Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt
von Händen und Armen zu sehen
gewesen sein. Die Polizei, die den Fall aufgenommen hat, spricht von
einer Art ›Massensuggestion‹, die offensichtlich von dem
alten Mann ausgelöst wurde, der einigen Hokuspokus
trieb.«
»Welchen Hokuspokus, und wie hieß der Mann?«
»Diese Einzelheiten, Björn, kenne ich leider auch noch
nicht. Ich war, als ich den Bericht erhielt, nicht ganz sicher, ob
wirklich etwas Ernsthaftes dahintersteckte. Deshalb hatte ich es
nicht eilig. Aber wenn du hier auch die Hände eines
Schattenwesens gesehen hast, dann steht die ganze Geschichte
unerwartet in einem anderen Licht. Ich hatte einen Mitarbeiter
gebeten, Kontakt mit den Zeugen aufzunehmen. Ein Name und eine
Adresse sind mir bekannt.«
»Wer ist das, Rich?«
»Ein gewisser Peter Tail. Ein stellungsloser Schauspieler,
der in Greenwich Village, dem Künstlerviertel, zu Hause
ist.«
»Er hat alles genau beobachtet?«
»Soviel mir bekannt ist, ja. Der alte Mann ist praktisch in
seinen Armen zusammengebrochen.«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Man hat ihn ins Krankenhaus eingeliefert.«
»Laß’ deine Verbindungen spielen, Rich«,
sagte Hellmark nachdenklich, »versuch so schnell wie
möglich alles über die Leute herauszufinden, die mit dem
Vorfall zu tun hatten.«
»Wie gesagt: dieser Peter Tail wäre eine
Adresse…«
»Die andere wäre vorerst das
Spezialitäten-Restaurant ›Akropolis‹… Ich
möchte gern das Mädchen kennenlernen, das fast erwürgt
worden ist… und diesen Tail, um mehr über den alten Mann zu
erfahren.«
»Das ›Akropolis‹ ist noch geöffnet, und Tail
ist sicher keiner von denen, die früh ins Bett gehen. Wenn wir
ihm einen Drink und ein Essen spendieren, wird er uns sicher alles
erzählen.«
»Dann nenn’ mir den genauen Ort, und ich…«
»Nicht auf deine Weise, Björn. Ich möchte ganz gern
dabei sein, wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann.«
»Das ist der Fall, Rich.«
»Okay, dann komm’ mit. Mein Wagen steht nur ein paar
Schritte von hier entfernt. Es ist bestimmt schon eine Zeitlang her,
seit du auf diese ungewöhnliche Weise gereist bist,
wie?«
»Oh ja, das kann man wohl sagen… Wenn man sich an das
Überwinden von tausenden Kilometern mit Gedankenkraft
gewöhnt hat, Rich, wird es schwer, mit dem Bummelzug zu
fahren.«
»Ein Cadillac ist kein Bummelzug… Es ist ein sehr
bequemes Fahrzeug. Da vorn steht er.«
Der chromblitzende, weißlackierte Wagen mit den roten Sitzen
stand auf einem Parkstreifen unweit einer Straßenlaterne.
»Du warst doch, ehe das mit deiner Gedankenreiserei anfing,
ein ganz passabler Autofahrer, nicht wahr?« schmunzelte Richard
Patrick, der die Schwache seines Freundes für große und
schnelle Autos kannte. Ein großes Auto war ein Luxus, den auch
er sich bei seinen vielen Reisen kreuz und quer durch den
amerikanischen Kontinent gönnte. »Hier, dann reit’ das
Pferdchen mal…« Mit diesen Worten druckte er dem Herrn von
Marlos die Wagenschlüssel in die Hand.
Björn schloß auf, ließ sich auf den weichen
Velourssitz fallen und geriet einen Moment ins Träumen, als er
das Lenkrad umfaßte. Dann startete er, ließ den
großen Wagen weich und sanft zurückrollen und fädelte
sich in den fließenden Verkehr auf dem Broadway ein.
Die Fahrt führte sie weg vom nördlichen Teil Manhattans
hinunter in den südlichen Abschnitt.
Unwillkürlich wurde Hellmark schneller, als die schnurgerade
Straße vor ihm lag.
Auf der Höhe der 125. und 110. Straße wurde der Verkehr
dünner, und Hellmark trat das Gaspedal durch.
Die Tachonadel stieg rasch an.
»New Yorks Polizisten sind allergisch gegen
Geschwindigkeitsübertretungen«, mahnte Patrick, der sich
bequem und beruhigt in den Beifahrersitz zurücklehnte. In der
Nähe eines Mannes wie Hellmark fühlte er sich sicher. Auch
wenn er unerlaubterweise und vergnügt wie ein großer Junge
kurzfristig das Fahrzeug zu schnell fuhr.
Aber schon ging er wieder mit der Geschwindigkeit herunter und
richtete sich nach der Vorschrift.
Noch mehr als fünfhundert Meter trennten ihn auf der
Höhe der 110. von einem vorausfahrenden Wagen, als es
geschah.
Die Geschwindigkeit stieg wieder an.
»Nanu?« staunte Patrick. »Noch immer nicht genug?
Ist doch etwas anderes, als immer nur…«
»Ich tu’ überhaupt nichts, Rich. Ich hab’
nicht mal den Fuß auf dem Gaspedal.«
Patrick wurde blaß.
Die Geschwindigkeit stieg rasend schnell. Der Cadillac
beschleunigte so scharf, wie es normalerweise nicht der Fall sein
konnte.
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