MacBest
und deutete auf den Jungen in Nanny Oggs Armen. »Es braucht ein Heim.«
Die Vitollers starrten erneut. Der Mann seufzte.
»Es ist kein Leben für ein Kind«, murmelte er. »Ständig auf Reisen.
Immer neue Orte. Kaum Zeit für die Schule. Und es heißt, die Schule sei heutzutage sehr wichtig.« Aber sein Blick klebte an dem Jungen fest.
»Warum braucht er ein Heim?« fragte Frau Vitoller.
»Weil er keins hat«, erwiderte Oma. »Zumindest keins, in dem er willkommen ist.«
Stille schloß sich an. »Und ihr …«, kam es kurz darauf von Frau Vitollers Lippen. »In welcher Beziehung steht ihr zu dem Knaben?«
»Wir sind seine Patentanten«, entgegnete Nanny Ogg sofort. Oma Wetterwachs runzelte überrascht die Stirn – so etwas wäre ihr nicht in den Sinn gekommen.
Vitoller spielte geistesabwesend mit den vor ihm liegenden Münzen. Seine Frau beugte sich vor, streckte den Arm aus und berührte seine Hand, woraufhin eine stumme Zwiesprache folgte. Oma drehte den Kopf zur Seite. Sie hatte längst gelernt, Gesichtsausdrücke zu deuten, doch manchmal verzichtete sie lieber darauf.
»Leider ist das Geld knapp …«, begann Vitoller.
»Aber nicht zu knapp«, hielt ihm seine Frau fest entgegen.
»Ja, da hast du vielleicht recht. Wir sind bestimmt in der Lage, uns um den Jungen zu kümmern.«
Oma Wetterwachs nickte, griff unter ihren Umhang, holte einen Lederbeutel hervor und öffnete ihn auf dem Tisch. Er enthielt viele Silber- und sogar mehrere Goldmünzen.
»Das sollte genügen«, verkündete sie und bemühte ihr Vokabular. »Für Windeln und dergleichen. Für Kleidung und so. Was auch immer.«
»Es ist hundertmal mehr als genug, denke ich«, sagte Vitoller überrascht. »Warum hast du nicht gleich darauf hingewiesen?«
»Wenn ich deine Bereitschaft hätte kaufen müssen – dann wärst du den Preis nicht wert gewesen.«
»Aber ihr wißt doch gar nichts von uns!« wandte Frau Vitoller ein.
»Wir kennen euch wirklich nicht, oder?« erwiderte Oma ruhig. »Natürlich wüßten wir gern, wie er zurechtkommt. Ihr könntet uns ja Briefe schicken. Wie dem auch sei: ich halte es für eine gute Idee, nicht darüber zu reden, nachdem ihr aufgebrochen seid, versteht ihr? Um des Kindes willen.«
Frau Vitoller sah die beiden Hexen an.
»Das ist noch nicht alles, oder?« fragte sie. »Es steckt mehr dahinter, stimmt’s?«
Oma zögerte und nickte dann.
»Aber es wäre besser, wenn wir nichts davon erfahren?«
Wieder ein Nicken.
Oma Wetterwachs stand auf, als mehrere Schauspieler hereinkamen und den Zauber dieses besonderen Augenblicks beendeten. Schauspieler neigen dazu, sehr raumfüllend zu wirken.
»Ich habe noch einige Dinge zu erledigen«, sagte sie. »Bitte entschuldigt mich.«
»Wie heißt der Knabe?« erkundigte sich Vitoller.
Oma Wetterwachs zögerte kaum merklich. »Tom.«
»John«, warf Nanny ein. Die beiden Hexen wechselten einen kurzen Blick. Oma gewann.
»Tom John«, sagte sie fest und rauschte nach draußen.
Dort begegnete sie der atemlosen Magrat.
»Ich habe eine Kiste gefunden«, erklärte sie. »Mit Kronen und vielen anderen Dingen drin. Ich habe sie unter die übrigen Sachen gelegt, wie du gesagt hast.«
»Gut«, brummte Oma.
»Im Vergleich zu den anderen gibt unsere Krone nicht viel her!«
»Um so besser«, nickte Oma Wetterwachs. »Hat dich jemand gesehen?«
»Nein. Alle waren zu beschäftigt, aber …« Magrat unterbrach sich und errötete.
»Heraus damit, Mädchen!«
»Kurze Zeit später kam ein Mann herein und zwickte mich in den Po.«
Magrat lief puterrot an und preßte sich die Hand auf den Mund. »Tatsächlich?« Oma Wetterwachs kniff die Augen zusammen. »Und dann?«
»Und dann, und dann …«
»Ja?«
»Er sagte, er sagte …«
»Was sagte er?«
»Er sagte: ›Hallo, Schätzchen, hast du für heute abend schon etwas vor?‹«
Oma Wetterwachs grübelte eine Zeitlang darüber nach. »Die alte Gütchen Wemper … Sie ging nicht oft aus, oder? Ich meine, die kam nicht viel herum?«
»Sie mußte auf ihr Bein Rücksicht nehmen.«
»Aber sie hat dich alles über Geburtshilfe und so gelehrt?«
»O ja, das«, erwiderte Magrat. »Damit kenne ich mich bestens aus.« »Aber …« Oma Wetterwachs zögerte und wagte sich auf unvertrautes Terrain. »Hat sie dir auch erläutert, was, äh, vorher kommt?«
»Bitte?«
»Nun, du weißt schon.« Verzweiflung schlich sich in Omas Stimme.
»Männer und so.«
Magrat erweckte den Eindruck, als sei sie der Panik nahe. »Was ist mit
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