MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
dass es Oswald nicht kümmerte.
»Ich kann keinen Mann für die Verbrechen seines Vaters hängen.«
»Dann peitsche ihn aus.«
Reginald betrachtete Lochlan abschätzend. »Was haltet Ihr davon?«
Musste er das fragen? War der Mann irre?
»Ich lege Protest ein, nachdrücklich. Ich habe nichts getan, um so eine Bestrafung zu verdienen.«
»Nichts, was ihm nachgewiesen wurde«, warf Oswald voller Häme ein. »Aber glaubt mir, er ist schuldig - für irgendetwas. Der Apfel fällt nie weit vom Stamm.«
In dem Fall tat er das allerdings.
Lochlan hörte, wie die Tür hinter ihm geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Reginald schaute mit finster gerunzelter Stirn auf etwas über Lochlans Schulter. »Lord Stryder. Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?«
»Ich habe gehört, mein Freund sei verhaftet worden, daher kam ich, um zu sehen, weshalb.«
Lochlan drehte sich zu ihm um und erstarrte, als er merkte, dass Catarina mit ihm gekommen war. Er hasste es, dass sie hier war und das mit ansehen musste. Wenn irgendjemand sie wiedererkannte, wäre sie in noch größeren Schwierigkeiten als er jetzt.
»Das hier geht Euch nichts an«, fuhr Oswald Stryder an. »Das hier ist eine Angelegenheit zwischen uns, und als höchstrangiger Adeliger, der anwesend ist, verlange ich, dass der MacAllister zwanzig Peitschenhiebe erhält.«
Reginald stieß einen langen Seufzer aus, ehe er nickte. »Na gut. Wachen!«
Lochlan stieß ein Knurren aus, als die Wachen kamen, um ihn zu ergreifen. Er packte den Ersten, der bei ihm ankam, und stieß ihn von sich. Als er nach dem zweiten Mann griff, hörte er den leisen, aber bestimmten Ausruf: »Hört auf! Sofort!«
Niemand rührte sich.
Catarina ging langsam zu Reginald und Oswald, dann blieb sie genau vor Reginald stehen. »Ich fürchte, Ihr irrt, Mylord.«
»Inwiefern?«
Sie schlug die Kapuze ihres Umhanges zurück, sodass sie ihr schönes Gesicht sehen konnten. »Als Prinzessin von Frankreich bin ich die Adelige mit dem höchsten Rang, und ich verlange, dass Ihr ihn freilasst. Augenblicklich.«
10
Reginald und Oswald verneigten sich unverzüglich, die Wachen taten es ihnen nach.
Lochlan war zu verblüfft von ihrem Tun, um auch nur atmen zu können. Um ihn zu retten, hatte sie sich gerade selbst dazu verdammt, unter die Fuchtel ihres Vaters zurückzukehren.
Warum tat sie das?
»Erhebt Euch«, verlangte sie scharf von den Wachen. »Und nehmt ihm die Handschellen ab. Jetzt sofort.«
Lochlan hob bei ihrem hochfahrenden Ton die Brauen. Nicht, dass er ihn nicht schon zuvor gehört hatte, es überraschte ihn nur jedes Mal, wenn er an jemand anders als an ihn gerichtet war.
»Ihr habt die Prinzessin gehört«, erklärte Reginald und winkte sie zu Lochlan. »Tut, was sie sagt.«
Stryder blickte zu Catarina, als die Wachen sich beeilten, ihren Befehl auszuführen. Mit so leiser Stimme, dass nur Lochlan und Catarina ihn verstehen konnten, bemerkte er: »Es scheint, Jemand hat da vorhin vergessen, ein wesentliches Detail zu erwähnen.«
Catarina zuckte die Achseln. »Ich habe es nicht für wichtig erachtet.«
»Nun«, erwiderte er mit einem Lachen, »alle anderen scheinen das anders zu sehen.«
»Es ist nur ein kleiner Geburtsfehler, der sich meist leicht verbergen lässt. Ließe sich das nur auch hier so handhaben.«
»Prinzessin«, schaltete sich Reginald ein und stellte sich zu ihr.
»Ich lasse sogleich ein Zimmer für Euch herrichten; unterdessen sende ich eine Nachricht an Euren Vater, damit er weiß, dass Ihr wohlbehalten und in Sicherheit seid. Es ist mir eine große Ehre, dass Ihr mein unwürdiges Turnier mit Eurer Gegenwart ziert.« Cat musste sich eine sarkastische Erwiderung verkneifen. Es war nicht seine Schuld, dass sie nicht den geringsten Wunsch verspürte, wie eine königliche Hoheit behandelt zu werden, ebenso wenig wie sie wollte, dass ihr Vater ihren Aufenthaltsort erfuhr. Lord Reginald gab sich Mühe, freundlich und ehrerbietig zu sein, also würde sie sich genauso verhalten, ohne weiter auf den unangenehmen Knoten in ihrem Magen zu achten.
»Danke, Mylord. Ich schätze Eure Gastfreundschaft außerordentlich.« Am liebsten hätte sie sich selbst mit einem Stein auf den Kopf geschlagen. Sie hoffte nur, das Lächeln, das sie ihm schenkte, wirkte nicht so falsch, wie es sich anfühlte.
Lochlan kam langsam näher. Dankbarkeit leuchtete ihm aus den blassen Augen. Das allein sorgte dafür, dass es ihr auf einmal alles wert war. »Du hättest das nicht tun müssen«,
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