Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden
Die ›flüsternden
Pyramiden‹ sind die Behausung der Geister des Bösen, der
Dämonen, unter deren Willen auch ich einst geriet. Mit dem
Schwert des Toten Gottes kannst du ihnen wirksam zuleibe
rücken…«
Das erste Problem tat sich auf.
Das Schwert war nach wie vor verschwunden.
Aber wirksam hatten sich auch die Manja-Augen erwiesen, von denen
er jedoch nur noch vier statt sieben besaß.
»Der Standort der einen ›flüsternden Pyramide‹
ist das Gebiet zwischen Drogheda, dem ehemaligen Doichead Atha und An
Uaimh. Am Oberlauf des Flüßchens Boyen gibt es eine alte
Ruine. Er war seit jeher ein verrufener Ort, an dem sich anfangs
Dämonen sammelten, um Rha-Ta-N’my anzubeten, später
dann Druidenpriester ihre Rituale feierten. Menschen haben diesen Ort
gemieden, weil sie fürchteten, daß dort Geister und die
ruhelosen Seelen der Toten umgehen würden.«
Der Geist Rha-Ta-N’mys in den Pyramiden ist nach wie vor
wirksam, bringt Angst, Grauen, Wahnsinn und den Tod… oder das
Dasein als Schwarzer Priester.
Gerade an der Schaffung neuer Anhänger, die den Schwarzen
Priestern meiner Zeit gleichen, ist Rha-Ta-N’my nun erst recht
interessiert, nachdem es dir gelungen ist, diese Sippe praktisch
auszurotten. Du hast die wichtigsten vernichtet. Aber es gibt
genügend Nachfolger, sei dir deiner Sache nicht zu
sicher…
Die ›flüsternden Pyramiden‹ werden in bestimmten
Nächten sichtbar. Begib dich in einer Vollmondnacht an den
fraglichen Ort – und du wirst sie sehen! Zwei Stunden lang wird
sie dann zu sehen, zu spüren und zu hören sein… Wer
ihrem Lockruf widersteht, braucht nichts zu befürchten. Wer dem
Bösen dient, wird in solchen Nächten verschwinden, um als
anderer oder um niemals wiederzukehren…
Dir bleibt es nicht erspart, ebenfalls die ›flüsternde
Pyramide‹ zu betreten. Du wirst nichts anderes mitnehmen
können als deinen klaren Verstand und ein mutiges Herz… es
ist unmöglich, dort mit dem Schwert hineinzugehen oder der
Dämonenmaske. Du würdest das Chaos anrichten. Damit ist dir
nicht gedient. Innerhalb der Pyramide wirst du einen Hinweis auf die
zweite ›flüsternde Pyramide‹ finden, die es in dieser
Welt gibt, und die überall dort auftaucht, wo Menschen sich
für Rha-Ta-N’my entscheiden… Die erste aber ist wie
eine feste Station, verankert an einem Ort, der seit jeher den
Geistern und Dämonen gehörte.
Du hast zwei Stunden Zeit, um herauszufinden, wo die andere
Pyramide sich befindet. In dieser Zeit werden die unheimlichen
Mächte im Inneren der Pyramide alles daransetzen, dich zu
verführen, zu bedrohen, zu vernichten… wenn du die Pyramide
betrittst, mußt du in Kauf nehmen, als Wahnsinniger daraus
wieder hervorzugehen…
Ich wünsche dir alles Glück für diese Aufgabe. Im
Geist bin ich bei dir…
Wie ein schweres Gewicht ließ Björn Hellmark das Papier
sinken. Er war im Innersten aufgewühlt. Die markanten Linien
seines männlich herben Gesichts traten schärfer hervor.
Dann gab er sich einen Ruck und erhob sich.
Seine Entscheidung war gefallen.
Nach der Bestattung Ak Nafuurs morgen, wollte er gleich
aufbrechen, um die erste ›flüsternde Pyramide‹
ausfindig zu machen.
Über die Einzelheiten, die Ak Nafuur ihm mitgeteilt hatte,
wollte er mit den anderen jetzt gleich sprechen…
*
Es regnete noch immer. Die Atmosphäre war so düster, als
wäre bereits Abend.
Philip Millan wußte nicht, wie lange er gesessen und nach
außen gestarrt hatte, ehe er sich entschloß, den Wagen zu
verlassen.
Der Mann achtete nicht darauf, daß er naß wurde. Im
Laufschritt eilte er am Haus vorbei, den abschüssigen Rasen
hinunter und auf das groteske Gebilde zu.
»Komm, wir haben auf dich gewartet…«
Die ganze Luft war erfüllt von dem geheimnisvollen,
zwingenden Wispern, das ihn verwirrte und in Bann schlug.
Die Pyramide war mindestens zwanzig bis dreißig Meter hoch
und hatte einen Durchmesser von fünfzehn.
Aus der Nähe wirkte das totenblasse Menschengesicht im
schwarzen Stein wie eine Maske.
Über das Antlitz huschte der Anflug eines Schattens und die
großen, schwarzen, pupillenlosen Augen beobachteten jede seiner
Bewegungen.
Das Gesicht lebte?!
Jetzt verzogen sich die Lippen.
»Du läßt lange auf dich warten…«, kam es
aus dem Mund des Menschengesichts. Die Stimme klang dumpf, als
würde sie durch einen hohlen Knochen gesprochen.
»Fürchtest du dich vor dem Opfer?«
Was sollte das nun wieder bedeuten?
Furcht? Nein, die hatte er nicht. Schon
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