Macabros 103: Nebel-Labyrinth des Tschonn
und
elementare dämonische Kräfte nicht voll wirksam
einsetzte.
Für Danielle und Jim – dafür hatte Rani gesorgt und
alles mit ihnen genau abgesprochen – bestand keine unmittelbare
Gefahr. Solange sie von Madame Fraque und ihren unsichtbaren
Hausgästen unbemerkt blieben, konnte ihnen nichts geschehen.
Rani Mahay war nicht wieder zu erkennen.
Selbst Menschen, die Tag für Tag mit ihm zusammen waren,
würden ihn nicht erkannt haben.
Der Inder trug eine schwarze Langhaarperücke, darüber
einen speckigen Schlapphut, den er tief in die Stirn gezogen hatten.
Was er sonst auf dem Leib hatte, machte den Landstreichern, den
Clochard, als der er auftreten wollte, perfekt.
Ein struppiger Bart, zu dem er sich zuletzt entschlossen hatte,
machte es ganz unmöglich, daß man in ihm den Mann
wiedererkannte, der eine Nacht zuvor in dem alten Hotel ein
unheimliches Erlebnis gehabt hatte.
Jede Szene, die er dort sah, stand noch deutlich vor seinem
inneren Auge.
Die unheimlichen Gestalten aus den Zimmern…, die Macht der
Charmaine Fraque, die sich Rha-Ta-N’my und Molochos
zugehörig betrachtete. Sie liebte es, sich der Elemente zu
bedienen. Sie konnte Schnee und Eis entstehen lassen,
Feuersbrünste und Hitzewellen entfachen, im Innern ihres Hauses
die Weite einer schneebedeckten Arktis ebenso hervorrufen wie die
Trockenheit und Gluthitze einer Wüstenlandschaft…
Sie konnte Macabros in der Kälte erstarren oder in der Hitze
vertrocknen lassen.
Das Hotel war eine Todesfalle.
Und das Geheimnis dieser Todesfalle wollte er ergründen, denn
es hatte mit Molochos zu tun. Molochos war ihr Erzfeind und momentan
die Hauptfigur in einem undurchsichtigen Dämonenspiel, das
Carminia Brado und Björn Hellmark an den Rand der Vernichtung
gebracht hatte.
Molochos hatte das Leben der Freunde in der Hand. Wenn er sich
dazu entschied, den hauchdünnen Faden zu kappen, an dem
Carminias und Björns Existenz noch hing, dann gab es für
sie keine Rückkehr mehr.
Von hier aus wollte Mahay mit seinen Helfern neue Wege und
Möglichkeiten ergründen, um so sicher und so schnell wie
möglich über das wahre Schicksal und eventuelle
Rettungsversuche der im Ewigkeits-Gefängnis ausharrenden Freunde
zu erfahren…
Der Inder lief nach vorn gebeugt und schien Schwierigkeiten zu
haben mit jedem weiteren Schritt, den er ging.
Doch genau das Gegenteil war der Fall.
Rani war frisch und ausgeruht, und seine Sinne waren aufs
äußerte gespannt.
Nichts entging ihm.
Auch die Krähen nicht, von denen immer wieder welche in
seiner Nähe auftauchten, die am Wegrand hockten oder die Felder
nach Beute absuchten.
Einige sahen ihn mit dunklen, glitzernden Augen an.
Schon am Morgen war ihm aufgefallen, daß es in dieser Gegend
sehr viele Krähen gab. Es hing mit den fruchtbaren Feldern
dieser Landschaft zusammen, sagte er sich. Daß es auch einen
anderen Grund haben könnte, daran dachte er nicht…
Mahay sah den Hügel vor sich, auf dem die Akazien standen,
hinter denen das Hotel und die Nebengebäude einschließlich
Wohnhaus der Madame Fraque lagen.
Ein steiler, mit Treppen versehener Pfad, führte hinauf.
Rani Mahay wischte sich über die Stirn, fuhr durch sein
verfilztes Haar und setzte dann seinen Weg fort. Er fand seinen
Aufzug und sein Verhalten selbst lächerlich, doch er wußte
auch, daß er nur so und nicht anders eine Chance hatte, etwas
zu erfahren, was lebenswichtig war für Menschen, die er
liebte.
So kam der Inder schließlich droben auf dem Hügel
an.
Alles war unverändert.
Das Anwesen lag so ruhig wie beim ersten Mal. Nur, daß er es
jetzt in vollem Tageslicht erlebte…
Langsam und müde kam er beim Hotel an, klopfte an das
Hauptportal und wollte es öffnen.
Ein Hotel, das bewirtschaftet wurde, hatte offene Türen.
Dieses Gebäude hatte sie nicht…
Fast war Rani Mahay darauf vorbereitet gewesen. Doch er
mußte den Ahnungslosen spielen, für den Fall, daß er
beobachtet wurde.
Verwirrt blickte er sich um, schlurfte dann gemächlich
über den freien Platz bis zum Wohnhaus und betätigte dort
die Klingel.
Er wußte, daß hinter dem Hotel ein weiterer Eingang
lag. Durch ihn war er letzte Nacht gekommen. Ebenso wie die junge
Claudia Sevoir, die ein Opfer der vampirischen Madame Fraque geworden
war. Es juckte ihn in den Fingern, um das Gebäude herumzugehen.
Aber er unterließ es. Damit hätte er sich verdächtig
gemacht.
Das Klingeln im Haus verhallte.
Hier oben herrschte eine weltabgeschiedene Ruhe. Die Leute, die in
der
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