Macabros 094: Todesruf der schwarzen Hexe
ihnen
geschah.
Er versetzte den beiden völlig perplexen Kriegern einen
Stoß vor die Brust, daß sie zurücktaumelten, zu
Boden stürzten und sogar noch zwei ihrer Stammesbrüder
mitrissen.
Dann schleuderte er kurzerhand einen Speer mitten in den
Schädelberg, dem er am nächsten stand.
Es krachte hohl, als, die steinerne Spitze einen Totenschädel
durchbohrte und die knöcherne Schädeldecke spaltete.
Ein Kopf darunter zerbrach durch die ungeheure Wucht, mit der der
Speer auftraf. Ein Zeichen dafür, wie morsch das Skelett schon
war…
Rani Mahay bewegte sich schnell wie ein Dreschflegel. Er warf die
Eingeborenen zurück und war am Lager des fremden Seemannes, der
eine zerschlissene Hose und ein rot-weiß gestreiftes, nicht
minder zerfetztes Hemd trug.
Auf den ersten Blick konnte der Inder keine größere
äußere Verletzung feststellen. Offenbar hatte der andere
nur viel Wasser geschluckt und war durch den Kampf auf See mit den
Urgewalten der Natur geschwächt.
Die Augen glänzten fiebrig. Wahrscheinlich hatte der Fremde
Temperatur.
Mahay riß ihn empor. »Tut mir leid, Kamerad«,
sagte er auf englisch, ohne dafür einen plausiblen Grund zu
haben, »daß ich dich so hart anpacken muß. Manchmal
kommt man eben um gewisse Dinge nicht herum, wenn man sein Leben
retten will…«
»Tu’, was du für… richtig hältst«,
antwortete da der andere mit schwacher, kaum verständlicher
Stimme.
Er verstand die englische Sprache.
»… ich glaube, es ist das beste für…
mich«, fuhr er stammelnd fort. »Dich schickt… der
Himmel…« Er atmete schwach, jedes Wort strengte ihn an.
Schweiß perlte auf seiner Stirn.
Mahay rannte, den Körper des Matrosen auf den Armen. Der Mann
war nicht schwer. Aber je länger er mit dem Geschwächten
unterwegs sein mußte, desto mehr würden auch seine
Kräfte abnehmen und er das Gewicht mehr und mehr
spüren.
»Kennst du dich hier aus?« fragte Rani, während er
mit langen Schritten davoneilte in die Dunkelheit zwischen den
Felswänden, wo das gespenstisch flackernde Licht des Feuers ihn
nicht mehr erreichte.
»Nein, keine Ahnung…«
Rani jagte dem Ausgang entgegen.
Das Rumoren hinter ihm kündete an, daß sich die ersten
Wilden aus der Erstarrung lösten. Dann tönten ihre Schreie
auf, und sie begannen die Verfolgung.
Rani tauchte unter dem weitgespannten Felsentor mit den
Knochenmotiven auf.
Hell und groß stand der Mond über der Bucht.
Das silberne Licht lag voll auf ihm, und er bot sich dar wie auf
einem Tablett.
»Auch das noch«, murrte er.
Es wurde noch schlimmer.
Der Weg, den er kannte, den er gekommen war, ließ sich nicht
mehr benutzen. Er war ihm abgeschnitten. Aus den beiden vorderen
Höhlen rannten bewaffnete Eingeborene.
Es wimmelte vor ihnen von Feinden.
Da war ein Durchkommen unmöglich.
»Gib’s auf«, stieß der Mann auf seinen Armen
erregt hervor. »Laß’ mich fallen und lauf um
dein… Leben… gib’ dich nicht mit mir ab.«
»Ruhe! Entweder wir schaffen es beide – oder
keiner…«
»Du hast das Herz… eines Löwen… du
hättest zu unserer Mannschaft – gehören
sollen…«
»Dann wäre ich jetzt schon tot. Das hätte mir auch
keinen Spaß gemacht«, sagte Mahay trocken.
Die Eingeborenen kamen von links und sperrten die Bucht in dieser
Richtung ab.
Und sie kamen aus den Höhlen rechts neben dem Eingang zu dem
makabren Tempel.
Es waren mindestens siebzig oder achtzig. Alle bewaffnet.
Mahay hielt sich rechts und lief am äußersten Rand der
Bucht entlang, wo die ans Land schwappenden Wellen schon seine Schuhe
durchnäßten.
Der Seemann war barfuß, stellte er dabei beiläufig
fest.
Vor rechts, vom Mond beschienen, waren die Kanus zu sehen, die er
in der Dunkelheit nicht wahrgenommen hatte.
Er eilte auf sie zu, immer rückwärts gehend, als
müsse er seine Feinde im Auge behalten. Und genau das war
es!
Mahay konzentrierte sich auf die Gegner in der vorderen Reihe.
Der Mann auf seinen Armen wandte müde und schwerfällig,
als bereitete es ihm große Mühe, den Kopf und gab einen
leisen, überraschten Aufschrei von sich.
»Die Kerle… spinnen. Was machen sie denn…
jetzt?« fragte er kaum hörbar. »Die Speere… sie
richten die Speere gegen sich selbst?«
»So sieht es aus«, grinste Mahay, der gespannte
Aufmerksamkeit war.
Er war der Faktor, der diese komische Situation für die
Eingeborenen auslöste. Doch das wußte der Fremde
nicht.
Rani Mahay hatte in der ungesicherten Manege wilde Raubkatzen mit
seinem bloßen
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