Macabros 104: Höllenspuk
Die ›tanzenden Nebel‹ über den
Bergen im Westen – sind ein Beweis dafür, daß es die
Zauberinnen gibt und wir ihre Existenz berücksichtigen
müssen. Aber…«, er winkte ab, und ein breites Lachen
zog über sein Gesicht, »darüber brauchen wir uns wohl
keine Sorgen zu machen…«
»Und was macht dich so sorglos?«
»Ganz einfach – deine Gegenwart! Was kann groß
passieren, wenn du uns begleitest? Einem Gott kann doch nichts und
niemand gefährlich werden…«
*
Macabros wußte es besser und hätte Bolonophom
aufklären können.
Doch er unterließ es. In der momentanen Situation konnte er
es sich nicht erlauben, sein eigenes Image zu demontieren.
Er durfte keine Furcht, keine Mutlosigkeit, keine Feigheit zeigen.
Sein konsequentes Vorgehen und die Tatsache, daß seine
Begleiter ihr ganzes Vertrauen in ihn setzten, wirkte sich auch auf
deren Psyche vorteilhaft aus.
Sie beobachteten den Nebel jenseits der hintersten Bergkette noch
eine Zeitlang. Die gewaltigen Schleier blieben jenseits der Kuppen
wie ein Meer aus farbiger Watte liegen. Die Nebelzone schien ihnen
nun nahe zu sein.
Macabros nahm sich vor, die Rast auf dem Plateau so kurz wie
möglich zu machen.
Aus frischen Quellen wurde von den schlanken Mädchen Wasser
herbeigebracht. Bolonophom brauchte nicht erst einen See aufzusuchen,
um seine Fangkünste zu beweisen. Heute gab es mal keinen Fisch,
sondern Vogelfleisch. Zwei Kriegerinnen schossen zwei Tiere, rupften
und zerlegten sie und brieten das Fleisch dann am offenen Feuer.
Harry Carson und Bolonophom lief das Wasser schon im Mund
zusammen, als der Geruch des saftigen Bratens durch die Luft zog.
Als das Fleisch gar war, wurde Macabros in Ehrerbietung das erste
und beste Stück gereicht. Er nahm es an, obwohl er – da
sein Körper durch Nahrung nicht energetisch aufgeladen werden
konnte – nicht den Hunger der anderen teilte.
Er sah sich in der näheren Umgebung um und versuchte den
günstigsten Pfad ausfindig zu machen, während seine
Begleitmannschaft auf dem Plateau hockte und sich stärkte.
Bolonophom genoß dabei sein Dasein in vollen Zügen. Er
aß ausgiebig, trank ausreichend und schäkerte mit zwei
besonders hübschen Loark-Mädchen, deren silberhelles Lachen
über das Plateau hallte.
Macabros fand einen Abstieg, der ihm besonders leicht erschien,
markierte die Stelle und wollte zum Lagerplatz zurückkehren, als
Harry Carson auftauchte.
Er wischte sich noch den Mund ab, und man sah ihm an, daß
das von den Loark-Mädchen zubereitete Mahl ihm geschmeckt
hatte.
»Nun, Harry«, lachte Macabros, »genug
gestärkt, um die weiteren Strapazen auf sich zu
nehmen?«
»Es sind keine Strapazen«, antwortete Carson in breitem
Amerikanisch. »In deiner Begleitung wird alles
leicht…«
»Nun fängst du auch schon damit an…«
»Ehre, wem Ehre gebührt, Namenloser…«
»Wenn es noch aus Bolonophoms Mund kommt, verstehe ich es
noch«, entgegnete Macabros ernst. »In seine Welt passen
Götter. Aber nicht in die, ’ aus der du kommst
– und in die du vielleicht wieder zurückkehren wirst,
Harry.«
»Schon diese Worte zeigen, daß ich dich mit anderen
Maßstäben messen muß«, murmelte Carson
nachdenklich.
Macabros hatte ihm gesagt, daß er ihn Björn nennen
sollte.
Warum ausgerechnet Björn? hatte Carson verwundert
gefragt.
Weil der Name mir gefällt, hatte er sich sagen lassen
müssen.
Seit den Ereignissen im Land Krosh, einer Dimension im Innern
eines riesigen, steinernen Götzenstandbildes, war ihm klar
geworden, daß dieser Mann etwas Besonderes sein mußte.
Doch Harry Carson, den ein grausames Schicksal in die Vergangenheit
versetzt hatte, konnte den Mann, der ihm das Leben gerettet hatte,
nicht mit normalen Augen sehen. Ein Mensch, der durch nichts
verletzbar war – war eben nicht ›normal‹…
Eines Tages, so hatte Macabros ihm prophezeit, würde er alles
verstehen. Gemeinsam – so hatte er versprochen –
würden sie möglicherweise noch das Geheimnis der
Männer in Schwarz lüften. Diese seltsamen Gestalten, mit
denen Björn Hellmark und Rani Mahay schon in der Gegenwart der
Erde gefährliche Zusammenstöße hatten, spielten eine
große, undurchsichtige Rolle im Weltgeschehen. Sie verfolgten
dabei ganz eigene Ziele. Daß dabei Menschen Opfer wurden,
störte sie wenig…
»Warum hast du dich von den anderen entfernt, Harry?«
fragte Macabros, der sich denken konnte, daß Harry Carson einen
Grund dafür hatte.
»Es geht um die Geschichte mit den drei
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