Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
jener unscheinbare graue Lappen, den ein Nichteingeweihter für ein Scheuertuch hätte halten können, war seit Rha-Ta-N’mys Tod nicht wieder angerührt worden.
Sowohl das Schwert des Toten Gottes als auch die Dämonenmaske waren fantastische Waffen, die ihm unzählige Male das Leben gerettet hatten. Wenn er mit dem Schwert einen Dämon auch nur berührte, führte das unweigerlich zu dessen Vernichtung. Und jeder Dämon, der ihn ansah, wenn er sich die Dämonenmaske über den Kopf zog, die vor vielen Jahren aus der Haut eines abtrünnigen Dämons gefertigt worden war, verging augenblicklich.
Beide Utensilien seines Kampfes gegen die finsteren Mächte bewahrte er neben seinem Thron an der Spitze der Treppe auf. Und beide würde er mitnehmen auf seinem Weg nach Itaron.
Verabschiede dich von deinen Freunden, hatte Al Nafuur gefordert. Was sie wohl sagen würden? Wahrscheinlich wollten sie ihn begleiten. Aber er hatte das sichere Gefühl, dass dies allein seine Aufgabe war, dass es nur ihn etwas anging, was sich in dieser fremden Dimension abspielte.
Außerdem wollte er nicht alle Pferde unnötig scheu machen. Wer wusste, ob nicht alles viel harmloser war, als es zunächst den Anschein hatte. Und schließlich musste auch jemand die Vorgänge auf Marlos im Auge behalten. Keiner der Neulinge, sondern einer der »alten Bewohner«, auf deren Urteil er sich verlassen konnte. Auch Pepe, dessen jugendlicher Übermut immer noch oft mit ihm durchging, kam dafür nicht infrage.
Als erstes wollte er Carminia aufsuchen, denn sich von ihr zu verabschieden, würde am Schwersten sein. Doch jemand durchkreuzte diesen Plan. Rani Mahay, der Koloss von Bhutan, sein wohl ältester Freund, kam auf ihn zu. Danielle de Barteauliee, seine Freundin, begleitete ihn. Beide wirkten mehr als nur ein bisschen aufgeregt.
»Ich weiß, ich weiß«, wollte Björn ihnen die Luft aus den Segeln nehmen. »Ihr habt etwas Mysteriöses auf Marlos beobachtet. Verwelktes Gras? Oder sogar ein totes Tier? Ich sage euch etwas, das euch den Atem verschlagen wird. Die Skelette in der Geisterhöhle …«
»Das ist jetzt unwichtig«, sagte Rani. »Wir haben nämlich etwas viel Wichtigeres beobachtet.«
»Etwas Wichtigeres?«, erwiderte Hellmark stirnrunzelnd.
Danielle zog die Stirn in Falten. »Wie siehst du überhaupt aus?«
Rani und die Hexe warfen einen Blick auf Hellmarks Ausrüstung und schauten sich verblüfft an. Da erst wurde Björn klar, welches Bild er abgeben musste – das Schwert in der einen, die Dämonenmaske in der anderen Hand … sozusagen in voller Bewaffnung, und das, während er nichts anderes trug als eine Badehose. Er musste sich dringend Kleider anziehen.
»Euch ist also nichts Besonderes auf Marlos aufgefallen?«, hakte Björn nach.
»Auf Marlos nicht«, meinte Danielle, die Tochter des Comte de Noire. »Wir waren unterwegs, auf einer Bergtour, die Rani so mag.«
»Am liebsten gehe ich auf eigentlich unzugängliche Höhen im Himalaja«, erklärte der Inder. »Aber weil es dort doch etwas ungemütlich ist, was ich Danielle nicht zumuten will, haben wir einen Trip nach Österreich unternommen … wie hieß dieser Hügel doch gleich …«
»Der Hügel war ein Berg«, unterbrach ihn Danielle de Barteauliee.
»Egal«, meinte Rani Mahay. »Wir haben das da gefunden.« Er hielt Björn eine Zeitung hin.
Björn machte keine Anstalten, das Papier in die Hand zu nehmen. »Zum Lesen steht mir momentan überhaupt nicht der Sinn«, sagte er in ablehnendem Ton. »Wenn nicht gerade die Welt untergeht, muss ich leider sagen, dass ich etwas Wichtiges zu tun habe.« Dabei hob er demonstrativ das Schwert des Toten Gottes.
»Das hier ist auch wichtig«, versicherte Rani so eindringlich, das Hellmark nicht anders konnte, als nach der Zeitung zu greifen.
»Was habt ihr gelesen?«
»Schlag die dritte Seite auf, dann wird es dir sofort ins Auge springen.«
Björn nestelte an den großformatigen Seiten. »Das – das ist ja …«
»Das Sternenschloss des Toten Gottes«, vollendete Mahay. »Nicht das Original, aber eine Zeichnung von jemandem, der das Schloss ganz zweifellos mit eigenen Augen gesehen hat.«
»Es ist vor 20.000 Jahren mit Xantilon im Meer versunken«, gab Björn zu bedenken. »Wie könnte es irgendein zeitgenössischer Maler gesehen haben?«
»Genauso wie du zum Beispiel«, sagte Rani locker. »Womöglich ist er ebenfalls durch die Zeit gereist. Oder er hat es in einer Vision gesehen. Du weißt, dass so etwas möglich
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