Macabros 094: Todesruf der schwarzen Hexe
Cent in der
Tasche. Ich bin nicht wild aufs Geld, damit Sie mich nicht falsch
verstehen«, sagte er schnell und hob abwehrend beide Hände,
»aber manchmal ist es unerläßlich. Wenn man kurz
hintereinander drei Schlittenhunde verliert, ist das wohl ein
bißchen viel. Und ohne die Burschen komme ich nicht weiter.
Einer ist mir an Altersschwäche eingegangen, der zweite in eine
Wolfsfalle gelaufen, den dritten hat ’ne Infektionskrankheit
hingerafft. Ging ganz schnell. Ich hab’ ihm den
Gnadenschuß gegeben, konnte ihn nicht leiden
sehen…«
Er war in Fahrt. Aber er kam jetzt vom eigentlichen Thema ab. Als
er von den Schlittenhunden sprach, da begannen seine Augen zu
leuchten. Er wußte einige faszinierende Geschichten von den
Tieren zu berichten, die sich unwahrscheinlich anhörten. Die
sechs Schlittenhunde waren sein ganzes Hab und Gut. Stolz war er auf
das Leittier. »Er ist ein Wolfsblut, aber er hat mir mal das
Leben gerettet, indem er zwei Tage und zwei Nächte lang auf mir
lag und mich mit seinem Körper wärmte«, berichtete er.
Dieser Mann, das wurde den beiden gespannt lauschenden Zuhörern
spätestens in dieser Minute klar, war alles andere als ein
Schnorrer, einer, der auf billige und schnelle Weise zu Geld kommen
wollte.
Jefferson befand sich in einer echten Notlage.
Er sagte es offen heraus, daß er Geld benötigte, um
seine Reise fortsetzen zu können. Er sei bereit, Hellmark –
gegen eine angemessenen Betrag – die Informationen zu geben, die
er brauchte.
»… ich habe den Eindruck gewonnen«, schloß
er, »daß Ihnen der Hinweis auf den derzeitigen
Aufenthaltsort des Reporters Bill Redgrave etwas wert
ist…«
Daß er Redgrave als Reporter bezeichnete, bewies, daß
er ihn wirklich kannte. Während des Gesprächs zwischen
Hellmark und dem Concierge war dieser Begriff kein einziges Mal
gefallen.
»Er ist mir viel wert. Und wenn ich Ihnen mit einem
bestimmten Betrag unter die Arme greifen kann, tu’ ich das
gern«, ließ Björn den bärtigen Abenteurer
wissen. Durch ihn hatte er erfahren, daß Jefferson in
westlicher Richtung, den Yukon entlang, weiter wollte. Etwa hundert
Meilen hinter der berühmten Stadt Dawson – nun zerfallen
und menschenleer – stand die Hütte eines Trappers und
Fallenstellers, dem er sich anschließen wollte.
»Und noch mal fünfzig Meilen von der Hütte
entfernt, etwas mehr gen Süden«, sagte Jefferson,
»gibt es eine Hütte, in der ebenfalls ein Trapper wohnt.
Ihn wollte Redgrave aufsuchen.«
Hellmark nahm soviel Geld aus der Tasche, wie er dabei hatte.
»Es ist nicht viel«, bemerkte er und wollte noch etwas
hinzufügen, als Jefferson ihm schon ins Wort fiel.
»Es ist mehr, als ich gewagt hätte zu verlangen, obwohl
Ihnen die Mitteilung über Redgraves augenblicklichen
Aufenthaltsort viel wert zu sein scheint. Ich will nicht
unverschämt sein. Ich sehe den Betrag, den Sie mir geben, als
Kredit an. Ich werde ihn bis auf den letzten Cent zurückzahlen.
Sie müssen mir versprechen, daß ich das Geld nur unter
diesen Bedingungen entgegennehme…« Der Betrag reichte aus,
um zwei Schlittenhunde zu kaufen. Damit war Ronald Jeffersons
größte Sorge beseitigt.
»Ich würde Ihnen vorschlagen mitzukommen«, sagte er
unvermittelt. »Mehr als zwei Drittel des Weges können wir
gemeinsam gehen.«
Hellmark nickte. »Einverstanden, Jefferson…«
»Ronald…« berichtigte der andere ihn und streckte
ihm die Rechte entgegen. »Hoffe, Sie haben keine schlechte
Meinung von mir, daß ich Ihnen ’ne Information nur gegen
Barzahlung angeboten habe. Wußte mir keinen Ausweg mehr. Eines
aber sollen Sie noch wissen: Ich würde Ihnen niemals den
Aufenthaltsort Redgraves nennen, wenn ich nicht das Gefühl
hätte, daß Sie ihn wirklich sprechen müssen,
daß es wichtig für Sie ist. Sie führen nichts
Schlechtes im Schild. Ihre Augen sind okay – so etwas seh’
ich auf den ersten Blick…«
Jefferson berichtete, daß er mit Redgrave viele
persönliche Gespräche geführt hätte. Der Reporter
ginge einem Gerücht nach, das sich seit Jahren hier
hartnäckig halte. Die meisten würden gar nicht gern
darüber sprechen. Meistens sei nur ganz spontan – unter
vier Augen – etwas darüber zu erfahren.
Beim Essen in dem kleinen gemütlich eingerichteten
Restaurant, in das Hellmark den abgebrannten Abenteurer einlud, kam
man sich näher. Jefferson wußte in der Tat eine ganze
Menge über Redgrave zu erzählen, der sich monatelang hier
in Eis und Schnee aufgehalten hatte, um dem
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