Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
Sie stöhnte auf.
»Ihr könnt mir nicht schaden«, brüllte der Dämon. »Auch die ›Chronik der Totenpriester‹ werdet ihr nicht finden. Ich habe das Original längst aus dem Schloss gebracht!«
Rani sah die Not seiner Freundin, und es tat ihm im Herzen weh, aber noch konnte er ihr nicht beistehen. Zuerst musste er das Zerstörungswerk fortführen.
»Schau her!«, schrie er den Dämon an, packte das brennende Bild an dem kleinen Bereich, der noch nicht in Flammen aufgegangen war. Trotzdem leckte die Hitze schmerzhaft über seine Arme. Er nutzte das Bild wie eine Fackel und zündete weitere Gemälde an … und zerstörte auf diesem Weg die magischen Tore, die Ri-la’rh so dringend benötigte! Die Leinwand verbrannte, auf der unter der Farbe die schrecklichen magischen Worte aus der Chronik der Totenpriester geschrieben standen.
Der Gestank nach schmelzenden Ölfarben war beißend und widerwärtig.
Bornier/Bottlinger heulte vor Zorn und verstärkte den Druck auf Danielle. Sie stöhnte unter der brutalen Gewalt auf. Schon floss Blut aus ihrer Nase und dem Mundwinkel …
Rani zertrümmerte die Staffelei und entzündete die Spitze eines langen Balkens. Damit stürmte er auf den Nebeldämon los, schwang den Balken wie eine Fackel. Feuer! Davor fürchteten sich die meisten Dämonen – außerdem war Ri-la’rh auf seinen Gastkörper angewiesen. Dieser war seine Achillesferse, seine empfindliche Stelle.
Doch Ranis eigentliches Ziel war nicht der Angriff auf den Dämon – sondern die Dämonenmaske, die unbeachtet auf dem Boden lag, seit sie aus Bottlingers zerrissener Kleidung gefallen war.
»Lass Danielle los!«, schrie der Inder, stieß zu – und sprang mitten durch einige Ektoplasma-Tentakel. Um ihn wirbelte es, doch die nebligen Ausläufer wichen vor der Flamme zurück. Der Koloss von Bhutan landete krachend, streckte die Hand aus … und umfasste die Dämonenmaske!
Damit war das Ende des Dämons schon so gut wie besiegelt. Rani musste die für jede Kreatur der Finsternis todbringende Maske nur noch überstülpen …
Er zog sie über den Kopf, hörte gleichzeitig Danielle lauthals Luft einsaugen. Er wirbelte herum. Für Danielle würde er nun einen lebenden Totenschädel auf den Schultern tragen, das wusste er – doch an diesen Anblick war sie gewohnt, er würde sie nicht schockieren. Für Ri-la’rh jedoch musste jeder Blick auf Rani vernichtend sein.
Der Dämon allerdings hatte rasch erkannt, was die Stunde geschlagen hatte.
Der Inder sah gerade noch, wie Bottlinger aus dem Atelier rannte. Der Nebeldämon hatte sich blitzschnell vollständig in ihn zurückgezogen. Ri-la’rh hatte seinen Fehler bemerkt und wusste, dass seinen Gegnern die todbringende Waffe wieder in die Hände gefallen war. Er floh – und wusste wohl auch, dass er die Zerstörung der Gemälde nicht mehr aufhalten konnte.
»Ich bin in Ordnung.« Danielle hustete.
Für diesen Hinweis war Rani ihr dankbar – so konnte er dem Dämon hinterherhetzen, ohne noch Zeit zu verlieren. Ein letzter flüchtiger Blick ins Atelier, zu Danielle, die sich gerade wieder auf die Füße rappelte, zu den Flammen, die sich von den brennenden Bildern her immer weiter ausweiteten … dann war Rani draußen.
Bottlinger eilte die Treppe hinunter, hatte bereits etliche Stufen hinter sich gebracht.
Der Inder zögerte keine Sekunde, rannte dem Flüchtenden hinterher. Er erreichte gerade den ersten Treppenabsatz, als er den dünnen Ektoplasmastrang bemerkte, der sich von unten her um das Treppengeländer wickelte … und dessen Ausläufer sich in die hölzernen Stufen gebohrt hatten!
Genau unter ihm …
Dann krachte es, die Welt schien unterzugehen und Rani stand in einem Splitterhagel.
Ri-la’rh hatte alles auf eine Karte gesetzt – und gewonnen! Mit seinem Ektoplasma-Tentakel hatte er die Stufen unter Rani zertrümmert. Der Inder versuchte am Geländer Halt zu finden, doch auch dieses brach in tausend Fetzen.
Rani Mahay stürzte in die Tiefe …
»Ich danke dir«, sagte Utians befreiter Bruder Obaru in einer anderen Welt. »Was du für mich getan hast, ist unvorstellbar. Noch nie wurde jemand aus den Klauen des Leichenordens befreit.«
»Dann wurde es aber höchste Zeit«, meinte Björn Hellmark. Sie standen vor dem sprudelnden Quellhort, und Obaru bedankte sich bei weitem nicht zum ersten Mal.
Björn ging allerdings nicht aus dem Kopf, was das Skelett ihm angedroht hatte – sollte Macabros auch nur noch einen einzigen Fluchtversuch unternehmen,
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