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Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Titel: Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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trockenem Laub und Holz
ein kleines Feuer, spießte den gerupften Vogel auf ihren
Schlangenstab und grillte ihn im offenen Feuer. Noch in halbrohem
Zustand verspeiste sie ihn.
    »Was verstehst du nicht, Shawn?« fragte sie zwischen
zwei Happen.
    »Daß du dich unter diesen grauenhaften Geschöpfen,
die schlimmer als Schlangen sind, wohl fühlen kannst. Du bist
Caliko, die Zauberin, zugegeben… aber du bist eine Menschenfrau.
Du hast nichts mit ihnen gemeinsam.«
    Da lachte sie, daß sich unter seinen Federn eine
Gänsehaut bildete. »Vielleicht habe ich mehr mit ihnen
gemeinsam, als du imstande bist zu sehen«, entgegnete sie
geheimnisvoll.
    Mehr sagte sie nicht, aber die Bemerkung machte ihn
hellhörig. Und in dieser Minute entschloß er sich, auf
alles zu achten, was mit Caliko zusammenhing und noch aufmerksamer
ihre Worte, Gesten und Taten zu analysieren.
    Sie hatte ihn einmal gewarnt. »Ich will dich immer in meiner
Nähe haben, denn du bist mein Sklave«, rief er sich ihre
Worte ins Gedächtnis. »Wenn du folgsam bist, schenke ich
dir möglicherweise eines Tages sogar die Freiheit wieder, und du
kannst zu deinen Menschen zurückkehren. Tu’ alles, was ich
von dir verlange und beachte die beiden folgenden Verbote!
    Erstens: Halte dich niemals bei Vollmond in der Nähe einer
Bucht auf. Ich pflege zu dieser Stunde mein Bad zu nehmen, und
niemand hat mich je dabei beobachtet.
    Zweitens: Entferne dich immer aus meiner Nähe, wenn ich
zwischen den beiden mächtigsten Bäumen der Insel
hindurchgehe und mich dem Hügel nähere, der aussieht wie
ein Grabhügel… Sobald du das erkennst, entferne dich von
mir, ohne daß ich dich erst dazu auffordern
muß.«
    »Was geschieht, wenn ich es vergesse?« fragte sie Shawn,
der Rabe.
    »Ich würde es dir nicht empfehlen. Ich bin es gewohnt,
daß man meine Befehle grundsätzlich befolgt. Noch bist du
ein Rabe, du lebst, kannst sprechen, dich bemerkbar machen und hast
die Chance, eines Tages in die Freiheit entlassen zu werden. Wenn ich
mich über dich ärgern muß, aber ist es aus. Ich
verwandle dich in einen Stein, der alles spürt, der sieht und
denkt – und der sich doch nicht bemerkbar machen
kann…«
    »Das ist grausam.«
    »Ja, das soll es auch sein. Merk’ es dir
gut…«
    Er merkte es sich gut.
    Und an diesem Abend – waren zwei oder drei Jahre seit seiner
Ankunft auf der Insel vergangen? –, als sie den Vogel
verspeiste, nahm er sich vor, das Risiko auf sich zu nehmen.
    In Calikos Leben gab es ein Geheimnis…
    Er trug den Gedanken mit sich herum… bis zur ersten
Vollmondnacht.
    Die runde, silberne Scheibe des Mondes stand am Himmel und tauchte
die winzige, verlorene Insel in gespenstisches Licht.
    Die Schatten traten härter als sonst hervor, und die freien
Flächen zwischen den Büschen und Bäumen waren
grellweiß vom Mondlicht und sahen aus wie geschliffenes, kaltes
Gestein.
    In Vollmondnächten kamen die Bestien und Monster des Meeres
und der Insel nie aus ihren Verstecken. Das war ihm schon
aufgefallen. Die Vollmondnächte waren ihnen heilig, und sie
gehörten ganz allein Caliko, der Zauberin.
    »Ich geh’ in meine Bucht, Shawn«, sagte die
Rothaarige, ohne ihm einen Blick zuzuwerfen. »Du weißt,
was du zu tun hast.«
    Der Rabe nickte stumm, breitete die Flügel aus und entfernte
sich in entgegengesetzter Richtung.
    Er suchte seinen Schlafplatz im Baumhaus auf, in dem auch Caliko
lebte und in das sie nach ihrem Bad wieder zurückkehrte.
    Shawn war erfüllt von Unruhe und Nervosität.
    Er wußte, was er riskierte, aber er war dennoch bereit, es
zu tun.
    Er lebte als verwunschener Mensch, und das war kein Leben. In
Calikos Dasein gab es eine Schwachstelle. Die wollte er
ergründen.
    So ließ er einige Minuten verstreichen und tat so, als
verhalte er sich wie immer, und die Zauberin auf der fernen kleinen
Insel konnte ihrer Sache sicher sein, denn sie war überzeugt
davon, daß die Drohung ihre Wirkung nicht verfehlt hatte.
    Der Verwunschene glitt aus der Öffnung des Baumhauses, hielt
sich im Schatten auf und inspizierte die Umgebung, um ganz sicher zu
sein, daß die Zauberin sich nicht in der Nähe aufhielt und
ihn bespitzelte.
    Er kannte hier jeden Baum, jeden Strauch, jeden Zweig und jeden
Ast.
    Wie ein Schatten, lautlos und geschmeidig, glitt er durch die
Nacht und mied jedes unnötige Geräusch, jede Berührung
mit den Blättern. Er sprang von Ast zu Ast und vergewisserte
sich immer wieder, daß Caliko sich auch nirgendwo versteckt
hielt und ihn

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