MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
traute, aber als die Stimmen näher kamen, erkannte sie, dass ihr keine andere Wahl blieb, als das hier zu Ende zu bringen.
Sie hörte ihren Vater brummen: »Ich schwöre, das Mädchen ist halb Hexe wie ihre Mutter. Ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand einfach in Luft auflöst.«
»Nun, Sire, der Informant hat bei allem, was ihm heilig war, beteuert, dass sie heute Nacht ein Schiff nach England besteigen will. Und das hier ist das Schiff, das sie am wahrscheinlichsten nimmt.«
»Seid Ihr sicher, dass wir Eurem Informanten trauen können?«
»Ja, Sire. Er hat selbst gehört, wie sie die Flucht geplant haben.«
»Und wer hat die Flucht geplant?«
»Stryder of Blackmoor und Simon of Anwyk.«
Ihr Vater fluchte. »Zwei Männer, die ich weder einschüchtern noch zu fassen bekommen kann. Sie saßen mir beide gegenüber, haben mir in die Augen geschaut und mir nichts davon verraten. Zur Hölle mit ihnen.«
An der Tür wurde gerüttelt, die Scharniere quietschten.
Sie ging auf, und Cat hielt die Luft an. Eine Gruppe von vier Wachen kam herein. Sie fasste Lochlans Hand fester. Das war’s. Aus und vorbei, davon war sie überzeugt. Jeden Moment würden sie nach oben sehen und sie entdecken.
Sie schloss die Augen und betete flehentlich.
Unter ihr drehten die Wachen die Fässer um, warfen die Kisten zur Seite und schauten überall nach einem Versteck.
Nur über sich nicht.
Sie konnte es selbst kaum glauben, als sie die Suche beendeten und nacheinander die Kabine verließen.
»Eure Majestät, der Raum ist leer.«
Auf dem Flur draußen fluchte ihr Vater, dann gingen sie zum nächsten Raum weiter.
Cat entfuhr ein nervöses Lachen.
Lochlan bedeutete ihr, weiter still zu sein. »Wir haben es nicht geschafft, bis sie von Bord sind und wir auf dem Meer«, flüsterte er.
Sie nickte. Er hatte ja recht, aber dennoch verspürte sie den Drang, vor Erleichterung zu schreien, dass Kestrels Trick funktioniert hatte. Oh, wenn der Mann jetzt hier wäre, sie würde ihn vor Dankbarkeit küssen.
Sie verharrten in der unbequemen Lage, bis ihre Arme und Beine taub wurden. Es war inzwischen eine Weile vergangen, seit sie die Stimme ihres Vaters gehört hatte. Trotzdem wollten sie es nicht riskieren, doch noch entdeckt zu werden.
Plötzlich fühlte sie, wie sich das Schiff in Bewegung setzte, dann ging die Kabinentür auf.
Doch es war nicht Kestrel.
Ihr Herz setzte aus, als sie den Fremden sah. Er schien ein älterer Matrose zu sein, der unübersehbar hinkte. Er kam herein und stellte ein paar Fässer und Kisten wieder auf, dann schaute er zu ihnen empor und grinste.
»Das nächste Mal, wenn ich Euch etwas sage, glaubt Ihr mir gleich, ja?«
Verblüfft über die geniale Verkleidung fragte sie: »Kestrel?«
Er blinzelte ihr zu, dann stieg er auf ein Fass, um das Netz herunterzuschneiden. »Und jetzt wisst Ihr auch, wie ich zu meinem Namen kam. Ich habe mich wie ein Vogel in den Bäumen versteckt, bis es für mich sicher war wegzufliegen.«
Sie lachte laut auf. »Für diese Eure Erfahrung sind wir aufrichtig dankbar. Vielen Dank.«
»Jederzeit wieder, Mylady.« Er half ihr herunter, dann befreite er auch Lochlan vom Netz.
»Ist der König fort?«, fragte der, während er sich vorsichtig zu Boden ließ.
Kestrel nickte. »Sie waren nicht glücklich. Mir tut der Informant leid, der ihnen unsere Pläne verraten hat. Ich bin sicher, der Mann muss für seine lose Zunge zahlen. Wäre da nicht die Tatsache, dass es unser Leben beendet hätte«, er deutete auf sich und Lochlan, »wenn wir gefasst worden wären, empfände ich fast Mitleid für ihn. So aber hoffe ich, sie schneiden ihm die Zunge heraus und hängen das Schwein.«
Cat wünschte, sie könnte gnädiger sein, aber ehrlich gesagt war sie mit ihm ganz einer Meinung. Wer auch immer es war, sie hatten ihm nichts getan, das eine solche Feindseligkeit gerechtfertigt hätte. Warum also dieser Mensch versuchen sollte, ihr Leben schlicht aus Boshaftigkeit zu ruinieren, war ihr völlig unverständlich. Ihre Mutter hatte immer gesagt, Verrat schadete vor allem dem, der ihn ausführte. Und sie hatte recht.
Daher hoffte sie wie Kestrel, dass sie den Mann hängten.
Lochlan glättete die Netze, dann erkundigte er sich bei Kestrel: »Haben Stryder und Simon es geschafft?«
»Auf ein Schiff? Nein. Aber sie sind sicher nicht weit hinter uns, und Bracken und seine Geschwister befinden sich in der Obhut von Simons Gattin. Es müsste alles reibungslos laufen.«
Catarina atmete
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