Macabros 120: Giftstachel des Skorpion-Dämons
thailändische Reisbauer ihm
erzählt – hatte es begonnen.
Die Statue war ganz am Anfang, als seine Familie sie erstand,
vollkommen normal gewesen und unterschied sich in nichts von den
hunderttausenden von anderen Buddha-Nachbildungen, die im Umlauf
waren und täglich neu hergestellt wurden.
Aber dann – ohne erkennbaren Grund – hatte sich die
Beinstellung der Figur verändert. Auch der hämische
Gesichtsausdruck auf dem Porzellan-Antlitz war schließlich Teil
der Verwandlung geworden.
So wie sich das Aussehen verändert hatte, war nun das
unerklärliche Wachstum des Porzellans hinzugekommen.
Burasse stellte die Figur auf den Tisch zurück.
Die Veränderung der Figur und das Verschwinden der Leiche
– standen diese Dinge in irgendeinem Zusammenhang?
Er hatte schon viel Seltsames gesehen und erlebt und konnte sich
der Faszination und gefährlichen Spannung, die er beinahe
körperlich in seinem Hotelzimmer zu spüren glaubte, auch
diesmal nicht entziehen.
Dann vernahm er das Rascheln und Schaben.
Es hörte sich an, als würden in der Wand neben und vor
ihm Käfer herumkrabbeln.
Aber – das kam gar nicht aus den Wänden! Es kam –
aus der Buddha-Figur!
Chitinpanzer rieben aneinander und gegen das Innere der Figur.
Sie war hohl!
Etwas in ihr erwachte in diesem Augenblick zu gespenstischem
Leben…
*
»Bitte treten Sie näher. Madame Mizu erwartet
Sie…«
Mit diesen Worten schob der kleine Thai freundlich den Vorhang
beiseite, der den Zugang zu den Privatgemächern der Chinesin
verdeckte.
Björn Hellmark und Carminia Brado traten ein in die
persönliche Welt der Frau.
Sie waren fasziniert von der prunkvollen Einrichtung, den
kostbaren Teppichen, Vorhängen, Bildern und Lackmöbeln, die
eine eigene, unverwechselbare Atmosphäre schufen.
Die Chinesin stand mitten im Raum, deutete ein Nicken an und
lächelte freundlich.
»Ich heiße Sie willkommen«, sagte sie mit sanfter
Stimme. »Bitte, nehmen Sie Platz und fühlen Sie sich wie zu
Hause.«
Sie deutete auf die bequemen Sitzkissen, die um einen runden,
reich verzierten Tisch gruppiert waren.
Der Kellner, der sie hierher begleitet hatte, zog sich stumm
wieder zurück.
Madame Mizu sprach ein hervorragendes Englisch, kam gleich zum
Kern der Sache und wollte gern wissen, was die beiden Besucher
Besonderes von ihr gehört hätten.
Hellmark ging ebenso direkt auf ihre Frage ein.
Er sprach von den Dingen, die er über sie gehört hatte.
Das alles interessierte ihn besonders, weil er sich mit der
Erforschung außergewöhnlicher Ereignisse befaßte. Er
berichtete auch von dem Ereignis, das er und seine Begleiterin vorhin
in der Rajawong Road erlebt, hatten.
Madame Mizu schloß zitternd die Augen.
»Ja«, sagte sie dann kaum hörbar, »es war zu
erwarten. Ich habe auch den Tod dieses Mannes
vorausgesehen.«
»Konnten Sie ihn nicht vor seinem schrecklichen Schicksal
warnen?«
»Hätte er mir geglaubt?« fragte sie zurück,
statt eine Antwort zu geben. »In meinem Restaurant und meinem
Hotel gehen viele Menschen ein und aus. Die meisten bleiben anonym.
Ich kenne weder ihren Namen, noch ihre Herkunft.
Aber einige bleiben mir dennoch in unvergeßlicher
Erinnerung, weil ich an ihnen etwas bemerkt habe, was ein anderer
Mensch nicht sieht.«
»Sie fühlen, wenn jemand dem Tod nahe ist, nicht wahr?
Ob derjenige nun krank ist oder einen Unfall erlitten hat.«
»Ja, das ist richtig. Ich sehe in diesem Fall den Schatten
eines Skorpions.«
Der Begriff fiel in diesem Gespräch zwischen ihnen zum ersten
Mal. Madame Mizu spielte mit offenen Karten.
»Ich nehme an, Sie haben es gewußt, aber nicht gewagt,
es offen auszusprechen, nicht wahr?« fügte sie mit
spitzbübischem Lächeln hinzu.
Sie schenkte aus einer erwärmten Karaffe Reiswein ein, trank
mit ihnen auf ihr Wohl und erklärte sich gern bereit, weitere
Fragen zu beantworten.
»Vorausgesetzt, ich bin dazu in der Lage.«
»Wann hat diese Gabe begonnen?« wollte Björn als
nächstes wissen.
»Vor zwei oder drei Jahren.«
»War sie sofort vollentwickelt, oder hat sich diese
Fähigkeit erst nach und nach aufgebaut?«
»Es begann eigentlich mit einem Traum«, berichtete sie.
»Ich sah einen nahen Verwandten. Der Schatten eines Skorpions
traf ihn. Ich fühlte eine große Gefahr, ohne sie mir
erklären zu können. Ich suchte am nächsten Morgen
diesen Bekannten auf, von dem ich geträumt hatte. Er lag tot in
seiner Wohnung.«
»Woran war er gestorben?«
»Herzversagen stellten die Ärzte
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