MacBest
Gefühle entgegenzubringen – wenn er nicht ihr ständiges Brabbeln in verschiedenen Teilen des Schlosses gehört hätte.
Verence beschloß, im Tod zwei Ziele anzustreben. Erstens: Er wollte das Schloß verlassen und nach seinem Sohn suchen. Zweitens: Er ersehnte sich eine Möglichkeit, am Herzog Rache zu nehmen. Aber nicht, indem er ihn tötete, falls das überhaupt möglich war: Die Vorstellung, eine Ewigkeit in der Gesellschaft jenes kichernden Idioten zu verbringen, verlieh dem Tod völlig neues Entsetzen.
Er saß unter einem Gemälde der Königin Bemery (670-722), an deren recht strenger Wohlgestalt er vielleicht sogar Gefallen gefunden hätte – wenn er nicht zugegen gewesen wäre, als sie an diesem Morgen durch eine Mauer wanderte.
Verence vermied es, durch Wände zu gehen. Ein Mann hatte schließlich seine Würde.
Nach einer Weile spürte er einen Blick auf sich ruhen. Er drehte den Kopf.
In der nahen Tür hockte eine Katze, beobachtete ihn und blinzelte langsam. Sie war grau gefleckt und ziemlich dick …
Nein. Nicht dick, sondern groß. In ihrem Leib zeigten sich so viele Narben, daß sie wie eine pelzbesetzte Faust aussah. Die Ohren präsentierten sich als zwei durchlöcherte Stummel, und träge Bosheit glühte im einen gelben Auge. Der Schwanz zuckte einige Fragezeichen.
Greebo hatte gehört, daß sich Lady Felmet eine kleine weiße Katze hielt, und daraufhin entschied er sofort, ihr seine Aufwartung zu machen.
Verence sah nun zum erstenmal ein Tier mit soviel eingebauter Gemeinheit. Er leistete keinen Widerstand, als der Kater näher kam, wie ein Wasserfall schnurrte und versuchte, sich an seinem Bein zu reiben.
»Nun, nun«, sagte der König unbestimmt. Er bückte sich, um Greebo hinter den beiden fransigen Höckern auf dem Kopf zu kraulen. Er empfand es als Erleichterung, daß ihn nicht nur Geister sehen konnten, und er zweifelte kaum daran, daß er in Greebo einen höchst ungewöhnlichen Kater erkennen durfte. Die meisten Katzen im Schloß waren entweder verhätschelte Schoßtiere oder ängstliche Pelzbündel, die sich dauernd irgendwo verkrochen. Hinzu kamen die Stammgäste der Ställe, die für gewöhnlich den Nagetieren ähnelten, von denen sie lebten. Diese Katze war eindeutig ihr eigener Herr. Natürlich erwecken alle Katzen diesen Eindruck, aber im Gegensatz zu der geistlosen Selbstversenkung, die man bei ihnen als Hinweis auf verborgene Weisheit interpretierte, strahlte Greebo echte Intelligenz aus. Außerdem haftete ihm ein Geruch an, der Wände einstürzen lassen konnte und bei toten Füchsen zu Stirnhöhlenvereiterungen führte.
Nur ganz bestimmte Personen hielten sich derartige Katzen.
Der König ging in die Hocke und stellte fest, daß er in den Boden sank. Rasch richtete er sich wieder auf und schwebte nach oben. Wenn ein Mann versuchte, sich der ätherischen Welt anzupassen, so gab es keine Hoffnung mehr für ihn, befand Verence.
Nur nahe Verwandte und übersinnlich Begabte, hatte Tod gesagt. Es gab nicht viele entsprechende Personen im Schloß. Der Herzog fiel in die erste Kategorie, aber durch seinen unnachgiebigen Egoismus wurde er in übernatürlicher Hinsicht so nützlich wie eine Karotte. Was die anderen anging … Nur Koch und Narr schienen sich zu qualifizieren. Doch der Koch verbrachte einen großen Teil seiner Zeit damit, in der Speisekammer zu weinen, weil er nichts braten durfte, was blutiger war als eine Pastinake. Und der Narr war ein solches Nervenbündel, daß Verence die Versuche aufgegeben hatte, sich ihm mitzuteilen.
Eine Hexe. Wenn Hexen nicht übernatürlich begabt sind, dachte der untote König, dann bin ich nur eine Wolke aus unsichtbarem Nebel. Er mußte eine Hexe ins Schloß locken. Und dann …
Er hatte einen Plan. Mehr noch: Es war ein Plan. Er hatte Monate damit verbracht, ihn zu entwickeln, zu verbessern und zu verfeinern. Ansonsten konnte er ohnehin kaum etwas mit seiner Zeit anfangen. Tod hat recht, überlegte er. Geister haben nur Gedanken. Zwar hatte er sich während seines Lebens kaum Zeit für irgendwelche Gedanken genommen, aber da ihn die verschiedenen Bedürfnisse des Fleischlichen nicht mehr ablenkten, fand er nun Gelegenheit, die Freuden des Geistigen zu genießen. Bisher waren seine kompliziertesten Pläne auf Bemerkungen wie »Laßt uns ausreiten und etwas töten« beschränkt gewesen. Doch jetzt nahm ein echter Plan Gestalt an, in Form einer Katze.
»Komm, Miezekätzchen!« lockte er. Greebo bedachte ihn mit einem
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