Macabros 101: Sturz in das Chaos
anderen in dieser Zeit
deren ›Jetzt‹ bedeutete.
Rätselhafte Berichte aus anderen Jahrhunderten zeigten,
daß schon immer seltsame Objekte am Himmel und in der Luft
gesehen worden waren. Nicht in allen Fällen handelte es sich um
Luftspiegelungen, Halluzinationen, Nordlichter oder natürliche,
unerklärbare Naturereignisse… Was oft als ›flache
Scheibe‹ (und später dann als sogenanntes ›Ufo‹)
oder als kugelförmiges Gebilde aus dem Nichts materialisierte,
waren Besucher aus der Zukunft gewesen. Männer und Frauen aus
Arsons Zeit…, auch Menschen, aber andere, die Ur-Ur-Ur-Enkel
derer, die im zwanzigsten Jahrhundert lebten.
Seit Jahrtausenden gab es auf der Erde Besuche aus der Zukunft.
Aber es waren nicht immer die gleichen, die kamen. Arson hatte zu
verstehen gegeben, daß offenbar auch andere, weniger freundlich
Gesinnte die Erde und die Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts
aufsuchten. Woher sie kamen und was sie wollten, war noch
unbekannt.
Wie es dem Menschen geglückt war, den Raum zu erobern, hatte
er eines Tages auch die Zeit durchschaut und zu beherrschen gelernt.
Nicht in aller Perfektion, aber immerhin… er hatte die
kosmischen Zusammenhänge und die Gesetze zwischen den
Dimensionen erkannt. Die Zeit war nichts anderes als ein anderer
Raum. Man konnte sich in ihr ebenso bewegen. Hin und zurück. Es
war notwendig, die bestehende dreidimensionale Substanz
aufzulösen und einem höherdimensionierten Raum
zuzuordnen.
Geister und Dämonen bedienten sich dieser Sphären seit
eh und je. Der Mensch, als Spielball dieser diffusen Geschöpfe,
war ohne sein Wissen schon oft auch in diese Welt gezogen und
entführt worden. Aber bewußt zu lenken und für seine
Zwecke einzusetzen, hatte der Mensch erst viel später gelernt.
Mit Hilfe von Geist und Technik…
»Alle Mann an Bord?« fragte Arson scherzhaft und wandte
kurz den Kopf.
»Ja, es kann losgehen«, bestätigte Rani Mahay, der
Zweizentnermann aus Bhutan. »Erster Offizier Mahay und Mieze
Danielle de Barteaulieé haben ihre Plätze
eingenommen…«
»Na, warte«, zischte die bildhübsche Französin
und blitzte den bronzefarbenen Hünen an. »Wegen der –
Mieze sprechen wir uns später…«
»Du weißt«, entgegnete Rani, »daß ich
seit jeher ein besonderes Verhältnis zu Katzen habe… aber
jetzt müssen wir uns ganz still verhalten«, wisperte er.
»Sonst setzt uns der Fahrzeugführer vor die Tür. Wir
dürfen ihn nicht stören…«
Arson grinste still vor sich hin.
Über die eingelassenen Sichtschirme huschte ein farbiger
Schatten, dann breitete sich dort Dunkelheit aus.
»Die Einsicht, Rani, kommt ein bißchen zu
spät«, sagte der Mann mit der Silberhaut. »Die Reise
ist bereits beendet. Wir sind genau an dem Punkt angekommen, an dem
Björn und Carminia in jener Nacht vor vier Tagen in Stonehenge
eintrafen…«
*
Rani und Danielle blickten sich an. »Dann können wir uns
also losschnallen«, murmelte der Inder, löste die
imaginären Gurte und erhob sich.
Sein Blick wanderte über die Sichtschirme.
In der Dunkelheit zeigten sich darauf die Umrisse hoher, massiger
Steine. Die Menhire von Stonehenge.
Der Bewegungsablauf durch Zeit und Raum war völlig unbemerkt
von ihnen vonstatten gegangen.
Rucklos war der Übergang an einen anderen Ort und in eine
andere Zeit erfolgt.
Arson hellte die Bilder ein wenig auf. Deutlich war jetzt der
Regen zu sehen. Dicke, schwere Wolken hingen am Himmel über
Stonehenge, und die rätselhafte Anlage lag einsam und
verlassen.
Doch der erste Eindruck täuschte.
»Da ist etwas!« sagte Arson erregt. Und alle sahen es im
gleichen Augenblick.
Die Luft verdichtete sich und wurde schwärzer zwischen den
Steinen des äußeren Kreises.
Arson hatte das Zeitschiff absichtlich so weit von den Menhiren
entfernt gelandet, daß sie einen hervorragenden Blick über
die ganze Anlage hatten.
Sie standen praktisch genau der Stelle gegenüber, an der
heute abend die Begegnung mit den beiden Bobbys und Inspektor Baker
stattgefunden hatte. Heute abend? Rani verbesserte sich sofort in
Gedanken. Die Begegnung würde erst in vier Tagen stattfinden.
Dies war die Nacht, in der Björn, Carminia und drei junge
deutsche Touristen verschwanden.
Da war nicht nur etwas – da war auch jemand…
Ein Mann!
Er tauchte jenseits der Menhire auf, sie waren sein Ziel. Er hielt
eine Taschenlampe in der Hand.
Der Mann war groß und blickte sich aufmerksam um. Der
schwarze Nebel, der besonders intensiv zwischen zwei
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