Macabros 122: Doc Shadow - Geist der Schattenwelt
dem
außergewöhnlichen Fall hatte, der die Fachwelt bisher vor
ein Rätsel stellte.
»Miss Tanner hält sich auf ihrem Zimmer auf«,
teilte ihm die Angestellte in der Anmeldung freundlich mit.
»Station B 1, bitte fragen Sie dort nach Schwester Belinda…
Sie führt Sie zu Miss Tanner. Wir können uns in Anbetracht
der Besonderheit ihres Falles nicht erlauben, sie ohne Aufsicht zu
lassen. Sie wird ständig über einen Monitor beobachtet und
regelmäßig alle fünfzehn Minuten geht jemand ins
Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen…«
Patrick und Hellmark begaben sich zwei Stockwerke höher.
Dort lag die betreffende Station. Richard Patrick und Björn
Hellmark nutzten die Gelegenheit, erst einige Worte mit dem
behandelnden Arzt zu sprechen.
Patrick verschwieg nicht sein wissenschaftliches Interesse an dem
Fall. Er ließ den Mediziner wissen, daß er eine
übernatürliche Erklärung für Linda Tanners
Zustand verantwortlich mache.
Der Arzt hob kaum merklich die Brauen.
»Zwar haben wir in unserem Hause oft mit recht
ungewöhnlichen Dingen zu tun, aber wir können sie genau so
oft auch mit physiologischen und psychischen Entgleisungen
erklären.«
»Dann halten Sie nichts von der Parapsychologie?« fragte
Björn Hellmark ruhig, dem die Ereignisse von vorhin noch
deutlich an den Augen abzulesen waren.
»Mir ist dieses Gebiet zu wenig erforscht, um mir
darüber eine letzte Meinung bilden zu können.«
»Das bedeutet: Sie halten außergewöhnliche
Vorfälle ohne weiteres für möglich?«
»Die meisten lassen sich durch einen krankhaften Zustand der
betreffenden Person erklären«, wich der Doc aus.
»Sie denken an Hysterie?«
»Zum Beispiel, ja…«
»Demnach befindet sich auch Linda Tanner in einem solchen
Zustand?«
»Ja. Irgend etwas hat sie so erschreckt, ’daß sie
praktisch von einer Sekunde zur anderen gelähmt war. So etwas
kommt oft vor. Menschen verlieren auf diese Weise ihre Sprache, ihr
Augenlicht… durch einen Schock…«
»Ein Schock oder ein schockartiges Erlebnis muß dem
vorausgehen. Das streiten Sie also nicht ab?«
Der Arzt nickte. »Es ist so, wie Sie sagen.«
»Und was könnte Ihrer Meinung nach Miss Tanner in diesen
Zustand versetzt haben?« kreiste Björn mit dieser Frage das
Phänomen ein.
Achselzucken. »Da stehen wir eben alle vor einem
Rätsel.«
»Miss Tanner verlor in jener Nacht ihre Schwester… auf
ungeklärte und offenbar so schreckliche Weise, daß sie
halb den Verstand verlor.«
Kopfnicken. »So wurde es uns berichtet. Miss Tanner selbst
hat dazu bisher keine Stellung nehmen können. Ihr Geist ist
gewissermaßen – entrückt, hält sich in einer
anderen, unwirklichen Welt auf… Ich bezweifle, daß Sie mit
Ihrem Besuch einen günstigen Zeitpunkt gewählt haben, meine
Herren… Miss Tanner wird ihnen keine einzige Frage beantworten
können. Sie ist auch nicht imstande, etwas auf eine Tafel oder
ein Stück Papier zu schreiben. Sie kann nicht mal einen Finger
bewegen… Sie ist völlig gelähmt!«
Der mittelgroße Mann mit dem Lippenbärtchen wollte das
Gespräch offensichtlich nicht weiter fortsetzen. Er wandte sich
zum Gehen und gab den beiden Besuchern mit einer kaum merklichen
Handbewegung zu verstehen, ihm zu folgen.
In einem verglasten Vorbau befanden sich nebeneinander mehrere
Monitore, die das Innere von Krankenzimmern zeigten.
»Schwester Belinda«, stellte der Arzt die junge
kastanienbraune Frau vor, die die Gittertür aufschloß und
sie eintreten ließ. »Ich erlaube Ihnen, sich einen
persönlichen Eindruck von Miss Tanner zu machen… Halten Sie
sich bitte nicht unnötig lange in ihrer Nähe auf und
belästigen Sie sie nicht mit Fragen! Wir haben die Erfahrung
gemacht, daß die Kurven auf den Meßinstrumenten
stärker ausschlagen, sobald sich jemand in ihrem Zimmer
aufhält. Die Nähe anderer Menschen regt sie offensichtlich
auf.«
»Könnte das Ausschlagen der Nadeln nicht auch etwas
anderes bedeuten?« fragte Björn schnell.
»Herzschlag und Atmung beschleunigen sich… die Haut
sondert mehr Schweiß ab… ich kann daraus nichts anderes
lesen als hochgradige Aufregung und Erregung.«
»Sie registriert also die Nähe von Menschen, auch wenn
sie – bewußt – nicht darauf reagieren kann«,
meinte Hellmark. »Vielleicht möchte sie gern etwas
mitteilen und sucht auf diese Weise den Kontakt, weil es ihr anders
nicht möglich ist…«
Der Arzt wollte etwas erwidern, wurde aber daran gehindert. Vom
anderen Ende des Korridors waren schnelle Schritte und
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