ihn würgen.
Dann aber brach es aus ihm hervor. »Carminia!« Er schrie
es einfach heraus. Dann lief er los, im gleichen Augenblick, als auch
Jim spurtete.
Sie sahen sie beide.
Nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt schimmerte die Gestalt
der schönen Südamerikanerin durch die Blätter der
Bäume.
»Sie ist zurück!« keuchte Jim und lief, als ginge
es ums Leben. Seine Augen leuchteten, und ein warmes
Glücksgefühl durchrieselte ihn.
Carminia war wieder auf Marlos! Etwas Entscheidendes war
geschehen… und wo Carminia war, konnte Björn nicht weit
sein…
*
»Carminia!«
Sie riefen ihren Namen. Die Brasilianerin hörte sie schon von
weitem.
Jim und Pepe rannten zum Strand.
In zwei nahen Blockhäusern wurden die Türen
aufgerissen.
Danielle de
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