MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
Catarina.«
Es war ihr ein Rätsel, weshalb ihre Haut beim Klang ihres Namens aus seinem Mund prickelte. Aber es ließ sich nicht leugnen, dass dem so war. Sie trat ein und fand ihn vor einem Stuhl stehend, als sei er eben gerade aufgestanden. Er wirkte steif und förmlich. Machtvoll und beherrscht.
Sie musste wieder an Simons Enthüllungen über die Frau, die er geliebt hatte, denken. Die Frau, die ihn auf die schlimmste nur vorstellbare Weise betrogen hatte. Die Kehle wurde ihr eng, als diffuse Gefühle für ihn auf sie einstürmten.
Unsicher, was sie sagen sollte, zwang sie sich, zu ihm zu gehen. »Ich ... äh ... habe dir das hier gekauft.«
Er betrachtete sie unter zusammengezogenen Brauen. »Warum?«
Das war eine gute Frage. Zu schade nur, dass ihr einfach keine gute Antwort einfiel.
Sie zuckte die Achseln. »Ich dachte, es gefällt dir vielleicht.«
Lochlan war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, als er das kleine Päckchen in Empfang nahm und auspackte. Darin war ein aus Holz geschnitzter Affe. Was für ein seltsames Geschenk. Er konnte sich nicht vorstellen, was sie sich dabei gedacht hatte. Hielt sie ihn für ein Kind? Oder, schlimmer noch, für ein Tier wie das hier, über das man sich lustig machte?
Aus Angst vor der Antwort erwiderte er ihren Blick finster. »Das ist ein Kinderspielzeug.«
»Ja«, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln, »ich dachte, du fändest es vielleicht amüsant, da du ja sonst nie spielst.«
Erleichtert, dass sie ihn nicht damit verspotten wollte, erwiderte er ihr Lächeln. »Danke, Mylady. Ich freue mich über das Geschenk und die Überlegung, die dahintersteht.«
Cat schluckte, während sie ihn beobachtete. Das Geschenk schien ihn zu beunruhigen, aber sie begriff nicht, weshalb.
Sie wollte ihn trösten und berührte ihn vorsichtig an der Hand, genoss das Gefühl der Stärke. »Du bist nicht wie dein Vater, Lochlan.«
Er versteifte sich. »Du hast es mit angehört?«
»Ja.«
Ein Muskel arbeitete in seiner Wange, plötzlich schien eine undurchdringliche Mauer zwischen ihnen errichtet.
Diese Mauer wollte sie unbedingt überwinden. »Ich beurteile dich nicht nach deiner Familie, Lochlan. Das habe ich noch nie getan.«
Sein Ärger ließ nicht nach. »Es ist doch egal, oder nicht? Wenn du mich also bitte entschuldigen willst, ich möchte gerne eine Weile allein sein.«
Cat wollte nicht gehen; sie wollte bleiben und ihn trösten, aber sie erkannte, dass er sie im Moment nicht um sich haben wollte. Er brauchte eine Pause für sich. »Ich bin in meinem Zelt, falls du dich entscheidest, doch lieber Gesellschaft zu haben.«
Lochlan nickte, dann ging sie.
Eigentlich wollte er das gar nicht. Doch zur selben Zeit wusste er, dass es nichts mehr zu sagen gab. Sie war Zeugin seiner Schande geworden - und ehrlich gesagt, er war es langsam leid, ständig mit den Taten seines Vaters konfrontiert zu werden. Er wollte einfach nur seine Ruhe haben.
Nein, das stimmte so nicht. Er wollte, dass Catarina bei ihm war.
Mit heftig klopfendem Herzen verließ er das Zelt, um ihr nachzugehen. Aber sie war nirgends zu sehen. Irgendwie war es ihr gelungen, in der Menge unterzutauchen. Teufel aber auch, die Frau bewegte sich flink.
In der Annahme, dass sie zu ihrem Zelt gelaufen war, schlug er den Weg ein. Er war beinahe angekommen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte.
Stirnrunzelnd drehte er sich um und sah den Turniermarschall mit einem Trupp Soldaten auf sich zukommen.
Wortlos bezogen die Wachen vor ihm Stellung.
Verwirrt von ihrem Treiben wandte er sich an den Anführer. »Gibt es ein Problem?«
»Ja. Ihr steht unter Arrest«, erhielt er zur Antwort. Dann griff der Mann nach Lochlans Schwert.
Sein erster Impuls war, ihn wegzustoßen, aber Lochlan konnte sich gerade noch davon abhalten, etwas zu tun, was seine Lage bloß verschlimmert hätte. Die Wachen umringten ihn. Er wollte fragen, was genau ihm vorgeworfen wurde, aber das war nicht nötig, denn er kannte die Antwort bereits.
Ob sein Vater diese Verbrechen nun wirklich begangen hatte oder nicht, er müsste wohl dafür büßen.
Cat erstarrte in ihrem Zelt, als sie einen lauten Ruf von draußen vernahm. Sie wechselte einen besorgten Blick mit Julia, ehe sie zum Eingang ging und sah, wie Lochlan verhaftet wurde.
Sie wollte schon nach draußen gehen und verlangen, dass er freigelassen wurde, aber sie wusste, wie dumm das wäre. Außerdem würde niemand auf sie hören. Sie war nur eine Frau, und da draußen
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