Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
ihm regte sich etwas, als reagiere sein Blut auf dieses Wort und auf die gesamte Umgebung.
Wie in Trance ging er zu einem der verdeckten Bilder an der Wand. Mit einem Ruck lüpfte er das Tuch, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was er tat. Er missbrauchte das Vertrauen des Malers auf schreckliche Weise, kam sich wie ein Voyeur vor.
Das bislang verborgene Bild zeigte ebenfalls das Sternenschloss, aber in großer Vollendung gezeichnet.
Es war wie eine Fotografie, das Bild schien aus sich heraus zu leben. Hinter den zahlreichen winzigen Fenstern schienen Menschen zu laufen, sich zu bewegen …
Alexander ächzte.
Die Tür quietschte in den Angeln, als Bornier hinter ihm den Raum betrat.
»Gefällt es Ihnen?«
Wirell wirbelte herum. »Was geschieht hier?«
»Etwas sehr Bedeutsames«, erwiderte der Maler geheimnisvoll. »Geben Sie es zu, Wirell. Sie haben die Ausstrahlung der Bilder sofort gespürt.«
Ohne zu antworten, trat Alexander zu dem nächsten Bild und zog das Tuch weg. Er sah wieder das Sternenschloss, diesmal aus einer anderen Perspektive. Die Sonne versank zwischen den Zinnen, und in der Ferne peitschten angedeutet die Wellen eines aufgewühlten Meeres.
»Sie malen immer wieder das Sternenschloss.«
»Es ist das Schloss des Toten Gottes«, sagte Bornier, als ob damit alles gesagt wäre.
»Was bedeutet es?«
»Wissen Sie das nicht? Spüren Sie es nicht? Sind Sie nicht deswegen gekommen?«
»Da war ein Gefühl … mehr nicht … Eine Ahnung …«
Der Maler zog mit lässigen Bewegungen die Decken von den restlichen Bildern. Sie alle zeigten dasselbe Motiv, wie Momentaufnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. »Sie, Alexander Wirrel, sind nicht der erste, den ich gefunden habe.«
»Gefunden?«
Hinter den Augen des Malers wallte etwas, dann drangen dunstige Nebelpartikel aus ihnen hervor.
Wirell öffnete den Mund.
»Still!«, forderte Bornier scharf und verschob die Bilder.
Alexander sah willenlos zu, bis er schließlich von den Kunstwerken förmlich eingekreist war. Er bildete den Mittelpunkt, und um ihn, als seien sie ein Rahmen, standen die Abbildungen des Sternenschlosses.
Dann war es, als fege ein Sturm durch den Raum.
Zuerst war es nur ein bisschen unangenehm, ein Druck, gegen den sich Alexander leicht sträuben konnte. Doch die Intensität nahm zu, bis es einem Orkan gleichkam, der längst alle Fenster hätte bersten lassen müssen.
Aber dies geschah nicht. Ebenso wenig wie irgendetwas anderes außer Alexander selbst diesem Wind ausgesetzt zu sein schien. Er verlor den Halt unter den Füßen, fiel auf die Knie und rutschte auf das Bild zu, das vor ihm stand. Nein … es war anders – das Bild »saugte« ihn an!
Er streckte noch abwehrend die Arme aus, fühlte, dass etwas Grauenhaftes auf ihn wartete, dann hob er ab und flog auf das Bild zu. Es war plötzlich so riesig …
Alexander Wirrel, der erfolgreiche Geschäftsmann aus Frankfurt, schrumpfte und verschwand in dem Bild des Sternenschlosses.
Zurück blieb nur der Maler Michael Bornier, der seine Werke an ihre alten Stellen zurücktrug, sie abdeckte, den Pinsel ergriff und wieder zu arbeiten begann …
»Das ist unmöglich«, sagte Björn mechanisch, als könnte er Al Nafuurs Worte durch die Wiederholung zusätzlich entkräften. »Molochos und Rha-Ta-N’my sind tot. Ihr Einfluss ist erloschen …«
»Das ist nicht gesagt. Es gibt Welten, in denen andere Gesetzmäßigkeiten herrschen. Eine von ihnen ist Itaron …«
Itaron. Hellmark hatte diesen Namen noch nie gehört. »Ich muss mehr darüber wissen«, murmelte er.
»Itaron ist eine Dimension, eine fremde Welt«, erklärte Al Nafuur. »Du musst sie aufsuchen, wenn du mehr darüber erfahren willst.«
Etwas sträubte sich in Hellmark. Das ging ihm alles zu schnell. Eben hatte es noch so ausgesehen, als gäbe es nie wieder Probleme auf Marlos, und jetzt forderte Al Nafuur ihn auf, die Insel zu verlassen und sich in ein neues Abenteuer zu stürzen. »Zunächst brauche ich mehr Informationen. Was ist Itaron?«
»Das ist die falsche Frage, Björn! Es kommt darauf an, wo Itaron liegt. Es ist eine … wie soll ich sagen … besondere Dimension. Eine Welt, die niemals jemand von außerhalb betreten hat.«
»Jede Welt ist für sich genommen etwas Besonderes.«
»Da magst du Recht haben, aber wenn du an deine Abenteuer und Odysseen zurückdenkst, wirst du mir sicher zustimmen, dass es manche Fremdwelten gegeben hat, die sich in einem bestimmten Merkmal von allen anderen
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