Macabros 086: Die Horron-Barbaren
nach Marlos zurückzueilen.
Diese Überlegung war es, die Carminia Brado veranlaßte,
ihre Aufmerksamkeit noch zu erhöhen.
Gab es noch immer die gleiche Gefahr, die rund vierhundert
Menschen spurlos verschwinden ließ?
Die Brasilianerin lauschte in die Nacht, in die Einsamkeit, lief
über alle Decks und war einen Blick in fast jede Kabine, sowohl
in die der Mannschaft als auch der Passagiere. Sie hoffte noch immer,
wenigstens einen Toten oder Verletzten zu finden, damit sie sich ein
Bild von den Vorfällen auf der »Young Love« hätte
machen können.
Sie lief über die Treppe nach oben, als sie eine Stimme
vernahm.
»… melden Sie sich… bitte, melden Sie sich…
was ist denn los bei euch?«
*
Drei Sekunden stand sie da, als würde eine unsichtbare Hand
sie festhalten.
Die Stimme kam aus der Kabine des Funkers!
Die »Young Love« wurde von der Festland-Station in St.
Augustine gerufen.
Der Sprecher wiederholte seine Meldung mehrere Male.
»Warum antworten Sie uns nicht?« Der Ruf war nur von
geringen atmosphärischen Störgeräuschen begleitet.
»Am späten Nachmittag hat eine Suchmannschaft mehrere Male
Ihre Position umkreist. Auf dem Schiff ist doch alles in
Ordnung… im Auftrag des Eigners schicken wir mit Beginn des
neuen Tages noch mal ein Flugzeug los, wenn Sie uns nicht antworten.
Bitte, antworten Sie uns…«
Da gab es jemand, der hätte antworten können.
Carminia Brado…
Doch sie wollte die Rätsel um dieses Gespensterschiff nicht
noch vergrößern.
Sie kehrte auf Deck zurück, erfüllt von allerlei
trüben Gedanken.
Was war aus den Menschen dieser Kreuzfahrt geworden?
In verantwortlicher Position gab es offensichtlich schon
Kenntnisse darüber, daß es auf der »Young Love«
nicht mit rechten Dingen zuging. Aber peinlich wurde jegliches
Durchsickern einer Nachricht nach außen verhindert.
Und sie mußte auch an das Tiefsee-Monster denken, das von
zahlreichen Augenzeugen beschrieben worden war. Konnte es sein,
daß dieses »Fischgesichtige Ungeheuer« etwas mit der
Situation zu tun hatte?
Während ihr tausend Gedanken durch den Kopf gingen, lief sie
zur Reling und starrte auf das nächtliche Meer, auf dessen
Oberfläche unzählige Sterne glitzerten.
Waren alle Passagiere Besatzungsmitglieder und schließlich
auch noch Rani Mahay von dem Ungeheuer in die Tiefe geholt
worden?
Wenn das so war, dann…
Sie hatte plötzlich das Gefühl, als würde jemand
einen Eisklumpen ihren Rücken hinabgleiten lassen.
Im Wasser vor ihr spiegelte sich etwas, das eigentlich nicht hier
sein konnte, nicht hier sein durfte.
Eine große, silbern schimmernde Kugel schien aus der Tiefe
zu kommen. Dieses Gebilde war – Arsons Zeitkugel!
*
Sie kam nicht aus der Tiefe – sie schwebte über ihr in
der Luft, wie ein Flugobjekt einer fremden Rasse von den Sternen.
Carminia hielt den Atem an, drehte sich langsam um, stand mit dem
Rücken zur Reling und beobachtete die Landung der.
Zeitkugel.
Das Objekt, mit dem der Mann mit der Silberhaut durch Raum und
Zeit reisen konnte, setzte sanft jenseits des großen
Schwimmbeckens auf, das von unten her beleuchtet war und aussah wie
ein grün funkelndes, quadratisches magisches Augen…
Lautlos bildete sich eine Öffnung in dem Flugkörper.
Sanftes, rötlich gefärbtes Licht schimmerte im Innern der
Kugel.
Silhouettengleich tauchte eine Gestalt in dem Korridor auf, der
zum Mittelpunkt führte.
Arson, der Mann mit der Silberhaut…
Carminia stieß sich von der Reling ab und ging dem Freund
aus der Zukunft entgegen.
Sie vermutete richtig, daß Arson sie gesehen haben
mußte.
»Wie aber kommst du ausgerechnet hierher?« fragte die
Brasilianerin ihn.
Arson lächelte verschmitzt, während er den Arm um ihre
Schultern legte. »Komm mit, ich muß dir etwas zeigen…
es ist allerdings nicht sehr angenehm«, fügte er hinzu.
Dann erst beantwortete er ihre Frage. »Ich bin schon so lange
mit euch zusammen, daß ich eine bestimmte Art des Denkens und
Fühlens angenommen habe. Als ich erkannte, daß unser
Freund Rani auf eigene Faust einen Vorstoß unternommen hatte,
lag es nahe, seinen Weg nachzuvollziehen.«
»Aber woher wußtest du…«
»… daß Rani dieses Schiff aufgesucht
hatte?«
»Ja.«
»Richard Patrick hat es mir verraten.«
Carminia seufzte. »Er hat mir kein Wort davon gesagt, als ich
mit ihm die Sache besprochen habe…«
»Konnte er auch nicht… zu diesem Zeitpunkt war ich noch
gar nicht bei ihm.«
Carminia folgte Arson ins
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