Macabros 116: Die Droge der Götter
Polizei.«
»Polizei?« Die Überraschung in der Stimme war nicht
zu überhören.
»Wir haben einen Anruf erhalten, wonach sich auf Ihrem
Grundstück – eine Leiche befinden soll. Wir müssen
nachsehen…«
»Eine Leiche? Auf meinem Grundstück? Wie soll die denn
dorthin kommen?«
»Das, Mister Myers, wissen wir auch nicht.«
»Einen Moment…« Myers’ Stimme klang nun sehr
wach.
Über dem Lautsprecher funkelte ein daumennagelgroßes,
in die Wand eingelassenes Objektiv einer Fernsehkamera.
Myers konnte auf einem Monitor in der Diele die beiden
uniformierten Gestalten sehen. Aber das schien ihm noch nicht zu
genügen.
»Kann ich bitte Ihre Ausweise sehen, meine Herren. –
Einer genügt mir.«
Laumer nahm seinen Paß aus der Brieftasche und hielt ihn vor
das Fernauge.
»Okay. Sie müssen verstehen, daß auch ich
vorsichtig sein muß. In einer Zeit wie der heutigen, in der
soviel passiert… Gehen Sie den Hauptweg entlang. Ich werde Sie
am Haus erwarten.«
Der elektrische Türsummer ging, die linke Torhälfte
ließ sich öffnen.
Der Weg zum Haus war frei.
Laumers und Franklins Schritte knirschten auf dem Boden.
Die beiden Polizisten gingen zum Haus. Die Fassade war hell
erleuchtet, auf der Türschwelle stand ein Mann im seidenen
Hausmantel.
Ronald Myers!
»Wo soll die Leiche liegen?« fragte er die
Ankömmlinge. »Wer hat Sie informiert? Das Ganze ist doch
ein Witz.«
»Das alles wissen wir noch nicht. Dürfen wir uns mal
umsehen?« fragte Laumer.
»Natürlich.«
Laumer und Franklin betrachteten die Gegend, und Ronald Myers
begleitete die beiden durch den ganzen Park. Sämtliche Laternen
waren eingeschaltet.
»Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, daß Sie Ihre Zeit
vergeuden«, schüttelte Ronald Myers den Kopf. »Hier
gibt’s keine Leiche… wüßte auch gar nicht, wo
die herkommen soll. Ich hab’ ein Transportunternehmen – und
kein Bestattungsinstitut…« Er grinste über seinen
eigenen Witz. Die beiden Beamten verzogen keine Miene.
Laumer und Franklin erfüllten ihren Auftrag, konnten sich
davon überzeugen, daß es keine Leiche auf dem Anwesen gab,
und leiteten dies dann über Funk gleich an ihr Revier
weiter.
Ronald Myers blickte dem davonfahrenden Polizeiauto nach.
Um die Lippen des dunkelhaarigen Mannes zuckte es
verächtlich.
»Narren«, zischte er wie eine Schlange. »Ihr seid
alle Narren und werdet euch noch wundern…«
Er fühlte, wie Böses in ihm zu wachsen begann, wie seine
Begierde zunahm, Macht zu besitzen – und sie auch zu zeigen.
Er war äußerlich ein anderer, und er wurde es immer
mehr auch innerlich.
Etwas Dämonisches, Ungeheuerliches nahm Gestalt in ihm
an.
Er wußte nicht genau, was es war, konnte es nicht
bezeichnen, noch nicht… aber bald würde er es wissen. Er
wartete darauf.
*
Carminia!
Sein erster Gedanke galt ihr.
Er durfte sie nicht verlieren, sie durfte jetzt, nachdem es ihm
gelungen war, sie aus Molochos’ Klauen zu befreien, nicht durch
dieses Ereignis für immer von ihm gehen.
Er kämpfte sofort gegen das Eintauchen und mußte an die
Ausführungen des Toten-Fährmann denken, der ihnen von den
besonderen Kräften dieses Wassers berichtet hatte.
Carminia wurde nicht wach! Selbst der Sturz in das Wasser war
nicht in der Lage, sie aus ihrem bleiernen Schlaf zu wecken.
Dies war kein normaler Schlaf!
Während er sich an die Oberfläche kämpfte, wurde
ihm dies mit aller Deutlichkeit bewußt, und seine Ängste
nahmen zu.
Er tauchte auf; zuerst drückte er Carminias Kopf über
die Wasseroberfläche und arbeitete mit den Beinen, um sich oben
zu halten. Seine Linke umklammerte das »Schwert des Toten
Gottes«. Auch in dieser extremen Situation zeigte die Waffe
wieder ihre magische Herkunft.
Sie bestand aus einem besonderen Metall.
Jedes andere Metall war schwer und hätte ihn in die Tiefe
gezogen. Das »Schwert des Toten Gottes« aber richtete sich
nicht gegen sein eigenes Leben.
Auch hier funktionierte jene geheimnisvolle, positive Kraft, die
in dem Schwert steckte, das nur Dämonen töten konnte und
Gegner aus Fleisch und Blut lediglich kampfunfähig machte, damit
sie ihn in Frieden ließen.
Aber da war etwas anderes.
Ein seltsamer Sog, eine bleierne Schwere, die zunahm und nach ihm
griff wie mit Händen, um ihn erneut in die Tiefe zu ziehen.
Die unsichtbare Kraft, die in diesem Wasser steckte und auf jede
organische Substanz ansprach!
Eine lebensfeindliche Kraft…
Das Floß!
Der seltsame Unfall mit dem Schatten war provoziert
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